StZ-Korrespondent Gerd Braune hat mitten in der kanadischen Hauptstadt Ottawa ein Haus mit Garten – und ziemlich viele tierische Mitbewohner.

Ottawa - Es ist ein lauer Sommerabend. Wir genießen unser Abendessen auf der Terrasse. Etwas Gegrilltes, ein frischer Salat, ein gut gekühlter Wein. Alles fantastisch. Bis meine Frau mir plötzlich zuflüstert: „Da sind sie.“ Langsam drehe ich mich um. Da sind „sie“ wirklich, drei an der Zahl. Wir vermeiden abrupte Bewegungen. Wir wollen die Tierchen nicht erschrecken. Nicht, weil wir sie nicht verjagen wollen. Wir wollen keine Attacke provozieren.

 

Denn die schwarzen Tierchen mit dem weißen Streifen, die da mit hoch erhobenem Schwanz zwei, drei Meter an unserer Terrasse vorbeilaufen, sind Stinktiere. Um Himmels willen, nur nicht besprüht werden. Es reicht, den Duft genießen zu dürfen, den sie bei ihrem Defilee verbreiten, selbst wenn sie ihre entsetzlich stinkende Drüsenflüssigkeit nicht versprühen. Vor einigen Tagen waren sie in der Nähe unseres Hauses angegriffen worden und hatten sich gewehrt. Obwohl es in unserer Wohnung 27 Grad heiß war, ließen wir die Fenster im Erdgeschoss geschlossen. Der Gestank war unerträglich. Die Nachbarskatze Rosie hat gehörigen Respekt vor den Stinkern. Sie war einmal besprüht worden und erst nach einem Bad in Tomatensaft und Seifenlotionen wurde sie wieder ins Haus gelassen.

Da hilft nur noch ein Anruf beim „wildlife specialist“

Wir leben mitten in Kanadas Hauptstadt Ottawa in „fußläufiger“ Entfernung zum Parlament und zur Innenstadt. Unser Garten ist klein, etwa 50 Quadratmeter. Aber alle Häuser hier haben Gärten nach hinten, so dass wir auf eine große Grünzone mit vielen Bäumen blicken. Dass Bretterzäune die Gärten separieren, ist für allerlei Viehzeug kein Hindernis.

Vor einigen Wochen wurden wir morgens durch Nagen am Dach über unserem Schlafzimmerfenster geweckt. Mehrstündige Beobachtungen ergaben, dass im Dach ein schwarzes Eichhörnchenweibchen Kleine zur Welt gebracht hatte, die es nicht schafften, die Kinderstube unter den Dachschindeln zu verlassen. Was blieb uns übrig, als einen „wildlife specialist“ zu rufen. Er fuhr die Leiter aus, schnitt mit einer Metallschere ein Loch in Dachrinne und Metallverkleidung und brachte eine Tür an, die sich nur nach außen öffnete. 48 Stunden später waren wir die Eichhörnchen und 250 Dollar Einsatzkosten los.

Das Eichhörnchen macht vielleicht einen Lärm!

Während wir die großen schwarzen und grauen Eichhörnchen nicht so gerne sehen, lieben wir das kleine rotbraune Eichhörnchen, das unseren Zaun als Rennbahn nutzt und durch den Nussbaum springt. Wir nennen es Augustin nach dem Kinderlied vom Hasen Augustin: „Seht mal wer da rennt, das ist wohl der Augustin, das Naturtalent.“ Besonders rücksichtsvoll ist Augustin aber nicht. Morgens um 6 Uhr veranstaltet er ein Gezeter und beendet unsere Nachtruhe. Können Sie sich vorstellen, von Eichhörnchengemecker geweckt zu werden? Manchmal wird der Eichhörnchenkrawall vom Gezwitscher des rot leuchtenden Kardinals begleitet.

So leben wir also in der Hauptstadt in einem kleinen Zoo. In ihren Randbezirken hat die Stadt noch einiges mehr zu bieten. In den Vororten kommt es schon einmal vor, dass sich dort ein Elch verirrt, und Schwarzbären sind in Gärten am Waldrand auch keine Seltenheit. Ehrlich, mir wär ein Schwarzbär lieber als ein Stinktier. Am liebsten aber ist mir Augustin.