Viele Prominente nutzen die Bühne der Fußball-WM, sich gerade jetzt in Brasilien sozial zu engagieren. Das wundert unseren Korrespondenten Wolfgang Kunath nicht. Er erzählt von einer Begegnung mit der Schauspielerin Eva Habermann.

Rio de Janeiro - Sie ist natürlich der Blickfang. So blond wie sie können auch blonde Brasilianerinnen nicht sein, und die, die sonst noch im Saal sitzen, tragen Krawatte, Kostüm oder Ordenstracht – aber sie ist in einem brasiliengrünen T-Shirt mit der Aufschrift „Fair Play“ erschienen. Und keiner auf dieser Pressekonferenz in Rio de Janeiro spricht so herzlich, so engagiert wie sie – und so zornig.

 

Die Schauspielerin Eva Habermann, 38, tummelt sich beruflich in einem Segment der Unterhaltungsindustrie, in dem normalerweise nicht groß über den Gang der Welt nachgegrübelt wird. Pumuckl und Rosamunde Pilcher, „Traumschiff“ und „Schwarzwaldklinik“, das sind ein paar Stationen der Karriere von Eva Habermann: leichte bis seichte Muse also. Und wenn man sie googelt und auf „Bilder“ klickt, dann ist der Bildschirm sofort blond und hautfarben. Wie kommt so eine dazu, sich über soziale Missstände in einem so schicken Land wie Brasilien zu empören?

Die WM als Chance, auf Missstände aufmerksam zu machen

Steilpass, so nennt sich ein Aktionsbündnis von Organisationen aus dem Spektrum der katholischen Kirche. Wie viele andere zurzeit, die es gut meinen mit der Welt und den Menschen, will Steilpass die Fußball-WM als Vehikel nutzen, um sozialen Anliegen Gehör zu verschaffen.

Zehn Forderungen sind es, die die Träger – vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat über Kolping bis zur Bischofskonferenz Brasiliens – formulieren. Menschenwürdige Arbeit, Bildung, Gerechtigkeit, Landreform, Jugendschutz, Gesundheitssystem – daran krankt es unter anderem in Brasilien. Und Steilpass setzt natürlich die Milliarden dagegen, die ungerührt für die WM verfeuert werden.

Andere Promis sagen lieber gar nichts

Habermann macht keinen Hehl daraus, dass sie kein Wort versteht von dem portugiesischen Begrüßungssatz, den sie vom Blatt abliest, und damit hat sie die Lacher auf ihrer Seite. Sie sei schockiert über die Umstände, unter denen das Fußballfest ablaufe, fährt sie auf Deutsch fort: „Ich habe das Gefühl, die WM wurde völlig am Volk vorbeientschieden!“ Die brasilianische sei „eine der teuersten Weltmeisterschaften, und dabei gibt es hier so viele Probleme, die man lösen müsste.“ In dem Youtube-Film, in dem Steilpass sich vorstellt, hat sie sich noch weiter aus dem Fenster gelehnt: „Was hier passiert, ist nicht mehr eine Demokratie, sondern eine Diktatur“, formuliert sie dort mit einem Fußball in den Händen. Dann kommt ihr vielleicht in den Sinn, dass das eventuell zu weit geht, und sie fügt dem Wort Diktatur schnell noch an „von der Elite, von denjenigen, die Geld haben“.

Mag sein, dass sie manchmal zu weit geht. Aber in der Unterhaltungsbranche gehen die meisten eher zu kurz. Was also treibt sie an? „Im April war ich mit Adveniat in Haiti“, antwortet sie im Gespräch, „das hat mein Leben verändert. Ich war so bewegt, dass ich alles in Frage gestellt habe.“ Die Not dort erwecke in ihr – die katholisch ist und katholisch erzogen wurde – „das dringende Bedürfnis, mehr zu tun“. Und was wäre das? „Ein Sozialmonat in Haiti oder Brasilien!“, sagt sie. „Das würde mich momentan mehr erfüllen als auf dem roten Teppich zu stehen.“