Das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes Fifa bestimmt an diesem Montag den Termin für Neuwahl des Präsidenten. Der noch amtierende Fifa-Boss Sepp Blatter kokettierte zuletzt mit einem Verbleib im Amt.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - In der vergangenen Woche hat sich der US-Senat mit dem Fußball-Weltverband Fifa beschäftigt. Es ging um die Korruptionsvorwürfe gegen die Fifa, die Ermittlungen der US-Behörden gegen ehemalige Fifa-Funktionäre und so weiter, und in dieser Anhörung bezeichnete Connecticuts Senator Richard Blumenthal die Fifa als: „mafiaähnliches Syndikat“. Wobei er niemanden beleidigen wolle, wie Blumenthal sofort hinterherschob: „Was mich bei diesem Ausdruck zögern lässt, ist, dass ein Vergleich der Fifa mit der Mafia fast eine Beleidigung für die Mafia wäre. Die Mafia würde ihre korrupten Geschäfte niemals in einer solch himmelschreiend unverdeckten und arroganten Weise abwickeln.“

 

An diesem Montag trifft sich die Fifa-Exekutive, so etwas wie das Oberhaupt der ehrenwerten Familie, in Zürich zu einer außerordentlichen Sitzung. Außerordentliche Umstände erfordern außerordentliche Sitzungen, und so wird auf dem Treffen unter Tagesordnungspunkt III.2. neben der Debatte um Reformen auch der Termin für einen außerordentlichen Kongress festgelegt werden. Der soll, zumindest fordern das die Europäer mit dem DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, so früh wie möglich stattfinden, am besten schon im Dezember, um schnell Fakten zu schaffen. Denkbar ist auch ein Termin im März 2016. Aber er wird kommen, und dann wird ein neuer Präsident gewählt. Erwartet wird eine Kandidatur von Uefa-Boss Michel Platini, Niersbach wiederum könnte Nachfolger des Franzosen bei der Uefa werden.

„Die Zeiten des Kokettierens mit der Macht sind vorbei“

Noch heißt der Chef ja Sepp Blatter. Am 29. Mai wurde er im Amt bestätigt, am 2. Juni kündigte er seinen Rücktritt an, auch wenn er doch gar nichts für irgendwas könne, wie er zuletzt wiederholte: „Der Fifa-Präsident muss mit jenen Leuten arbeiten, die ihm die Konföderationen abstellen. Ich trage folglich keinerlei Verantwortung für das Verhalten dieser Exko-Mitglieder in ihren heimatlichen Gefilden.“

Der 79-Jährige geriert sich lieber als oberster Reformer und hat sich in den vergangenen Wochen vor allem in Andeutungen ergangen, er mache weiter. Er sei falsch verstanden worden. Er habe doch nur gesagt, dass er sein Amt zur Verfügung stellen werde und Neuwahlen anstrebe. Aber wenn alle sagen, dass der Nachfolger von Sepp Blatter Sepp Blatter sein solle, dann werde er sich natürlich nicht gegen diesen Wunsch wehren. So konnte man ihn verstehen. Vor allem aus Afrika gibt es tatsächlich einige Pro-Blatter-Stimmen. Manch einer fürchtet dort wohl das Ende der recht fruchbaren Klientelpolitik.

So wird es aber nicht kommen. Selbst für die krisenerprobte Fifa wäre der Furor von Politik, Wirtschaft, Fans und Medien bei einer Rolle rückwärts der Symbolfigur Blatter wohl kaum zu überstehen. „Die Zeiten des Kokettierens mit der Macht sind vorbei“, sagt Domenico Scala, der Compliance-Beauftragte der Fifa, der den Reformprozess steuern soll. Es geht ja, in der PC-Sprache gesagt, längst nicht mehr um ein kleines Update der Fifa nach dem Systemabsturz, sondern um eine völlig neue Software für den Weltverband und das Ende des Betriebssystems Blatter.

In den USA wird der Druck hoch gehalten

Der größte Druck für den Neustart des Systems kommt dabei aus den Vereinigten Staaten, weil viele dubiose Transaktionen der Verbände in Südamerika und der Karibik über die USA liefen. Dort hatte der in einer Steuergeschichte unter Druck geratene ehemalige Fifa-Mann Chuck Blazer als Kronzeuge ausgepackt und das Beben ausgelöst. Die US-Ermittlungen entfesselten den sportpolitischen Tsunami, der über die Fifa fegte, als kurz vor dem Kongress in Zürich im Mai dort sieben Funktionäre inhaftiert worden waren. Als Erster hatte der frühere Fifa-Vize Jeffrey Webb einer Auslieferung in die USA zugestimmt. Am Samstag plädierte er vor einem New Yorker Gericht auf „nicht schuldig“. Spekuliert wird, dass Webb, dem Betrug und Geldwäsche zur Last gelegt wird, mit dem FBI zusammenarbeiten werde. Gegen zehn Millionen Dollar Kaution kam Webb aber zunächst frei, darin enthalten sind unter anderem zehn Immobilien, drei Autos sowie teure Uhren und Schmuck.

In den USA wird der Druck hoch gehalten, und mittlerweile melden sich in den Vereinigten Staaten angesichts des Imageverlustes des Partners auch einige der dortigen Fifa-Sponsoren kritisch zu Wort. So fordert Coca-Cola eine unabhängige Reformkommission mit „einem oder mehreren hervorragenden, unparteiischen Führungskräften“. McDonalds ließ verlauten: Man sei nicht zufrieden, „wie die Fifa mit den jüngsten Vorfällen umgeht“.