Kurzfristig kommt nun doch ein Treffen mit der Rathausspitze zustande. Die Jevpatorier feiern die Partnerschaft mit Ludwigsburg. Aber deren Fortgang ist ungewiss.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Jevpatorija - Drei Stunden dauert das Musikprogramm, mit dem ein Tag im Wechselbad der Gefühle zu Ende geht. Im Puschkin-Theater – gegenüber dem Rathaus von Jevpatorija – überschüttet das Publikum die Musiker mit Ovationen im Stehen. Das Kammerorchester von Jevpatorija, der Mädchenchor, das Balalaikaorchester, die Stelzentänzer aus dem Ort auf der Krim – nicht zu vergessen vier Musiker aus dem Ludwigsburger Sinfonieorchester – haben zusammen einen Abend unter der Leitung des Ludwigsburger Stadtmusikdirektors Siegfried Bauer gestaltet. Es ist ein sehr ausgedehntes Geburtstagsständchen. Über der Bühne hängt eine Fahne mit dem Schriftzug „25 Jahre – Wahre Freundschaft“ in großen Lettern.

 

Es wird sich noch erweisen müssen, wie es um diese Freundschaft bestellt ist. Eine Antwort, wie sie sich unter den momentanen politischen Verhältnissen leben lässt, hat hier niemand. Im Kinderkrankenhaus, das der Freundeskreis Jevpatorija die Jahre über unterstützt hat, dankt die stellvertretende Leiterin Swetlana Dschudinova für den Besuch: „Wir sind immer bereit, die Zusammenarbeit fortzusetzen.“ Doch die Partnerschaft zu leben, heißt Austausch. Dieser ist momentan weder für die Schüler möglich, die in Jevpatorija Deutsch lernen und ihre Partnerschulen in Deutschland besuchen wollen, noch für andere. An diesem Abend aber stehen die Jevpatorier Schlange vor dem Theater, um dabei zu sein bei einem Mutmachabend mit vielen Durchhalteappellen.

Die Stimmung ist freundlich, jedoch nicht herzlich

Am Morgen hat es noch so ausgesehen, als würde wieder ein Tag ohne offizielle Kontaktaufnahme zwischen der Ludwigsburger Delegation und den Stadtoberen Jevpatorijas vergehen. Aber dann kommt doch noch plötzlich eine Einladung zum persönlichen Kennenlernen ein paar Stunden später. Im Rathaus gibt es Namensschilder für jeden, ausgeschilderte Plätze für die mitreisenden Journalisten und einen Kollegen aus Jevpatorija – und Gäste in den Besucherreihen, die am Ende klatschen. Zum ersten Mal kommt es in der Verwaltungszentrale zu einer offiziellen Begegnung zwischen Oljesa Kharitomento, der Chefin des Gemeinderats, und Andrej Filonov, dem Chef der Verwaltung, mit den Ludwigsburgern um den Freundeskreis-Vorsitzenden Ulrich Hebenstreit und den Ex-OB Hans Jochen Henke. Die Stimmung ist freundlich, wenn auch nicht herzlich. Kharitomento und Filonov sind neu im Amt seit dem Umbruch, wie man hier zum Tag des Referendums am 18. März 2014 sagt. Doch beim Konzert danach wird Henke neben Andrej Danilenko im Parkett sitzen, seinem Gegenüber des Partnerschaftsvertrags von 1990. Zumindest das ist gelungen: Der aus welchen Gründen auch immer nicht eingeladene ehemalige Bürgermeister Jevpatorijas ist auf Bestreben der Ludwigsburger beim Festakt dabei. „Wir sind stolz, dass Sie zu uns gekommen sind“, sagt Kharitomento im Rathausaal, und dass man im Moment auf der Welt versuche, die Geschichte umzuschreiben. „Wahre Freundschaft hängt nicht von der politischen Konjunktur ab“, sagt Filonov in seiner Rede, die mit der Bitte endet, vielleicht ja noch einmal abseits des Protokolls miteinander zu sprechen. Hebenstreit übermittelt hier und danach beim Konzert die Grüße des Ludwigsburger Oberbürgermeisters Werner Spec, „der sehr interessiert ist an der Fortsetzung der Städtepartnerschaft über die 25 Jahre hinaus“. Henke sagt: „Wir wären nicht gekommen, wenn wir durch unsere Anwesenheit nicht zeigen wollten, dass wir an die Partnerschaft glauben.“

Der Partnerschaftsvertrag ist unbefristet

Während der Feier im Puschkin-Theater wird Henke deutlicher, er nimmt wieder die Rolle des Politikers ein. Er lobt, schmeichelt und fordert. Er wolle nicht verschweigen, dass die europäische Ordnung durch Konflikte und nicht friedliche Auseinandersetzungen gestört und Vertrauen zerstört sei. „Im Mittelpunkt steht die Krim und auch Jevpatorija.“ Er halte es für die nächste Herausforderung, die Partnerschaft nicht im Zustand der bloßen Koexistenz zu halten.

„Die politische Situation hat es sehr erschwert, diese Partnerschaft zu leben“, sagt Hebenstreit, und dass auch wieder bessere Zeiten kämen. So lange wolle man alles tun, die Partnerschaft am Leben zu erhalten. Ist es ein Wink mit dem Zaunpfahl, wenn er daran erinnert, dass im September des kommenden Jahres in Ludwigsburg die nächste Venezianische Messe gefeiert wird? Die Giganten, die Stelzentänzer aus Jevpatorija, waren als Gäste schon einmal zu diesem Fest in Ludwigsburg.

Der Partnerschaftsvertrag vom 16. September 1990 endet übrigens mit dem Satz: „Die Vereinbarung ist unbefristet.“