Seit fast 19 Jahren sucht die Kriminalpolizei nach dem Geschwisterpaar Gögel aus Eberdingen. Jetzt bringt ein Zufallsfund frischen Wind in die Fahndung.

Eberdingen – Mord? Suizid? Unfall? Noch immer hat die Kriminalpolizei Vaihingen/Enz keine Ahnung, was aus Gretel und Heinrich Gögel geworden ist. Das Eberdinger Geschwisterpaar wurde am 10. Januar 1995 zuletzt gesehen. Mit ihrem rostroten Ford Escort sind beide vom heimischen Bauernhof zu Freunden nach Marbach gefahren. Ein ganz normaler Kaffeebesuch soll es gewesen sein. Doch seitdem fehlt von Gretel (damals 53 Jahre alt) und Heinrich (61) Gögel jede Spur.

 

Besser gesagt: fast jede Spur. Kommissar Zufall hat den Ermittlern der Kriminalpolizei Vaihingen/Enz im August sehr weitergeholfen. Im Neckar bei Heilbronn wurden Leichenteile angespült. Die Polizei ließ die DNA bestimmen und stieß in der Datenbank auf – Grete Gögel. Damit ist zumindest klar, dass die Schwester nicht mehr lebt. Wo ihr Bruder Heinrich und der rostrote Ford Escort sich befinden, weiß die Polizei aber noch immer nicht.

„Eine Herzensangelegenheit geworden“

Es gibt einen Mann, der sich über diese Zufallsfund sehr gefreut haben dürfte: Werner Stotz, Beamter der Kriminalpolizei, hat von Anfang an nach den Gögels gefahndet. Der Fall der rätselhaft verschwundenen Geschwister machte damals bundesweit Schlagzeilen. Stotz war 37 Jahre alt, als die Vermisstenmeldung rausging. Bis heute verwahrt er in der Außenstelle Vaihingen/Enz die Autoschlüssel des Escort.

„Die Sache ist für ihn zu einer Herzensangelegenheit geworden“, sagt Peter Widenhorn, Pressesprecher der Polizeidirektion Ludwigsburg. Auch wenn er bald nicht mehr in Vaihingen arbeitet – die dort angesiedelte Außenstelle wird zur Jahreswende geschlossen und nach Ludwigsburg verlegt – „er wird das sicher weiter betreiben“, sagt Widenhorn. Werner Stotz war gestern nicht mehr für eine Stellungnahme erreichbar.

Die Polizei hat wohl richtig vermutet

Der neue Fund zeige durchaus, dass Werner Stotz und seine Kollegen lange Zeit auf der richtigen Spur gewesen seien, so Widenhorn. Tatsächlich hatte die Polizei lange Zeit vermutet, dass das Geschwisterpaar auf dem Heimweg irgendwie in den Neckar geraten sein könnte, der damals Hochwasser führte. Immer wieder leiteten die Beamten deshalb Taucheinsätze im Neckar ein – zuletzt dieses Jahr. Zum Einsatz kamen dabei auch ein Peilschiff des Wasser- und Schifffahrtsamtes sowie ein Unterwasser-Ortungsgerät, das Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Frankreich und die Schweiz gemeinsam für den Rhein angeschafft hatten. Insgesamt 13 Fahrzeuge wurden im Laufe der Jahre aus dem Fluss gefischt – der Escort war jedoch nie dabei. Zwischen Lauffen und Heilbronn, so die Polizei, werde jetzt die Suche fortgesetzt.

Mord? Eher nicht!

Allein: wie sind Gretel – und vielleicht auch ihr Bruder – in den Neckar geraten? Womöglich bei einem Unfall. Der Vaihinger Kommissar Werner Stotz glaubte zumindest vor knapp drei Jahren nicht an ein Gewaltverbrechen. Die Gögels seien „ganz einfache Leute gewesen – wer sollte etwas von denen wollen?“ Gegen Suizid spreche die Tatsache, dass Heinrich Gögel seinen geliebten Schäferhund im Hof zurückgelassen habe, so Stotz damals. Ob die Polizei diese Vermutung in Anbetracht des Leichenfundes revidieren muss, wird sich noch zeigen.

Klar ist allerdings, dass alle, die gehofft hatten, die Geschwister könnten lediglich im Ausland untergetaucht sein, falsch lagen. Klar ist wohl auch, dass Werner Stotz bis zu seinem Ruhestand an dem Fall dran bleiben wird – jedenfalls gestand er vor drei Jahren: „Wenn man als Polizist so etwas bearbeitet, dann trägt man das ein Leben lang mit sich herum.“