Die Dürnauerin Ulrike Buchholz praktiziert für gewöhnlich als Ärztin in Berlin. Für Interplast Germany hat sie in diesem Jahr allerdings auch Menschen in Bolivien operiert.

Dürnau - Zwei Wochen, 150 Operationen an 150 Patienten – und das weit weg in Bolivien. So sah der Urlaub der Dürnauer Ärztin Ulrike Buchholz im Frühjahr dieses Jahres aus. 14 Tage lang war die Anästhesistin, Notfall- und Intensivmedizinerin für den Verein Interplast Germany ehrenamtlich unterwegs und half bei einem ungewöhnlichen Einsatz.

 

Denn die Organisation hat sich ein ganz besonderes Ziel gesetzt. Dabei geht es weniger um die medizinische Grundversorgung in armen Ländern, sondern eher um die chirurgische Behandlung von Menschen mit Gesichtsfehlbildungen, Verbrennungsnarben oder Tumoren am Kopf. „Der soziale Aspekt hat mich gereizt“, sagt Ulrike Buchholz. Solch eine Entstellung sei schließlich ein soziales Stigma. Mit einer Operation biete Interplast den Menschen einen Ausweg, den sie sonst nicht hätten.

Ulrike Buchholz kam eher zufällig zu diesem Auslandseinsatz: Eine Freundin aus Studientagen hatte die 39-Jährige zu Beginn des Jahres angesprochen. Ein Anästhesist, der für den Interplast-Einsatz vorgesehen war, war kurzfristig ausgefallen – und der Verein fieberhaft auf der Suche nach einem Ersatz. Buchholz sagte „Ja“ – und befand sich schließlich am 21. März im Flieger nach Südamerika.

Etwas gegen das Elend in der Welt tun – und ein wenig Abenteuerlust

Ihre Motivation? Klar: Der Wunsch, etwas gegen das Elend in der Welt zu tun. Und auch die Idee hinter Interplast hatte die Ärztin sofort angesprochen. „Ich hatte nie dran gedacht, dass es auch solche Aspekte der Medizin gibt“, sagt Ulrike Buchholz. Mit Freuden sah sie nun in Bolivien etwa die strahlenden und dankbaren Gesichter von Eltern, deren Kind nach der OP keine Gaumenspalte mehr hatte.

„Es geht auch um die psychische Gesundheit der Menschen“, betont sie. Aber, so erklärt sie ihre Motivation weiter: „Ich gebe zu, etwas Abenteuerlust, die mich in die Ferne treibt, war mit dabei“, sagt die Ärztin. Sie wollte schon länger einmal Südamerika kennen lernen – und da sie das mit einem ehrenamtlichen Einsatz kombinieren konnte: umso besser.

Dementsprechend operierte sie fleißig in Bolivien. Die erste Woche war das ehrenamtliche Team in Santa Cruz im Klinikum ProSalud im Einsatz. Das medizinische Material, die Instrumente sowie die Medikamente hatten sie aus Deutschland mitgebracht. Gemeinsam wurden Menschen mit Gesichts- und Handfehlbildungen, Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten, Tumoren der Haut und des Kopfes, Weichteilbrüchen oder Schilddrüsentumoren versorgt. In der zweiten Woche teilte sich das Team auf: Einige machten sich zu einem chirurgischen Einsatz in Tarija am Fuß der Anden auf. Ulrike Buchholz und einige andere Mediziner bildeten ein OP-Team, das Verbrennungsopfer im Rehabilitationszentrum Cerniquem operierte. Am Ende der zwei Wochen hatten die deutschen Medizinerinnen und Mediziner in Santa Cruz insgesamt 152 Patienten im Alter zwischen drei Monaten und 78 Jahren behandelt, die Kollegen in Tarija noch weitere 51 Patienten.

Erst einmal steht für Buchholz die Facharzt-Prüfung an

„Das war eine richtige Herausforderung, gerade für meine Generation, die die Apparatemedizin gelernt hat“, sagt Buchholz. Die Ärztin musste sich in Bolivien viel mehr auf ihre Sinne verlassen, viel aufmerksamer sein und auch wesentlich mehr improvisieren als in einem deutschen Operationssaal. Bolivien war nicht Ulrike Buchholz’ erster Auslandseinsatz als Ärztin. Schon während des Studiums zog es sie nach Afrika. Sie machte Station in Uganda, Kenia und auch im Kongo. Damals hatte es ihr die Tropenmedizin angetan. Später, nach dem Studium und zwischen zwei Jobs, verbrachte Buchholz für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ein halbes Jahr in Haiti. Ihre ehrenamtlichen Auslandseinsätze sieht die junge Frau schlicht als Dienst am Menschen.

Zurzeit arbeitet Buchholz in Berlin am Emil-von-Behring-Klinikum auf der Intensivstation. „Berlin ist meine zweite Heimat geworden, aber meine Wurzeln sind hier “, betont die Schwäbin. Regelmäßig, so wie jetzt über Weihnachten besucht sie ihre Eltern und ihre Schwester in Dürnau, freut sich über die Landschaft und den Blick auf die Alb.

Gerne würde sie im nächsten Jahr Interplast wieder unterstützen. Doch im Frühjahr 2020, genau dann, wenn der nächste Einsatz geplant ist, steckt sie noch mitten in ihrer Facharzt-Prüfung als Intensivmedizinerin. „Vielleicht gehe ich ja 2021 wieder hin“, sagt Ulrike Buchholz.

Nicht überall gibt es hoch entwickelte medizinische Hilfe

Den Menschen (wieder) mehr Lebensqualität geben – das sind Mission und Vision des Vereins Interplast Germany. Chirurgen helfen Menschen mit angeborenen oder erworbenen Entstellungen nach Unfällen, Verbrennungen oder Kriegen, vor allem in Gebieten, in denen es noch keine hoch entwickelte medizinische Hilfe gibt.

Die Mitglieder der Operationsteams engagieren sich unentgeltlich, meist während ihres Urlaubs. Sie sind in verschiedenen Ländern unterwegs, darunter Indien, Ruanda, Brasilien, Tansania, Malawi oder eben Bolivien.