28 000 Fahrer haben sich bislang in Stuttgart und Region registriert. Die Betreiber sind zufrieden.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Stuttgarter Norden - Seit gut einem Jahr gehören sie zum Stadtbild: die weiß-blauen Smarts mit dem Aufdruck „Car2go“. 500 dieser elektrisch betriebenen Fahrzeuge sind in Stuttgart und seit Dezember auch in Gerlingen, Böblingen, Sindelfingen und Esslingen unterwegs. Der Pressesprecher Andreas Leo zieht nach dem ersten Jahr positive Bilanz: „Wir sind begeistert, wie stark die Autos genutzt werden. Besonders freut uns, dass uns die Kunden sehr gutes Feedback geben.“ Zwar verdiene die Tochterfirma der Daimler AG in Stuttgart noch kein Geld, aber „wir sind auf dem Weg dorthin“. In anderen Städten, wo Car2go schon länger vor Ort ist, sei das Vermieten der Wagen bereits wirtschaftlich. Ab Mitte des Jahres werde Car2go mit Flinkster, einem Carsharing-Angebot der Deutschen Bahn, kooperieren. Kunden sollen dann mit einer Anmeldung beide Flotten nutzen können.

 

Mittlerweile haben sich laut Andreas Leo 28 000 Autofahrer aus Stuttgart und der Region angemeldet. Mehr als die Hälfte von ihnen sei unter 35 Jahre alt. Die meisten Kunden nutzten einen der Smarts, um kurze Strecken von fünf bis fünfzehn Kilometern zurückzulegen; die durchschnittliche Mietdauer liege zwischen 20 und 60 Minuten.

Die gleichmäßige Verteilung regelt sich automatisch

Die gleichmäßige Verteilung der Fahrzeuge im gesamten Stadtgebiet funktioniert laut dem Car2go-Sprecher weitestgehend ohne steuernden Einfluss des Unternehmens. „Es kann sein, dass es mal zu einer Ballung in der Stuttgarter Innenstadt kommt. Aber das regelt sich meistens von selbst wieder.“ Problemlos funktioniere auch das Aufladen. Nicht zuletzt liege dies an der Regelung, dass ein Nutzer 20 Freiminuten gutgeschrieben bekommt, wenn er ein Auto an eine Stromtankstelle anschließt, bei dem die Batterie weniger als 30 Prozent anzeigt. „Das wird gerne genutzt“, sagt der Pressesprecher. Zufrieden ist er auch mit dem Zustand der Fahrzeuge: „Sie werden sorgfältig behandelt.“ Jeder Fahrer gibt vor dem Losfahren in den Bordcomputer ein, wie sauber er den Wagen vorgefunden hat. Bei Bedarf werde er zusätzlich zur routinemäßigen Reinigung gesäubert.

An den Start ging Car2go im Jahr 2008 mit einem Pilotprojekt in Ulm. Nach und nach wurde das Angebot auf 25 Städte in Europa und auch in Nordamerika ausgeweitet, rund 600 000 Autofahrer haben sich weltweit registriert. In den nächsten zwei Jahren sollen 50 bis 60 weitere Städte folgen. Die Besonderheit in Stuttgart ist, dass es die bisher einzige Stadt ist, in der die gesamte Fahrzeugflotte aus elektrisch betriebenen Autos besteht. Grundlage hierfür war, dass der Energieversorger EnBW 2012 und 2013 ein nahezu flächendeckendes Netz an Stromtankstellen in Stuttgart aufgebaut hat. Die Stadt unterstützte dies durch einen Zuschuss in Höhe von 500 000 Euro und indem sie 0,5 Quadratmeter Fläche pro Stromtankstelle zur Verfügung stellte. Bis dato sind 205 Stromtankstellen mit knapp 400 Ladepunkten errichtet worden, Zielmarke sind 223 Zapfsäulen. Im Stuttgarter Norden gibt es aktuell 37 Ladestationen mit 61 Ladepunkten. Diese stehen auch privaten Nutzern von Elektroautos zur Verfügung. Indirekt werden die Fahrer von vollelektrischen Wagen auch dadurch von der Stadt gefördert, indem für sie das Parken auf öffentlichen Parkplätzen bis Ende 2014 kostenfrei ist. Ob diese Regelung auch danach weiter besteht, werden Stadtverwaltung und Gemeinderat im Laufe des Jahres entscheiden.

Nutzer berichten von ihren Erfahrungen

Robert Thurner gehört zum Nutzerkreis der Smartflotte. Der Feuerbacher ist sonst meistens mit dem Fahrrad unterwegs, sein Auto hat er vor ein paar Jahren abgeschafft. Aber hin und wieder greift er trotzdem gerne auf ein motorisiertes Mobil zurück, zum Beispiel wenn es regnet oder Einkäufe zu schleppen sind. „Das ist eine super Sache“, bezeichnet Thurner das Angebot. Bei der ersten Fahrt habe er zwar ein paar Schwierigkeiten beim Anmelden gehabt, doch über die Servicetaste sei er sofort mit einem Mitarbeiter verbunden worden und habe Hilfe bekommen. „Es ist ein tolles Erlebnis, lautlos durch die Gegend zu schweben“, berichtet er von seinen elektrischen Fahrten. Umso vorsichtiger sollte man jedoch fahren, schließlich „muss man immer damit rechnen, dass Fußgänger einen nicht hören“. Zufrieden ist er auch mit der Verfügbarkeit der Smarts. Bisher habe er immer in der nahen Umgebung ein E-Mobil gefunden, „das war auch nicht weiter, als zur Stadtbahn zu laufen“. Den Preis halte er für angemessen, wenn man bedenke, was der Unterhalt eines Autos mit Versicherung, Steuer und so fort koste. Besonders reizvoll findet er, dass keine monatliche Grundgebühr anfällt.

Auch Axel Ueberschär mietet hin und wieder einen Smart an. „Meistens nutze ich das Angebot dann, wenn die Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln kompliziert ist“, sagt der Stammheimer. Sei man zu zweit unterwegs, sei das Anmieten eines Car2gos mitunter sogar günstiger. In der Innenstadt sei es ihm schon passiert, dass kein Fahrzeug in der Nähe verfügbar war, „aber dann habe ich eben die Bahn heim genommen“. Einziger Kritikpunkt für Ueberschär: Das Stammheimer Gewerbegebiet gehört nicht mehr zum Car2Go-Geschäftsgebiet. Dort dürfen keine Smarts abgestellt werden. „Es wäre nicht verkehrt, den Bereich bis dorthin auszuweiten“, schlägt Ueberschär vor. Dann könnten auch Geschäftsleute oder Angestellte von dem Angebot Gebrauch machen.

So funktioniert Car2go

Anmelden:
Nutzer müssen mindestens seit einem Jahr den Führerschein besitzen. Dieser muss jedes Jahr einmal vorgelegt werden. Das Registrieren kostet einmalig 19 Euro.

Finden
: Wo der nächste Smart steht, kann im Internet oder auf dem Handy mit einer App nachgeschaut werden. Bis zu 30 Minuten vor Fahrtbeginn kann der Nutzer einen Smart online reservieren. Mit der Mitgliedskarte wird der Wagen geöffnet, der Fahrzeugschlüssel ist an Bord. Über einen Bildschirm im Auto kann die nächste Ladestation gesucht werden.

Nutzen:
Car2go-Fahrten werden minutengenau abgerechnet. Das kostet 29 Cent pro Minute, parken 19 Cent. Für eine Stunde werden 14,90 Euro berechnet, für einen Tag 59 Euro. Wer ein Auto, dessen Batterie weniger als 30 Prozent anzeigt, an eine Ladestation anschließt, bekommt 20 Freiminuten gutgeschrieben. Die Reichweite eines vollgeladenen Autos beträgt – je nach Fahrstil und Witterung – im Schnitt 140 Kilometer.