Das Medikament ZMapp, das gegen Ebola helfen soll, wird von gentechnisch veränderten Tabakpflanzen hergestellt. Das Mittel wirft ein Schlaglicht auf einen jungen Forschungszweig: das „Pharming“, bei dem Wirkstoffe aus Pflanzen geerntet werden.

Stuttgart - Es ist ein kleiner Forschungszweig. Vor etwa zwanzig Jahren konnten Forscher Pflanzen erstmals dazu anregen, Substanzen zu produzieren, die im pflanzlichen Leben eigentlich gar nicht vorkommen. Schnell hat man das Potenzial für die Produktion von Medikamenten erkannt: Gentechnisch veränderte Pflanzen könnten vergleichsweise billig und ethisch problemlos in der Pharmaindustrie eingesetzt werden. Allerdings hat sich dieses sogenannte Pharming (ein Kunstwort aus Pharmazeutika und Farming) im großen Stil nicht durchgesetzt. Man blieb bei den bewährten herkömmlichen Methoden, vermutlich wegen der klar formulierten gesetzlichen Anforderungen. Diese sind für den noch jungen Forschungszweig sowohl in den USA als auch in Europa erst in Arbeit. Nun ist dieser Forschungsbereich in die Schlagzeilen geraten. Dies liegt daran, dass das Medikament ZMapp, das einigen Ebola-Patienten verabreicht wurde, in Tabakpflanzen produziert wird.

 

Die Herstellung von ZMapp ist ein Paradebeispiel für das Pharming. Bei ZMapp handelt es sich um ein Serum, das aus mehreren Antikörpern besteht. Diese Antikörper richten sich gegen das Ebola-Virus. Die Antikörper wurden zunächst im Tierversuch von Nagetieren gebildet. Das Immunsystem Ebola-infizierter Mäuse wehrt sich gegen den Erreger mit Antikörpern, die sich an die Oberfläche des Virus heften und es so unschädlich machen. Diese Antikörper werden isoliert und in ein Bakterium übertragen. Dieses Bakterium kann das genetische Material für die Antikörperproduktion in das Erbgut der Pflanze schmuggeln – im Fall von ZMapp ist es die Tabakpflanze. Nun produziert die Tabakpflanze Antikörper, die gewissermaßen geerntet werden können. Die Tabakpflanze ist der Liebling unter den Biotechnologen: Sie ist gentechnisch verändert leicht zu züchten, wächst schnell und problemlos – und ist keine Nutzpflanze. Wird sie für die Arzneimittelproduktion eingesetzt, muss man nicht gleichzeitig befürchten, dass sie Menschen zum Essen fehlt. Auch andere Pflanzen haben sich bewährt: So versucht man beispielsweise im Mais ein Mittel gegen das chronische Leiden Cystische Fibrose oder in der Wasserlinse einen Antikörper gegen Hepatitis herzustellen. Bisher wurde allerdings nur ein Medikament aus dem Bereich des Pharming zugelassen: ein in Karottenzellen produziertes Enzym, das bei der sehr seltenen, vererbten Stoffwechselerkrankung Morbus Gaucher hilft.

Die Entwicklung von ZMapp ist langwierig und wurde nicht forciert – mit 2000 bis 3000 Ebola-Opfern in den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Pharmaindustrie für Ebola kaum interessiert. Andere Erkrankungen haben in Afrika in der Vergangenheit wesentlich mehr Opfer gefordert, wie etwa Malaria oder Aids. Daher hatte bisher vor allem das amerikanische Militär aus Furcht vor Bioterrorismus Interesse an der Virenforschung. Nun ist es schwierig, mit ZMapp in die Massenproduktion einzusteigen. Das Unternehmen meldet, dass die Vorräte zur Neige gingen. Man sei allerdings mit den amerikanischen Gesundheitsbehörden in Kontakt.

Aussagekräftige Daten zu den Ebola-Mitteln fehlen noch

Das Mittel ZMapp befindet sich noch im Entwicklungsstadium. Das Medikament wurde bisher nur in einigen wenigen Tierversuchen getestet. Mit Erfolg, wie das Wissenschaftsmagazin „Nature“ jüngst gemeldet hat. Wie bereits in früheren Versuchen hat sich auch nun gezeigt, dass mit Ebola infizierte Rhesusaffen auch noch fünf Tage nach der Infektion geheilt werden konnten. 21 Tage nach der Infektion waren keine Viren mehr im Blut der Affen nachweisbar, schreibt das kanadische Team um Gary Kobinger von der kanadischen Gesundheitsbehörde in Winnipeg.

Ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen werden können, ist unklar. Obwohl das Mittel nicht zugelassen ist, gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einigen Wochen aus Mangel an Alternativen grünes Licht für den Einsatz des Mittels an infizierten Menschen. Den beiden amerikanischen Patienten, die als erste Menschen ZMapp bekommen haben, geht es gut. Zudem sollen weitere Patienten mit dem Serum behandelt worden sein, die das lebensbedrohliche Fieber überlebt haben. Allerdings gibt es auch Patienten, die trotz Behandlung gestorben sind, beispielsweise ein spanischer Geistlicher. Noch gibt es viel zu wenige Fälle, um eine statistisch verwertbare Aussage machen zu können. Schließlich überleben auch ohne Medikamente etwa die Hälfte der Patienten.

Eine andere Alternative bietet sich aus Japan an. Das Mittel Favipiravir ist ein Medikament, das gegen Grippeviren hilft – es ist zugelassen und es kann als Tablette geschluckt werden. Der Wirkstoff hemmt in den Zellen des Erregers ein wichtiges Enzym, die RNA-Polymerase. Viele Viren, darunter auch das Ebola-Virus, benötigen das Enzym, um ihre Gene in eine Boten-RNA umzuschreiben. Diese brauchen sie, um schließlich von den Proteinfabriken der Zellen akzeptiert zu werden. Favipiravir verhindert dies und unterbricht damit die Virusvermehrung. Allerdings wurde das Mittel gegen Ebola bisher ebenfalls erst im Tierversuch getestet – an Mäusen. Nun stehen Versuche bei Affen an.