Am 20. Juli beginnt der Fastenmonat Ramadan. Dann ist es erst einmal vorbei mit der Feierei. Also heiraten viele Paare im Kosovo noch vorher. Das kann in Stress ausarten, wie unser Balkan-Korrespondent Thomas Roser beobachtet hat.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Belgrad - Der saisonale Drang zum gemeinsamen Lebensglück verhilft auch den sonst so schmucklosen Herbergen im Kosovo zum sommerlichen Festtagsglanz. Weiße Girlanden und Blumengestecke zieren die Wände und Tische des Festsaals im Motel Navron an der Ausfallstraße von Prizren. Routiniert belegen fleißige Hände unzählige Vorspeisenteller, der Pianist entlockt seinem elektronischen Instrument schräge Akkorde zur Probe.

 

Bei der Frage, warum Heiratswillige denn ausgerechnet an einem Montag den Bund der Ehe suchen, blickt der Rezeptionist des tristen Hochzeitstempels mich müde an: „Montag, Dienstag oder Mittwoch: wir haben gerade Hochsaison! Jede Nacht werden hier Hochzeiten gefeiert.“

Die sommerliche Ferienzeit ist für Kosovos heimkehrende Gastarbeiter Hochzeitszeit. Nicht nur die niedrigeren Kosten für das große Fest lässt die Junggesellen lieber in der Heimat als im teuren Westeuropa zum Standesamt schreiten. Es ist auch der große Verwandtschafts- und Freundeskreis, der die Söhne und Töchter des jungen Staates bei ihren Hochzeiten in riesigen Sälen eher klotzen als kleckern lässt.

Köche, Kapellen, Geistliche – alles will früh gebucht sein

Die Hochzeitsfeiern mit mehreren Hundert Gästen seien keineswegs eine Ausnahme, erzählt mir in Prizren auf einer Bierterrasse der Lokaljournalist Reski: 10 000 Euro habe seine Schwiegertochter bei ihrer Hochzeit verjubelt. Doch nicht nur für das Brautpaar bedeutet der angeblich schönste Tag des Lebens frühen finanziellen Ehestress. Die Vielzahl der Einladungen fordert auch von den Gästen einen stattlichen Geschenkobolus. Allein in der vergangenen Woche habe er auf zwei Hochzeiten getanzt, berichtet Idro aus Peja: „Mein Hochzeitsbedarf ist für diesen Sommer gedeckt.“

Der große Andrang macht die Ressourcen knapp. Frühzeitig gilt es, für die sommerlichen Hochzeiten Köche, Kapellen, Geistliche und vor allem einen ausreichend großen Festsaal zu buchen. Zu einem zusätzlichen Reservierungsstress führt seit dem vergangenen Jahr der islamische Ramadan. Alljährlich rückt der für Familienfeiern ungeeignete Fastenmonat 15 Tage nach vorne und blockiert derzeit die Hälfte der Hochzeitssaison: Denn beim Fasten wird nicht gefeiert. In seinem Heimatdorf seien alle Hochzeitstermine für das kommende Jahr bereits ausgebucht, erzählt Reski: Selbst im Jahr 2014 seien auf den ausgehängten Hochzeitslisten im Dorf nur noch wenige Termine frei.

2015 ist Ramadan im Juni, der Sommer ist also wieder frei!

Mitternacht ist längst vorbei. Und noch immer ringeln sich im Motel Navron die Damen in ihren glänzenden Festtagsroben mit erhobenen Händen unermüdlich im Reigentanz. Das Ende der schlaflosen Nächte sei im Navron bald passé, versichert der Rezeptionist, der mittlerweile auf dem Kunstledersofa der Lobby sitzt: Vom 20. Juli bis 18. August ist in diesem Jahr der Ramadan – und verursacht eine einmonatige Unterbrechung der Hochzeitssaison.

Spätestens von 2015 an dürfte es auch für die ermatteten Feierprofis in der Partyhöhle des Navron endlich etwas Entlastung an der Hochzeitsfront geben. Dann ist der Ramadan nämlich in den Juni gewandert. Und dann können Kosovos heiratswillige Heimaturlauber im Sommer endlich wieder Hochzeitspläne schmieden.