Am Horn von Afrika bleibt seit Monaten der Regen aus. Die Meteorologen sprechen von der schlimmsten Dürre seit mehr als 30 Jahren. Schuld ist ein Wetterphänomen vor Südamerika.

Johannesburg - Als ob Petrus die Südafrikaner auch noch verhöhnen wollte: Immer wieder ziehen in Johannesburg dunkle Regenwolken auf, nur um gleich wieder vom Wind davongetragen zu werden. Unterdessen klettern die Temperaturen auf Werte über 40 Grad Celsius, während die Erde vor Trockenheit Risse aufweist. Aus ländlichen Gebieten sind in den Zeitungen Bilder von Tierkadavern zu sehen, die in ihrer Tragik biblisch wirken. Kälber, die auf der Suche nach Wasser in einem zum Schlammbecken verkommenen Stausee stecken geblieben sind, an ihren Kadavern halten sich die Geier schadlos. Fünf der neun südafrikanischen Provinzen wurden seit mindestens sieben Monaten von keinem nennenswerten Niederschlag mehr gesegnet. Meteorologen sprechen von der schlimmsten Dürre, die das Kap der Guten Hoffnung seit mehr als 30 Jahren erlebte.

 

„Das Christkind“ schlägt wieder zu

Kein Zweifel: El Niño, das Christkind, schlägt wieder zu. Alle drei bis sieben Jahre wärmt sich vor der lateinamerikanischen Küste der Pazifik auf – ein Wetterphänomen, das wegen seiner Erscheinung zur Weihnachtszeit von Spaniern El Niño genannt wird. Dieses Christkind bewirkt fast auf der ganzen Welt Wetterkapriolen. Im südlichen Afrika bleibt dann der Regen aus, während es in Teilen Ostafrikas zu Überschwemmungen kommt. In diesem Jahr soll El Niño so stark wie kaum zuvor seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen sein, wofür auch die allgemeine Klimaerwärmung verantwortlich gemacht wird. Anschauungsmaterial für die Politiker der Welt, die beim Pariser Klimagipfel von Ende November an über eine Begrenzung der Schadstoffwerte debattieren werden.

Millionen Afrikaner werden Hunger leiden

Diese Debatte wird für unzählige Afrikaner zu spät geführt. Allein elf Millionen afrikanische Kinder müssen in den nächsten Monaten mit Hunger, Seuchen und den   nicht selten tödlichen Folgen von Unterernährung rechnen, meldet das Kinderhilfswerk Unicef: „Die Auswirkungen dieser Dürre werden vermutlich noch über  Generationen zu spüren sein.“ Am schlimmsten betroffen könnte wieder einmal das ostafrikanische Äthiopien werden, das bereits 1984 und 2011 von verheerenden Hungersnöten heimgesucht wurde. 8,2 Millionen Äthiopier werden in den nächsten Monaten mit Hunger rechnen müssen, sagt Unicef voraus. Schon heute wiesen 350 000 Kinder ernste Mangelerscheinungen auf. Aus der südsudanesischen Bürgerkriegsregion werden bereits eine Viertelmillion akut unterernährte Kinder gemeldet. Und im Norden Kenias pflanzten die Kleinbauern hastig ihren Mais an, nachdem Meteorologen ergiebige Niederschläge vorausgesagt hatten. Doch der Regen blieb in diesem Jahr aus, und ihre Pflanzen vertrockneten. Die schlimmste Verwirrung richtet „das Christkind“ gewöhnlich am Horn von Afrika an. Dort bleiben manche Regionen staubtrocken, während andere, wie derzeit Somalia, von sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen heimgesucht werden.

Auch Südafrika ist betroffen

In Südafrika verfolgte man die Katastrophenbilder aus dem Rest Afrikas bisher meist nur auf den Fernsehschirmen. Mit seinen unzähligen Staudämmen und den gigantischen Wassersystemen ging das Kap der Guten Hoffnung aus den Dürreperioden in der Regel immer glimpflich hervor. Doch das ist Vergangenheit. In der Provinz KwaZulu/Natal soll derzeit die schlimmste Trockenperiode seit Beginn der vor mehr als hundert Jahren begonnenen Wetteraufzeichnungen herrschen. 150 000 Menschen sind auf Katastrophenhilfe angewiesen, 40 000 Rinder sind bereits verendet.

Insgesamt wird der Staat, der gewöhnlich Hunderte von Tonnen Mais exportiert, in dieser Saison mehr als 600 000 Tonnen aus dem Ausland einkaufen müssen. Rinderfarmer verkleinern gegenwärtig ihre Herden, worüber sich Konsumenten nur vorübergehend freuen können. Denn der derzeitige Preisnachlass beim Rindfleisch wird bereits in wenigen Wochen von den stark ansteigenden Nahrungsmittelpreisen mehr als aufgehoben werden. Das trifft nicht nur die Konsumenten. Auch der ohnehin von wirtschaftlichem Stillstand gebeutelte Staat wird noch zusätzlich belastet werden. Experten sagen Südafrika bereits riesige Löcher im Budget voraus.

Erstmals seit Jahrzehnten bekommen auch die Städter die Krise zu spüren. In weiten Teilen Johannesburgs musste die Bevölkerung kürzlich tagelang auf Wasser verzichten, was außer auf die akute Dürre auch auf Probleme mit dem veralteten Leitungsnetz zurückgeführt wird. Die Stadtverwaltung versuchte die verwöhnten Großstädter aus Wassertanks zu versorgen. Doch bereits am ersten Tag waren drei der Versorgungsfahrzeuge gestohlen.