Seit den 1970er Jahren lässt der Vereinsring vor dem Rathaus in Echterdingen einen Maibaum aufstellen. In diesem Jahr wird mit dieser Tradition gebrochen. Der Grund: Der Veranstalter sorgt sich um die Sicherheit.

Echterdingen - Ein Volkslied heißt „Alles neu macht der Mai.“ Auch in Echterdingen gibt es in diesem Mai etwas Neues: Zum ersten Mal in der Geschichte des Maibaumstellens seit den 1970er Jahren vor dem Rathaus durch den Echterdinger Vereinsring wird der Maibaum in diesem Jahr fehlen. Der Grund dafür ist die verschärfte Anwendung von Sicherheitsvorschriften, die es zwar schon lange gibt, die bisher aber großzügig ausgelegt wurden. „Nachdem im vergangenen Jahr beim Maibaumstellen in Baden-Württemberg zwei Menschen zu Tode gekommen sind, werden sie streng ausgelegt“, sagt der Vereinsring-Vorsitzende Thomas Stierle.

 

„Ich habe von der neuen Sicherheitslage erst am 3. April erfahren. Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt, das auch Bedenken geäußert hat, haben wir am 4. April auf unserer Hauptversammlung beschlossen, dass wir den Baum in diesem Jahr nicht aufstellen werden. Das Risiko in straf- und versicherungsrechtlicher Hinsicht ist uns einfach zu hoch“, sagt Thomas Stierle.

Der Zusammenschluss von 36 Echterdinger Vereinen, sagt Stierle, arbeite mit dem Ordnungsamt ein Konzept für das weitere Vorgehen aus. „Am 30. April 2018 steht in Echterdingen wieder ein Maibaum, allerdings wahrscheinlich kein so hoher wie in den vergangenen Jahren. Wir werben um Verständnis, dass wir auf die Schnelle nicht anders handeln konnten. Wir bekommen in der verbleibenden Zeit mit dem Ordnungsamt keine Lösung hin.“

Die Begutachtung durch den Zimmermann reicht nicht aus

Trotz des Ausfalls in diesem Jahr ist man im Vereinsring nicht allzu traurig. „Wenn man sieht, was im Moment sonst so in der Welt los ist, dann muss man das relativieren.“ Zwei Mitglieder des Zusammenschlusses von 36 Echterdinger Vereinen seien jüngst auf einer Schulung gewesen: „Dort wurden sie explizit auf die Sicherheitsvorschriften beim Maibaumstellen hingewiesen.“ Das Problem in Echterdingen sei vor allem die Höhe des Maibaums, der auf einem Lagerplatz des Bauhofs beim früheren Polstermarkt aufbewahrt wird und nach der Aufstellung am 30. April immer etwa einen Monat lang stehen bleibt: „Er ist 28 Meter hoch, und die Vorschrift sagt, dass es nach allen Seiten einen Sicherheitsabstand der doppelten Baumhöhe geben muss. In unserem Fall wären das knapp 60 Meter. Die haben wir aber nur nach einer Seite hin, sonst würde er überall auf Häuser kippen.“ Ein weiteres Problem ist das Alter des Baumes. „Wir haben ihn seit rund neun Jahren. Wenn ein Maibaum aber älter als drei Jahre ist, dann muss laut Vorschrift ein Gutachter die Festigkeit des Stammes prüfen. Die Begutachtung durch unseren Zimmermann, der auch Mitglied im Vereinsring ist, reicht nicht aus.“

Verstöße haben möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen

Bisher wurde der Echterdinger Maibaum von der örtlichen Feuerwehr aufgestellt. Die Flughafenfeuerwehr stellte für die Aktion immer ihren Kranwagen zur Verfügung. „Ich habe vor dem Maibaumaufstellen immer Respekt gehabt. Wer weiß, was passiert, wenn er kippt und in die Oberleitungen der Bernhäuser Straße kracht.“ So lange nichts passiere, sei alles gut. Im Schadensfall jedoch hafte der Vereinsring: „Man sucht dann immer jemanden, den man am Wickel kriegen kann.“ Die Stadt habe seit jeher dem Vereinsring die Verantwortung übertragen, vom Ausstellen des Maibaums an bis zum Abbau. „Wenn ich jetzt, nachdem mir die Vorschriften genau in Erinnerung gerufen worden sind, vorsätzlich dagegen verstoße und es passiert etwas, dann bekommt der Vereinsring auch strafrechtlich ein Problem“, sagt Stierle.

Der Maibaum gilt in Echterdingen als Symbol des Erwachens der Natur und des bürgerschaftlichen Lebens. Mit einem Pferdefuhrwerk, umgeben vom Trachtenverein und der Landjugend, wird er begleitet von Marschmusik zum Richtplatz vor dem Echterdinger Rathaus gefahren. Zuvor haben die Landfrauen den Maibaum geschmückt. Auch die alten Handwerkszunftzeichen und die Symboltafeln der Echterdinger Vereine wurden daran angebracht. Beim Aufstellen schmücken ihn die Feuerwehrleute mit bunten Bändern. Weil er etwas Besonderes sein soll, hat man immer ein großes Exemplar ausgesucht. Gerade die Stattlichkeit des Baumes wurde den Aufstellern nun zum Verhängnis.