Südasien leidet unter der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten. Indien verbannt nun Sportler und verschickt Wasser per Zug. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein. In einer tödlichen Krise, die vorhersehbar war.

Mumbai - Das oberste Gericht in Mumbai hat durchgegriffen. Von diesem Mai an dürfen keine Kricket-Spiele der indischen Meisterschaft IPL mehr im Bundesstaat Maharashtra stattfinden, und damit auch nicht in der meistbevölkerten Stadt des Landes, Mumbai. „Millionen Menschen leiden“, erklärte einer der Richter die Entscheidung, die für das Land in etwa so gravierend ist, als würde ein deutsches Gericht Fußballspiele in Bayern verbieten. Die Begründung: Die IPL verbrauche zu viel Wasser, um den Rasen auf den Spielfeldern zu pflegen.

 

Ganz Südasien leidet zurzeit unter einer der schlimmsten Dürreperioden seit Jahrzehnten. In Thailand bezeichnete das staatliche Meteorologieinstitut die aktuelle Dürre als die schlimmste der vergangenen 20 Jahre. 350 Lastwagen sind zurzeit unterwegs, um die mehr als 4000 Dörfer mit Wasser zu versorgen, die es am schlimmsten getroffen hat. Der Landwirtschaftsminister von Vietnam nannte die Dürre eine „Jahrhundertkatastrophe“.

Doch nirgendwo sind die Maßnahmen so spektakulär wie in Indien: An diesem Montag wird der bisher größte Wasser-Zug der indischen Geschichte in der Stadt Latur erwartet. In 50 Waggons soll er 2,5 Millionen Liter transportieren. Seit Februar ist nahe Latur der größte Stausee der Region ausgetrocknet. Seit gut einer Woche rollen deshalb mit Wasser gefüllte Tankzüge mehr als 300 Kilometer durchs Land.

Wassermangel, Ernteausfälle, Selbstmorde

Für Rajendra Singh sind sowohl die Wasserzüge als auch der Umzug der IPL allerdings nur Placebo. „Die großen Städte bekommen Hilfslieferungen, die nicht reichen. Die Dörfer bekommen gar nichts“, sagt der Chef der Kampagne „Jal Jan Jodo“, die sich für die Konservierung von Wasser in Indien einsetzt.

Singh ist einer der profiliertesten Kämpfer für eine nachhaltige Wasserversorgung in Indien. Für ihn liegt das Problem nicht an zwei oder drei Jahren mit einer schwachen Regenzeit, dem Monsun. „Eigentlich haben wir genug Wasser“, sagt der Aktivist. „Es kümmert sich nur kaum jemand darum, es irgendwo zu speichern. Das ist besonders für die ländliche Bevölkerung und vor allem die Landwirte dort eine Katastrophe.“

Bereits jetzt, rund zwei Monate vor der Regenzeit, haben 10 der 29 Bundesstaaten offiziell Wassermangel angemeldet, und das durchgängig in der Mehrheit der von ihnen verwalteten Distrikte. Das bedeutet Ernteausfälle, sterbendes Vieh und große Migrationsbewegungen hin zu den Metropolen des Landes. Allein in den vergangenen Wochen meldeten indische Medien zudem wieder Dutzende Selbstmorde von Bauern, die auf die Dürre zurückzuführen seien.

Hoffen auf Regen

Die Hoffnung liegt nun auf dem Regen. Monate, bevor dieser im Juni erwartet wird, veröffentlichen indische Medien schon regelmäßig Prognosen für den Monsun - mit aktuell eher positivem Ausblick. Allerdings bezweifeln Experten, dass sich das Wasserproblem Indiens mit einer guten Regenzeit lösen lässt. „Wir brauchen längerfristige Lösungen“, sagt Philippe Dresrüsse, Projektberater für die Nichtregierungsorganisation Welthungerhilfe in Indien.

Tatsächlich ist das Problem zum Teil hausgemacht. In den vergangenen Jahrzehnten musste das Land nicht nur einen starken Anstieg der Bevölkerungszahl verkraften, sondern auch einen deutlichen Wandel in der Landwirtschaft. Die Umstellung auf Monokulturen und subventionierte Pumpentechnik hat die Bewässerung teilweise leichter gemacht, aber oft auch zuviel Grundwasser verbraucht. Der teils politisch geförderte, sehr wasserintensive Anbau von Zuckerrohr hat den Verbrauch insbesondere in Staaten wie Maharashtra steigen lassen.

„Die Gemeinden müssen das Problem lokal angehen“, sagt Wasser-Aktivist Singh. „Große Wasserprojekte der Regierung dauern zu lange und sind nicht verlässlich.“ Für ihn liegt der Weg aus der Dürre in einem Weg zurück zur alten Anbaukultur - weg von Monokulturen, hin zu lokalen Wasserspeichern an der Oberfläche. Auch Dresrüsse von der Welthungerhilfe unterstützt diesen Ansatz: „Dürren gab es in Asien schon früher. Aber seitdem sind vor allem im ländlichen Indien viele Strukturen verloren gegangen, mit denen sich die Bewohner früher abgesichert haben. Das müssen wir ändern.“