Die Gerichte in Deutschland sind derzeit noch ganz auf Seiten der Verleger. Im August setzte der Bundesgerichtshof ein Zeichen und verdonnerte die Speicherplattform Rapidshare dazu, keine illegalen Inhalte anzubieten und deren Download zuzulassen; das Unternehmen muss auch dafür sorgen, dass einmal entfernte illegale Inhalte nicht auf anderen Wegen auf seinen Servern landen. Doch das legale und das illegale Geschäft mit E-Books ist längst ein internationales, und da ist die Rechtslage verworren. Die entsprechende EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr verlangt von den Rechteinhabern, Verstöße anzuzeigen – die Anbieter der Daten sind nicht zur Prüfung verpflichtet. Weshalb der oberste französische Gerichtshof im vergangenen Jahr in einem ähnlichen Prozess ein Urteil fällte, das dem des BGH exakt entgegengesetzt ist. Mit der rechtlichen Keule wird es zumindest kurzfristig nicht gelingen, der Piraterie wirksam zu begegnen – nationale Gesetze sind in der Zeit des Internets untauglich, um internationalen Rechtsproblemen zu begegnen. So wies der Sprecher von boox.to in dem erwähnten Interview einen möglichen Weg: Wer im Internet Geschäfte machen wolle, müsse sich der Regeln des Internets bedienen. Inhalte seien dort nun einmal kostenlos, jeder Text sei verfügbar. Sein Angebot werde zum „Spotify für E-Books“ werden. Abgesehen davon, dass er E-Books weiter illegal beziehen und gegen Geld verkaufen will, ist die Idee nicht schlecht: Spotify, der aus Skandinavien stammende Download-Dienst für Musik, wurde explizit gegründet, um illegale Angebote zu bekämpfen. Es hat modellartig gezeigt, wie urheberrechtlich geschützte Inhalte im Internet angeboten und verkauft werden können. Die Nutzer zahlen eine Pauschale und haben im Gegenzug fast unbegrenzten Zugriff auf ein immenses Angebot. Die Musiker und die Musiklabels erhalten eine Gebühr.

 

Untersuchungen aus den Niederlanden und aus Norwegen haben gezeigt, dass mit der Einführung von Spotify die Zahl der illegalen Downloads dramatisch reduziert werden konnte.

Die Verlage sperren sich gegen die digitale Ausleihe

Ist das also eine Lösung für das Problem der E-Book-Piraterie? Zweifel sind angebracht, ob das in Deutschland kurzfristig funktionieren wird, und zwar nicht, weil es an Interessenten oder Angeboten mangelt: legale Verleihportale gibt es in Deutschland schon jetzt. Allerdings leiden Skoobe, Ciando, Amazon oder auch Divibib, das Angebot der öffentlichen Bibliotheken, darunter, dass viele Verlage sich grundsätzlich gegen die digitale Ausleihe sperren und die Angebote dementsprechend wenig attraktiv sind. Es wäre allerdings für die Verlage den Versuch wert, sich darauf zu besinnen, die Nachfrage der Leser zu befriedigen, denn die ist offenbar groß.

Auch das gute alte Mittel der Aufklärung könnte helfen: Kürzlich beklagten die deutschen Musikverlage, dass in katholischen Kirchengemeinden jährlich an die 700 000 Blatt mit Kirchenmusik illegal kopiert werden. Kleinere Musikverlage hätten sich aus dem Geschäft zurückgezogen. Gotteslob mit heißen Noten? Den Sängern bliebe wohl das „Halleluja“ im Halse stecken, wäre ihnen bewusst, was sie anstellen.

Die Zahl illegaler Downloads steigt drastisch

Nicht wirklich. Wirtschaftlich ist das alles recht überschaubar: Der gesamte deutsche Buchmarkt verzeichnete 2012 einen Umsatz von etwa 9,5 Milliarden Euro – zwei Drittel von Aldi Süd. Die Buchpreise hinken der Inflationsrate deutlich hinterher, seit Jahren beklagt der traditionelle Buchhandel bröckelnde Umsätze, die Großfilialisten wie Thalia und Hugendubel/Weltbild verkleinern ihre Ladenfläche, und es gibt kein Branchentreffen, bei dem nicht eine Welle des Buchhandelssterbens prognostiziert würde. E-Books, mit ihrem Marktanteil von etwa zwei Prozent, haben an der Krise des deutschen Buchhandels keinen Anteil, die Probleme verursacht vor allem der Online-Handel mit gedruckten Büchern, der sich inzwischen auf einen Marktanteil von 20 Prozent zubewegt.

Trotz des bescheidenen Anteils von E-Books haben die Piraten den Markt als lohnendes Ziel entdeckt. Von Massenware wie Krimis, Science-Fiction, Fantasy und Liebesromanen bis hin zu Sachbüchern und wissenschaftlichen Werken wird beinahe alles kopiert, was in elektronischer Form verfügbar ist. Die Geschäftsmodelle der Piraten sind unterschiedlich: Gratis-Plattformen, Billig-Downloads und Abonnements – alles ist dabei, und das schon seit Jahren. Die Angebote finden ihr Publikum: Besonders bei den Wissenschaften, wo Bücher teuer und die studentischen Budgets klein sind, ist die Zahl der illegalen Angebote und Downloads seit Anfang 2012 drastisch gestiegen. Die Verlage wehren sich mit dem untauglichsten aller Mittel, nämlich mit hartem Kopierschutz, der, wie die Musikindustrie schmerzhaft gelernt hat, legale Nutzer abschreckt, aber Piraten keinerlei Probleme bereitet.

Nationale Gesetze nützen nichts

Die Gerichte in Deutschland sind derzeit noch ganz auf Seiten der Verleger. Im August setzte der Bundesgerichtshof ein Zeichen und verdonnerte die Speicherplattform Rapidshare dazu, keine illegalen Inhalte anzubieten und deren Download zuzulassen; das Unternehmen muss auch dafür sorgen, dass einmal entfernte illegale Inhalte nicht auf anderen Wegen auf seinen Servern landen. Doch das legale und das illegale Geschäft mit E-Books ist längst ein internationales, und da ist die Rechtslage verworren. Die entsprechende EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr verlangt von den Rechteinhabern, Verstöße anzuzeigen – die Anbieter der Daten sind nicht zur Prüfung verpflichtet. Weshalb der oberste französische Gerichtshof im vergangenen Jahr in einem ähnlichen Prozess ein Urteil fällte, das dem des BGH exakt entgegengesetzt ist. Mit der rechtlichen Keule wird es zumindest kurzfristig nicht gelingen, der Piraterie wirksam zu begegnen – nationale Gesetze sind in der Zeit des Internets untauglich, um internationalen Rechtsproblemen zu begegnen. So wies der Sprecher von boox.to in dem erwähnten Interview einen möglichen Weg: Wer im Internet Geschäfte machen wolle, müsse sich der Regeln des Internets bedienen. Inhalte seien dort nun einmal kostenlos, jeder Text sei verfügbar. Sein Angebot werde zum „Spotify für E-Books“ werden. Abgesehen davon, dass er E-Books weiter illegal beziehen und gegen Geld verkaufen will, ist die Idee nicht schlecht: Spotify, der aus Skandinavien stammende Download-Dienst für Musik, wurde explizit gegründet, um illegale Angebote zu bekämpfen. Es hat modellartig gezeigt, wie urheberrechtlich geschützte Inhalte im Internet angeboten und verkauft werden können. Die Nutzer zahlen eine Pauschale und haben im Gegenzug fast unbegrenzten Zugriff auf ein immenses Angebot. Die Musiker und die Musiklabels erhalten eine Gebühr.

Untersuchungen aus den Niederlanden und aus Norwegen haben gezeigt, dass mit der Einführung von Spotify die Zahl der illegalen Downloads dramatisch reduziert werden konnte.

Die Verlage sperren sich gegen die digitale Ausleihe

Ist das also eine Lösung für das Problem der E-Book-Piraterie? Zweifel sind angebracht, ob das in Deutschland kurzfristig funktionieren wird, und zwar nicht, weil es an Interessenten oder Angeboten mangelt: legale Verleihportale gibt es in Deutschland schon jetzt. Allerdings leiden Skoobe, Ciando, Amazon oder auch Divibib, das Angebot der öffentlichen Bibliotheken, darunter, dass viele Verlage sich grundsätzlich gegen die digitale Ausleihe sperren und die Angebote dementsprechend wenig attraktiv sind. Es wäre allerdings für die Verlage den Versuch wert, sich darauf zu besinnen, die Nachfrage der Leser zu befriedigen, denn die ist offenbar groß.

Auch das gute alte Mittel der Aufklärung könnte helfen: Kürzlich beklagten die deutschen Musikverlage, dass in katholischen Kirchengemeinden jährlich an die 700 000 Blatt mit Kirchenmusik illegal kopiert werden. Kleinere Musikverlage hätten sich aus dem Geschäft zurückgezogen. Gotteslob mit heißen Noten? Den Sängern bliebe wohl das „Halleluja“ im Halse stecken, wäre ihnen bewusst, was sie anstellen.

Veranstaltung zum Thema Am Freitag um 19.30 Uhr diskutieren die Autoren Michael Kleeberg, Catalin Dorian Florescu und Jan Koneffke über die Frage, wie das Internet den Handel mit Büchern verändert. Der Abend in der Schiller-Buchhandlung am Vaihinger Markt 17 ist Teil der bundesweiten Veranstaltungstour „An einem Strang – Schriftsteller für Buchhändler“. Es moderiert die Leiterin des Stuttgarter Schriftstellerhauses, Astrid Braun.