Mit Essen spielt man nicht. Aber Kunst ist kein Spiel - und Lebensmittel werden bei der "Eat Art" mit Sinn eingesetzt.

Kultur: Adrienne Braun (adr)
Stuttgart - Es gab schon erste Reaktionen. Mit Essen spiele man nicht, schrieb dieser Tage ein StZ-Leser. Deshalb dürfe das Kunstmuseum für die Ausstellung "Eat Art" keine Kartoffelpuffer an die Wand nageln: "Bei allem Freigeist für die Kunst, es gibt ethische Grenzen." Auch Lady Gaga hat es sich mit einigen Fans verdorben, als sie bei den MTV Video Music Awards in einem - echten - Fleischkleid auftrat. » Ihr Designer hatte das Rindfleisch von seinem Familienschlachter in zweitägiger Arbeit zu einem Kleid verarbeitet.

Sobald in Kunst und Kultur Lebensmittel eingesetzt werden, ist mit Protest zu rechnen. Das war schon 1965 so, als Daniel Spoerri, der Vater der "Eat Art", Abfall in Brot einbuk. Auch die Stuttgarter Inszenierungen von Volker Lösch lösen regelmäßig Empörung aus, weil es in der "Heiligen Johanna der Schlachthöfe" Fleischkäse regnete, in "Dogville" Äpfel vom Schnürboden prasselten und in "Nachtasyl Stuttgart" Brotlaibe über die Bühne flogen.

Lebensmittel gehören auf den Teller


Dass es sich bei dem Fleischkäse um eine nicht genießbare Spezialanfertigung handelte, dass viele Künstler für "Eat Art" auf abgelaufene Produkte zurückgegriffen haben, macht die Sache für die Kritiker meist nicht akzeptabler. Zu Recht mahnen sie an, dass Lebensmittel für das Überleben eingesetzt werden sollten, dass sie nicht auf die Bühne oder ins Museum gehören, sondern auf den Teller. Mit Essen spielt man eben nicht.

Aber Kunst hat nichts mit Spielen zu tun. Kunst ist eine durchaus ernsthafte Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit. Lebensmittel werden auf der Bühne oder in einer Ausstellung im Normalfall nicht sinnlos vergeudet, sondern mit Sinn und Verstand eingesetzt. Häufig will ja gerade die "Eat Art" den Blick und das Bewusstsein für den Umgang mit Lebensmitteln schärfen und konkret Verschwendung in der Überflussgesellschaft kritisieren. So verstand Spoerri sein Abfallbrot denn auch als "Negation des gemütlichen, gedankenlosen Sattwerdens".