Die Afrikakennerin Sibylle Buchholz leitet die Benefizorganisation „Aime!“, die sich um die circa 2000 Aidswaisen kümmert. Nun stehen die Helfer vor neuen Herausforderungen. Die Seuche Ebola macht ihnen zu schaffen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die Regenzeit erschwert manches, aber Sibylle Buchholz hält den Dauerkontakt nach Afrika aufrecht, so gut es eben geht. „Die Telefongespräche werden unterbrochen, das Internet geht oft nicht“, berichtet die Vorsitzende der Hilfsorganisation „Aime!“ (Aktion zur Integration von Mutter und Kind in Entwicklungsländern). 2003 hat die Marketingkauffrau den Verein mit Sitz in Stuttgart gegründet, fast 20 Jahre an der Seite ihres Ehemanns, des Diplomaten Reinhard Buchholz, in verschiedenen afrikanischen Staaten verbracht. In Guinea, einem der ärmsten Länder, hatte sie in einem Waisenhaus ein Schlüsselerlebnis mit einem von allen sozialen Kontakten abgeschnittenen HIV positiven Mädchen. Diese Begegnung gab den Ausschlag für die Gründung des Vereins, der sich heute in vielfältiger Weise für 2000 Aidswaisen engagiert und in drei Städten Guineas Zentren betreibt.

 

Doch jetzt wurde der Verein von einer weiteren Seuche überrollt: Die Ebola-Epidemie grassiert seit Ende vergangenen Jahres auch in Guinea. „Wir haben deshalb im März zehn weitere medizinische Hilfskräfte eingestellt“, erzählt Sibylle Buchholz. Die Hilfskräfte leisten seitdem Aufklärungsarbeit in den Familien, zu denen „Aime!“ durch die Vermittlung der Waisen engen Kontakt hat. Aber auch in einem Viertel der Hauptstadt Conakry unterrichten sie über Ansteckungswege der Seuche. Rund 30 000 Menschen hat der Verein so mit seiner Kampagne erricht.

Die Helfer betreiben ein Krankenhaus

In dem Viertel betreibt „Aime!“ ein Krankenhaus mit 75 Mitarbeitern. „Es finanziert sich selbst“, sagt Sibylle Buchholz, denn eines ihrer wichtigsten Anliegen ist die Selbstständigkeit der Menschen in Afrika. „Wir wollen nicht nur Geld schicken. Es soll auch im Land selbst generiert werden“, betont sie. Mehrere Firmen und die amerikanische Botschaft etwa bezahlen für die Behandlungen ihrer Mitarbeiter im „Aime!“ -Krankenhaus. Aidswaisen und Bedürftige bekommen die medizinische Versorgung dort umsonst.

377 Ebola-Tote und 118 Verdachtsfälle gibt es in Guinea. Ein infizierter Patient gelangte im März auch in das Krankenhaus des Vereins. „Seine Ehefrau sagte, er habe Diabetes. Aber er hatte auch hohes Fieber“, berichtet die Vorsitzende. Der Mann wurde in ein speziell ausgerüstetes Hospital überführt, als klar war, dass er an Ebola litt. „Wir hatten hinterher eine gigantische Desinfektionsaktion in unserem Haus“, erzählt sie. Für die Ärzte, Schwestern und Pfleger kaufte der Verein Schutzanzüge. Am Haupteingang sitzt nun geschultes Personal, damit kein Ebola-Infizierter mehr ins Krankenhaus gelangt. „Wenn ein Verdacht besteht, bringen wir den Patienten ins Zentrum von ,Ärzte ohne Grenzen’“, sagt sie und ist stolz darauf, dass bei „Aime!“ trotz Seuche noch immer alles seinen geregelten Gang geht. Ein chinesisches Krankenhaus in der Hauptstadt musste schließen, nachdem sich fünf Ärzte und Pfleger infiziert hatten und starben.

Virus wird auch durch Schweiß übertragen

Übertragen wird das Virus durch Körperflüssigkeiten, darunter Schweiß. „Die Westafrikaner sind sehr mobil und reisen in Überlandbussen“, weiß Sibylle Buchholz. Bei oft 40 Grad sitzen die Menschen dicht gedrängt – Körperkontakt lässt sich nicht vermeiden. „Und wenn ein Familienmitglied krank ist, wird es auch im Bus in die nächst größere Stadt ins Hospital transportiert“, so die Afrikakennerin. Hinzu kommt die Sitte, einen Verstorbenen zu waschen. Auch dies ist eine der großen Infektionsgefahren.

Guinea hat jetzt zwar seine Grenzen zu den Nachbarstaaten geschlossen, aber in der Hauptstadt Conakry laufen an einem Punkt alle Straßen aus dem ganzen Land zusammen. „Dort sollte man einen Kontrollpunkt einrichten“, rät Sibylle Buchholz. Die Geschäftsführerin des Vereins, die ihr Büro vor Ort hat, habe berichtet, dass dies noch nicht geschehen sei.