Ein aufgebrachtes Wildschwein, das morgendliche Verkehrschaos, oder der erhebende Blick vom Korber Kopf – das und mehr hat der Korber Jazzmusiker Eberhard Budziat in einer Remstalsinfonie verewigt. Am 20. März ist sie erstmals in voller Länge zu hören.

Korb - Morgens am Teiler der B 14 und der B 29. Die Pendler kriechen Stoßstange an Stoßstange im Schneckentempo Richtung Stuttgart. Kann eine solche Szene gute Laune machen? Die Antwort lautet ja – dann, wenn Eberhard Budziat sie vertont. Für „Dimineata – morgens am Verteiler“ hat der in Korb lebende Jazzmusiker im Stau die Ohren gespitzt und dann zusammenkomponiert, was da an einem ganz normalen Morgen im Berufsverkehr aus den Autofenstern tönt: eine Portion Volksmusik und ein Schuss Balkanklänge, eine Prise Orientalisches und ein Hauch von Jazzmusik ist auch dabei.

 

Willkommen im Remstal, das dank Eberhard Budziat nun seine eigene Sinfonie hat. Auszüge daraus hat Budziat mit Musikerkollegen schon bei verschiedenen Anlässen gespielt. Am 20. März nun ist das rund 40-minütige Werk erstmals in voller Länge im Rahmen der Weinstadt-Jazztage zu hören. Auf der Bühne stehen dabei die Eberhard Budziat Bigband und der musikalische Gast Dizzy Krisch aus Tübingen am Vibraphon.

Das Leben geht weiter, die Sinfonie auch

Wobei der Komponist der Remstalsinfonie längst nicht soweit ist, einen endgültigen Schlusspunkt zu setzen: „Die Sinfonie wird bis zur Gartenschau 2019 weiterentwickelt – es kann sein, dass noch Teile hinzukommen und andere rausfallen. Das Leben geht schließlich weiter.“

Und in der Remstalsinfonie tobt das pralle Leben: da durchkreuzt ein aufgeschrecktes Wildschwein die Idylle auf dem Kleinheppacher Kopf, das melodische Vogelzwitschern der Trompeten und einige Takte aus „Im schönsten Wiesengrunde“ werden vom Grunzen übertönt, das der Bassposaunist seinem Instrument entlockt. Das Schwein rast gen Tal und kreuzt die Bundesstraße, die Polizei naht mit Sirenenlärm – „aber es gibt keinen Blechschaden“, versichert Eberhard Budziat – die Wildsau komme mit dem Leben davon.

Vor gut zwei Jahren hat der gebürtige Esslinger begonnen, Szenen aus seiner Wahlheimat zu vertonen: von der eigenen leidvollen Stauerfahrung bis zu Geschichten, die ihm die Leute zutragen. Dazu gehören zum Beispiel Erzählungen eines Taxifahrers, der Eberhard Budziat bisweilen am späten Abend nach Konzertauftritten ins heimische Korb kutschiert und von allerlei unliebsamen Begegnungen mit Wildschweinen erzählt.

Samba-Musik am „KoKo“ – dem Korber Kopf

„Vielleicht findet sich der ein oder andere ja selbst in der Sinfonie wieder“, sagt der Komponist. Zum Beispiel im Stück „Beim Weinfest“, das den leicht taumeligen Heimweg nach einem feuchtfröhlichen Abend mit Cha-Cha-Cha-Musik beschreibt. Polkaklänge begleiten das Grillfest beim Korber Schützenhaus und leichte Samba-Musik erklingt bei „Let’s go to the Koko“. Gedacht habe er beim Komponieren an einen Spaziergang mit „Wahnsinnsblick aufs Land“, sagt Eberhard Budziat. Und was bitte ist Koko? Der Korber Kopf natürlich.

In „Die Fliege“ hat der 54-Jährige eine aufdringliche Vertreterin dieser Art verewigt, die beim Spaziergang entlang der Rems nervt – das Summen erzeugt eine Posaune, der ein Dämpfer verpasst wird. Der Gospel-Song „Swab Soul“ beginnt etwas schwermütig, kein Wunder, beschreibt er doch die schwäbische Seele und somit auch den Remstäler, den Budziat als „eigenständig und manchmal auch eigenbrötlerisch“ beschreibt. Zwei, drei weitere Stücke will der Komponist bis zur Premiere niederschreiben: „Das kriege ich hin.“

Einen Tango hat er noch: „Da bin ich schwer am Überlegen, ob der reinkommt.“ Auch die Kehrwoche darf eigentlich nicht fehlen, denn ihre Bedeutung wird dem Mieter Eberhard Budziat Monat für Monat aufs Neue bewusst. Wie sich die Schlacht mit Besen und Kutterschaufel vertonen lässt? „Am besten als Schlagzeug-Solo.“