Busspuren könnten künftig voller werden - wenn Pläne des Bundesverkehrsministers Realität werden und Städte das dann umsetzen. Nicht nur bei Polizei-Gewerkschaften stößt das auf Protest.

Berlin - Pläne von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für eine mögliche Öffnung von Busspuren für E-Tretroller und Pkw mit Fahrgemeinschaften sind auf breiten Protest gestoßen. Die Gewerkschaft der Polizei sieht dies vor allem aus Sicherheitsgründen „extrem kritisch“. Auch der Koalitionspartner SPD lehnt den Vorschlag ab. Das Verkehrsministerium dagegen verteidigte den Vorstoß.

 

Es handle sich um eine „Kann-Regelung“, sagte ein Sprecher Scheuers am Freitag in Berlin. Es solle Städten die Möglichkeit gegeben werden, die Busspuren auch für E-Tretroller sowie für Pkw zu öffnen, in denen mindestens drei Menschen sitzen.

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Scheuer hatte am Donnerstag gesagt: „Wir wollen Fahrgemeinschaften besserstellen - für mehr klimafreundliche Mobilität.“ Es gelte aber: „Keine Stadt, die nicht will, muss die Busspur für weitere Nutzungen aufmachen.“ Mit der Öffnung der Busspur für Fahrgemeinschaften greife das Ministerium eine Forderung der Stadt Düsseldorf auf.

Zunahme von Konflikten programmiert

Der Ressortchef hatte Vorschläge für eine Reform der Straßenverkehrsordnung vorgelegt. Dabei geht es neben der Busspur auch darum, Verkehrssünder härter zu bestrafen sowie um Verbesserungen für Radfahrer. Die Pläne gehen nun in die Ressortabstimmung innerhalb der Regierung. Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt eine mögliche Öffnung von Busspuren ab. „Damit würde der öffentliche Nahverkehr noch weiter belastet und ein neuer Konfliktbereich erzeugt“, sagte der Michael Mertens, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft, der Deutschen Presse-Agentur. Die Busspur habe den Sinn, die Busse besser vorankommen zu lassen, damit sie pünktlicher seien.

„Wenn nun auch noch E-Scooter und Fahrgemeinschaften dazu kämen, bedeutet das zum einen mehr Verkehr - und zum anderen Verkehr, der sich gegenseitig gefährdet“, sagte Mertens. „Insbesondere E-Scooter und Busse sind eine sehr gefährliche Kombination. Die Busspur würde zum nächsten gefährlichen Verkehrsraum werden.“ Die Polizei könnte dies auch kaum kontrollieren. „Wir haben ohnehin schon einen Personalmangel und andere Prioritäten. Man müsste Wagen anhalten, um festzustellen, dass auch wirklich drei Personen im Wagen sitzen. Das wäre sehr aufwendig.“

Unfallgefahr würde steigen

Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kirsten Lühman, sagte der dpa: „Wir sehen es kritisch, dass Autos mit Fahrgemeinschaften künftig auf Busspuren fahren sollen.“ Um das zu kontrollieren, wären viele Kameras nötig. „Wir wollen aber kein dichtes Netz von Kameras. Das ist eine publikumswirksame Forderung, die nichts bringt.“

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Freitag): „Das würde vieles zunichtemachen, was mit den Busspuren gut geregelt ist und funktioniert.“ Der Leiter der Unfallforscher der Versicherer, Siegfried Brockmann, geht davon aus, dass die Unfallgefahr für Radfahrer und E-Scooter-Fahrer steigen würde, wie er der „Bild“-Zeitung sagte.

Auch Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther lehnt eine Freigabe von Busspuren für Autos ab. „Pkw auf Busspuren sind nicht sinnvoll“, sagte die Grünen-Politikerin auf dpa-Anfrage. „Busspuren sollen dem ÖPNV sowie den jetzt schon bestehenden wenigen Ausnahmen wie Fahrrädern, Taxis oder Krankenwagen vorbehalten bleiben. Eine Belastung durch Autos konterkariert ihren eigentlichen Zweck, den ÖPNV zu beschleunigen.“

Zustimmung für höhere Bußgelder

Für Scheuers Pläne, Verkehrssünder härter zu bestrafen sowie zu Verbesserungen für Radfahrer, gab es Zustimmung. So sollen Autofahrer, die unerlaubt in zweiter Reihe parken oder auf Geh- und Radwegen, statt 15 Euro künftig bis zu 100 Euro zahlen. Außerdem soll Fahrern, die eine Rettungsgasse unerlaubt nutzen, künftig ein Bußgeld von bis zu 320 Euro und ein Monat Fahrverbot drohen - das gilt bisher schon, wenn man keine solche Gasse für Rettungsfahrzeuge bildet.

„Die Bußgelder sind bisher viel zu niedrig“, sagte GdP-Bundesvize Mertens. „Wir sind europaweit der Discounter. Die Bußgelder müssen erhöht werden, damit sie spürbar werden, weh tun und erzieherisch wirken.“

Die SPD-Politikerin Lühmann sagte, die Pläne Scheuers seien grundsätzlich richtig. „Wir begrüßen vor allem mehr Sicherheit für Radfahrer sowie härtere Strafen, wenn Rettungsgassen unerlaubt genutzt werden. Wir finden auch gut, dass es ein Verbot beim Abschalten von Notbremsassistenzsystemen geben soll.“ Das habe die SPD seit langem gefordert. Dies könne die Akzeptanz dieser Systeme erhöhen. Lastwagen verursachten immer wieder schwere Unfälle an Stauenden.