Der Anlagenbauer Dürr aus Bietigheim-Bissingen weist ein Rekordergebnis aus. Größter Ertragsbringer ist die Tochter Homag, die Holzbearbeitungsmaschinen vor allem für die Möbelindustrie liefert.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Bietigheim-Bissingen - Der Trend in der Möbelbranche zu höherwertigen individualisierten Küchen sorgt bei der Dürr-Tochter Homag, dem Weltmarktführer bei Holzbearbeitungsmaschinen, für prall gefüllte Auftragsbücher. Die Möbelbranche habe einen hohen Investitionsbedarf, weil für Küchen nach Maß etwa sechs mal mehr Maschinen nötig seien als bei der Massenfertigung, sagt Dürr-Chef Ralf Dieter. Dieser Trend zu individuell designten Küchen sei weltweit festzustellen – selbst in den USA und China. Allein bei Homag legten die Bestellungen im letzten Jahr um gut 17 Prozent zu und lieferten mit fast 1,4 Milliarden Euro den größten Beitrag zum Auftragseingang. Im gesamten Dürr-Konzern lag der bei knapp 3,9 Milliarden Euro und damit – auf vergleichbarer Basis – rund zehn Prozent höher. „Der Kauf von Homag hat sich bewährt“, so der Dürr-Chef. Die 2014 übernommene Firma, an der Dürr in den nächsten Wochen seine Anteile von derzeit 56 auf 63 Prozent aufstockt, ist auch größter Ertragsbringer.

 

Das siebte Rekordjahr in Folge

2017 war für Dürr das siebte Rekordjahr in Folge. Profitiert hat der Lackieranlagenspezialist – das reicht von der Anlage bis zum Roboter – auch vom anziehenden Geschäft in China, wo nach dem verhaltenen Jahr 2016 die Bestellungen nun wieder um 28 Prozent auf knapp 800 Millionen Euro stiegen. Darunter auch etliche Anlagen für Elektroautos. „E-Mobilität bietet auch Chancen“, sagt Dieter. „Denn zunächst mal werden Elektroautos auch lackiert.“ Hinzu komme auch das Umbaugeschäft, weil zusätzliche Stationen nötig seien etwa in der Klebetechnik oder Fördertechnik, um E-Fahrzeuge in bestehende Produktlinien zu integrieren. In reinen E-Montagelinien seien zwar deutlich weniger Montagestunden nötig, dafür sei das Automatisierungspotenzial höher. „Wir haben viel gelernt beim Tesla“, sagt Dieter. Man diskutiere viele Ideen, es seien auch viele Newcomer im Geschäft – hauptsächlich aus Kalifornien und China. Auch Daimler-Investor Geely gehört zu den Kunden von Dürr. Auch in Vietnam ist das Unternehmen aus Bietigheim-Bissingen im Geschäft.

Massiver Preisdruck bei Lackieranlagen

Bei reinen Lackieranlagen gebe es aber einen enormen Preisdruck, weil Kunden ihre Budgets kürzten und Investitionen zu Gunsten von Digitalisierung und E-Mobilität umschichteten. Hinzu kämen verstärkt Wettbewerber aus China. Man werde keine Aufträge zu Tiefstpreisen reinnehmen, sondern Kosten reduzieren, Fertigungsstrukturen und Prozesse optimieren und Kapazitäten anpassen. In Deutschland passiere da aber nichts Nennenswertes. Dieses Programm Focus 2.0 soll das Lackieranlagengeschäft profitabler machen. Bei knapp 1,2 Milliarden Euro wies es ein operatives Ergebnis von 70 Millionen Euro aus.

Auch Zukäufe kann sich der Dürr-Chef vorstellen – eine zweite Erfolgsstory wie Homag. Das könnte beispielsweise auch ein Verpackungsmaschinenhersteller sein.

2750 Euro Bonus für die Mitarbeiter

Im vergangenen Jahr ist der Dürr-Umsatz um vier Prozent auf 3,7 Milliarden Euro gestiegen – bereinigt um den Verkauf von Dürr Ecoclean – sogar um knapp zehn Prozent. Der Gewinn nach Steuern stieg um 7,3 Prozent auf 201,5 Millionen Euro und damit auf einen Rekordwert. Vom guten Ergebnis profitieren auch die Mitarbeiter, die wieder 2750 Euro Bonus erhalten. Die Aktionäre sollen eine um zehn Cent höhere Dividende von 2,20 Euro je Aktie bekommen. Weltweit beschäftigt Dürr 14 974 Mitarbeiter (Vorjahr: 15 235), davon 7830 (8205) in Deutschland. Das sind weniger, weil sich hier der Verkauf von Ecoclean (800 Leute) niederschlägt, obwohl weltweit Mitarbeiter eingestellt wurden.

Für 2018 peilt Dürr dank gut gefüllter Auftragsbücher einen Umsatz von 3,7 bis 3,9 Milliarden Euro an. Die um Sondereffekte bereinigte Umsatzrendite (auf Basis vom Ergebnis vor Zinsen und Steuern) soll zwischen 7,4 und 7,8 Prozent liegen, nach 7,8 Prozent im Jahr 2017. Den Tarifabschluss bezeichnet Dieter als „unerwartet hoch“. Er werde Dürr etwa zehn Millionen Euro mehr kosten als erwartet. Viele der Flexibilisierungsinstrumente seien bei Dürr aber bereits umgesetzt.

Digitalisierungsstrategie

Forschung Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung hat Dürr um 10,2 Prozent auf fast 117 Millionen Euro erhöht. Hauptgrund war die Digitalisierungsstrategie – samt Adamos.

Adamos Diese Plattform für das Internet der Dinge hat Dürr im September zusammen mit Carl Zeiss, ASM, DMG Mori und der Software AG gegründet. Sie ist offen für weitere Partner – einer von ihnen ist der Maschinenbauer Engel Austria – und soll Unternehmen für die digitale Zukunft rüsten, etwa mit Apps auf Handys, um die Produktion/Wartung zu optimieren.