Trüffelbauer Michael Mörsel bietet in Beilstein-Etzlenswenden gemeinsam mit seinen Hunden Führungen auf den Spuren der edlen Knollen an. Dabei wird deutlich: Der Anbau ist eine Wissenschaft für sich – und erfordert sehr viel Geduld.
Pino hat seinen großen Auftritt. Der knapp zweijährige Trüffelhund, ein Lagotto Romagnolo, zieht ungeduldig an der Leine. Die Gruppe, gut ein Dutzend interessierte Ausflügler, folgt ihm und seinem Halter hinab in das lauschige Tälchen. Es ist ein Höhepunkt bei dem „Trüffelspaziergang“, den Michael Mörsel von der „Manufaktur für Feines“ in Beilstein-Etzlenswenden (Kreis Heilbronn) anbietet. Sein Vierbeiner ist ein unentbehrlicher Helfer. „Mit gut 200 Millionen Riechzellen,“ so Michael Mörsel, „riecht der viel besser als jeder Mensch.“
„Das sind Arbeitshunde, die wollen immer etwas tun“, weiß Mörsel. Er hat zwei Hunde, bei diesem Spaziergang ist allerdings nur der Jüngere dabei: Pino ist derzeit in der Ausbildung, noch kein Meister, aber doch ein eifriger Geselle. Er pariert aufs Wort. Die Gruppe ist an einem Hang angelangt, der nach Nordwesten ansteigt. In der ersten Reihe neben dem Weg wachsen stattliche Haselsträucher.
Trüffel müssen sehr vorsichtig geerntet werden
Zuerst gibt es aber einen Leckerbissen für Pino: ein Stückchen Leberwurst. „Jetzt weiß er: Er soll suchen,“ so Mörsel. Der Hund legt los, schnürt zwischen den Haseln herum wie ein Fuchs, die Schnauze am Boden. Ein, zwei Mal um den ersten Hasel herum, dann hält er inne und markiert mit Pfote und Schnauze, dass er etwas gefunden hat. Jetzt gibt es das zweite Stück Leberwurst – und Beifall.
Und nun muss der Fund, wie es in der Trüffel-Fachsprache heißt, „remontiert“ werden, das heißt aus dem Boden geschält werden, sorgfältig und mit Gefühl, damit das wertvolle Stück nicht beschädigt wird. Eine Teilnehmerin, Beate Mödinger aus Kornwestheim, darf es versuchen: Nachdem die Spitze des Trüffels herauslugt, fährt der Finger immer wieder um die Kontur der Erdfrucht herum und legt so die Knolle Stück für Stück frei. Eine andere Teilnehmerin kommentiert das: „Grad so mach i´ s mit meine Kartoffle au, wenn i se heil raushole will…“
„Dieser Geschmack, dieses Aroma!“
Dieser Fund ist kein Zufall: Denn Pino stöberte die Trüffel in einer so genannten Truffiere auf, einem Trüffel-Anbaugelände. Aber kann man diese Knollen überhaupt so einfach anbauen? Wie das geht, das erklärt Michael Mörsel bei seinen kleinen Exkursionen im Etzlenswender Tal.
Er selbst hatte sein „Erweckungserlebnis“ vor 17 Jahren unerwartet in Italien. Damals, im Jahre 2007, aß der Landwirtschaftliche Brennmeister am Lago Maggiore zum ersten Mal in seinem Leben ein Gericht mit Trüffel. „Ich war geflasht, das hat mich umgehauen. Ich lebe doch vom Riechen und Schmecken! Dieser Geschmack, dieses Aroma!“ Von da an stand für Mörsel fest: „Ich muss etwas mit Trüffeln machen!“ Und heute betreibt der 64-Jährige also eine eigene Trüffelzucht in Etzlenswenden.
Eine Symbiose zwischen Pilz und Trüffelbaum
Wenn er erzählt, wird rasch deutlich: Wer Trüffel ernten will, muss viel wissen und benötigt viel Geduld. Die Pflege der unterirdischen Pilze, hoch geschätzt in Küche und Kulinarik, ist eine Wissenschaft für sich. Der Blick durch ein Mikroskop auf den Trüffel zeigt kleine Pünktchen, die Sporenbehälter, über die sich Trüffel fortpflanzen.
Mörsel skizziert die Grundbedingungen: Trüffel bilden mit Bäumen eine Lebensgemeinschaft. Ihr feines Geflecht dockt an den Wurzelfäden an, im Lauf der Jahre entsteht ein regelrechter Austausch zum beiderseitigen Nutzen. Der Trüffel bekommt Zucker vom Baum, er selbst löst wiederum Mineralstoffe aus dem Erdreich, die der Baum sonst nicht so schnell nutzen könnte. Auch bei Trockenheit bewährt sich die Ehe unter der Erde. Der Trüffel bildet Filamente, die nach Wasser und Nährstoffen suchen; der Baum treibt seine Wurzeln dann in diese Richtung. Wo Trüffel sind, bilden sie eine „Brulée“, eine „verbrannte“ Fläche auf dem Boden, denn sie verdrängen Nahrungskonkurrenten des Wirtsbaums.
Wer eine Truffiere anlegen will, muss einiges beachten. Die Pilze lieben lockere und kalkhaltige Böden; Staunässe kann sie schnell zerstören. Geeignete Wirte seien vor allem Hasel, Eiche, Hainbuche, Rotbuche, Pappel und Birke, so Mörsel. 2009 holte er seine ersten Trüffelbäume aus Lothringen.
Zur Fortpflanzung müssen weibliche und männliche Sporen erst zueinander finden. Da muss man nachhelfen: Trüffelbäume werden mit der jeweils nötigen Sporenart geimpft. Erst nach sieben, acht Jahren gibt es einen regelmäßigen Ertrag, eine volle Ernte – definiert als rund 300 Gramm Trüffel pro Baum – nach zwölf Jahren. Wer sich darauf einlässt, der muss sich, wie Michael Mörsel, eben voll einbringen.
Die faszinierende Welt der Trüffel
Feinkost
Michael Mörsels kleines Unternehmen steht auf drei Säulen: Edelbrände und Liköre, Früchte und Gemüse in Weck-Gläsern unter den Namen „Natur i.m. Glas“, und eben die „Schwabentrüffel“. Zu diesen gehört auch der kleine Ausflug dorthin, wo die edlen Knollen in der Erde wachsen. Die baut Mörsel auf einem rund 0,6 Hektar großen Areal an – und zwar den Burgundertrüffel. Manufaktur für Feines
Gottlieb-Schulz-Straße 40, 71717 Beilstein;Telefon: 070 62 / 9 78 37 98;Mobil: 01 52 / 36 11 67 21.
Lagotto Romagnolo
n Italien werden diese Hunde gezielt als Trüffelspurhunde gezüchtet und erzogen. Auch Pino stammt aus der Toskana. Ihm wurde, wie allen anderen Lagotto-Welpen, das Trüffelaroma quasi bereits mit der Muttermilch nahegebracht: Die Zitzen der Mutter werden mit Trüffelöl eingerieben. Später assoziieren die Trüffelhunde den speziellen Geruch der Pilze dadurch mit dem wohligen Gefühl der mütterlichen Nähe.