Mithilfe des Zufalls gelang William Anders an Heiligabend 1968 ein Foto, das die Sicht der Menschheit auf unseren Planeten für immer verändern sollte. Jetzt ist der ehemalige Raumfahrer mit 90 Jahren gestorben.
Zweimal hatte das Raumschiff den Mond schon umkreist, da änderte Kommandant Frank Borman ein wenig dessen Ausrichtung - und wollte seinen Augen kaum trauen. „Oh Gott! Seht euch dieses Bild da an“, rief er den beiden anderen Astronauten der „Apollo 8“-Mission zu. „Hier geht die Erde auf. Mann, ist das schön!“
Bormanns Astronauten-Kollege William Anders griff nach einer schwedischen Hasselblad-Kamera, schraubte das längste deutsche Zeiss-Objektiv darauf, das er finden konnte, legte einen Farbfilm ein und knipste los. „Ich habe einfach klick-klick-klick-klick-klick gemacht“, erinnerte sich Anders später. Heraus kam das wohl bekannteste und ikonischste Fotos unseres Heimatpes Planeten – „Earthrise“, Erdaufgang.
Ex-Astronaut Anders stirbt bei Flugzeugabsturz
Nun ist der im Jahr 1933 im chinesischen Hongkong geborene Anders tot. Er kam am Freitag (31, Mai) ums Leben, als ein von ihm gesteuertes Kleinflugzeug nordwestlich der US-Küstenmetropole Seattle ins Meer stürzte, wie US-Medien unter Berufung auf seinen Sohn Greg berichteten. Anders wurde 90 Jahre alt. Er sei allein mit dem Flugzeug unterwegs gewesen, hieß es.
„AS08-14-2383“: Fotografische Ikone von der Erde
Anders' von der US-Raumfahrtbehörde Nasa später unter der schlichten Nummer „AS08-14-2383“ veröffentlichtes Bild veränderte die Sicht der Menschheit auf den Planeten. Es wurde zum Symbol für die Fragilität und Isolation der Erde und wird von vielen sogar als Auslöser für die Umweltschutzbewegung angesehen.
Aufgenommen Jahrzehnte vor der Erfindung von Digitalkameras und Social Media, inspiriert „Earthrise“ auch bis heute Astronauten wie den Deutschen Alexander Gerst, der immer wieder Fotos von seinen beiden Ausflügen zur Internationalen Raumstation ISS ins Internet gestellt hat.
„Eines der tiefgreifendsten Geschenke der Menschheit“
„Anders hat der Menschheit eines der tiefgreifendsten Geschenke gemacht, die ein Astronaut geben kann“, kommentiert Nasa-Chef Bill Nelson über die Online-Plattform X. „Er ist zur Schwelle des Mondes gereist und hat uns allen geholfen, etwas anderes zu sehen: uns selbst. Er verkörpert die Lektionen und das Ziel von Erkundung. Wir werden ihn vermissen.“
„Earthrise“ am 24. Dezember 1968 aufgenommen
„Earthrise“ wurde an Heiligabend 1968 aufgenommen. Die drei Astronauten von „Apollo 8“ verbrachten damals als erste Menschen Weihnachten im All – mit heißem Kakao, Zuckerplätzchen, Hühnchen, Maissuppe und Orangensaft.
Dabei fand der berühmte Fotograf und sechsfache Vater sein Bild einfach nur „schlecht“. Es sei nicht ganz scharf, sagte Anders einmal der „Seattle Times“. Aber der Anblick der kleinen, blauen Erdkugel, die hinter dem Horizont des grauen Mondes halb im Schatten liegt, habe auch ihn und sein Denken verändert.
„Hier sind wir, auf einem unbedeutenden Planeten, der um einen nicht besonders bedeutenden Stern herumfliegt, in einer Galaxie von Millionen Sternen, die nicht bedeutend ist, wo es doch Millionen und Abermillionen von Galaxien gibt im Universum. Sind wir also wirklich so bedeutend? Ich glaube kaum.“
Astronauten wollten den Mond erforschen und entdeckten die Erde
Das berühmteste Souvenir der „Apollo-8“-Mission war nicht geplant. Fotos von der Erde – wie „Earthrise“ – sollten die Astronauten von „Apollo 8“ gar nicht machen, sondern Bilder und Videos vom Mond. Schließlich waren sie die Ersten, die dessen Rückseite zu sehen bekamen.
Die Aufnahmen wurde für spätere Mondlandungen benutzt. „Ich bezeichne das immer als ironisch“, sagte Anders der „Seattle Times“. „Wir flogen hin, um den Mond zu entdecken. Aber was wir wirklich entdeckt haben, ist die Erde“