Seit genau 30 Jahren macht Uli Egetemeir mit seiner Firma EGU im Waiblinger Eisental malade Motoren wieder fit. Die Leidenschaft fürs hochwertige Schrauben hat er von seinem Vater Josef geerbt, der einst im legendären Silberpfeil-Rennsportteam tätig war.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Im Frühjahr ist Uli Egetemeir nach Paris zu einer Oldtimermesse gefahren. „Da war ein Stand mit alten Fotos“, erzählt der Waiblinger Ex-Motocross-Rennfahrer und Motorenspezialist, der ein Schwarzweiß-Foto in der Hand hält. Darauf ist das Cockpit eines Mercedes-Silberpfeils zu sehen, der von einem Mechaniker in die Boxengasse gefahren wird. „Das Foto kannte ich noch gar nicht. Das ist 1954 beim Großen Preis von Frankreich“, sagt Egetemeir, der dem Mann in dem Monoposto gleicht wie ein Zwillingsbruder. „Da denkst du an nichts, fährst nach Paris und triffst dort deinen Vater“, sagt er.

 

Der Mann im Silberpfeil ist sein vor vier Jahren verstorbener Vater Josef Egetemeir, genannt „Raketle“, der im legendären Mercedes-Team Alfred Neubauers Rennmechaniker war. Weltberühmte Fahrer wie Juan Manuel Fangio, Karl Kling oder Stirling Moss vertrauten dem Schwaben ihre Boliden an und wurden nicht enttäuscht. „Stirling Moss hat meinem Vater noch zum 80. Geburtstag einen Brief geschrieben und ihm gratuliert.“

Die Leidenschaft für Motoren und Rennsport hat Uli Egetemeir vom Vater geerbt. „Allerdings war ich auf zwei Reifen unterwegs“, sagt der 57-Jährige, der von 1977 bis 1982 erfolgreich Motocross-Rennen gefahren ist. Und wie der Senior, der 1939 „beim Daimler“ anfing, hat der Junior den selben Beruf in Untertürkheim gelernt. „Die Ausbildung zum Motorenschlosser bei Daimler-Benz war damals etwas ganz Besonderes und anderen weit voraus. Wir sind durch alle möglichen Abteilungen gekommen und bekamen so ein umfassendes Wissen und Verständnis für die Motoren, Getriebe, Achsen, Lenkungen oder Bremsen. Daimler zählte damals, was die Ausbildung anging, zu den drei besten Unternehmen weltweit“, sagt Uli Egetemeir, der nach der Gesellenprüfung im Jahr 1976 in eine ganz besondere Abteilung des Konzerns kam: in den Fuhrpark.

„Da haben wir neben den Autos der Konzernleitung die der Prominenten gewartet.“ Darunter waren der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel, der Rennfahrer Jochen Mass, Udo Jürgens und Mireille Mathieu. An ihrem Auto durfte der junge Motorenschlosser die Inspektionen machen. „Sie hat mich sogar mal umarmt und einen Kuss auf die Wange gedrückt. Das ist eine ganz wunderbare Frau“, sagt Egetemeir, der sich auch an das Fahrzeug der Sängerin aus dem südfranzösischen Avignon noch genau erinnern kann. „Ein metallic-blauer 600er.“

Das A und O bei einem Motor sei der Öl- und Ölfilter-Wechsel. „Wenn man das regelmäßig macht, kann fast nichts passieren“, erklärt Egetemeir, und einer seiner Mitarbeiter, der an einem Jaguar-Achtzylindermotor schraubt, nickt. Das Fahrzeug wird gerade in den „Nullzustand“ versetzt, alle Verschleißteile samt der Kolben werden ausgetauscht. Der rund 50 000 Euro teure Motor ist nach der Rundum-Behandlung quasi wieder in dem Zustand, in dem er das Werk verlassen hat. Für den Besitzer des Jaguars kommt die Generalüberholung billiger als ein Ersatzmotor. „Das Problem ist nur, jemanden zu finden, der noch das Wissen hat, um das machen zu können“, erklärt Egetemeir.

Im September 1984 hat er begonnen, in der eigenen Firma Motorräder zu tunen. Vater Josef stand dem Sohn mit seinem Können bis vor wenigen Jahren zur Seite. Mit fast 90 Jahren stieg der Senior im Eisental noch auf das Dach des Gebäudes, um es zu reparieren. Das Verhältnis zwischen den beiden war sehr herzlich, der Tod des Vaters hat den Sohn schwer getroffen.

Seine eigene Marke EGU hat er auf der Stuttgarter Automobilausstellung AMA selbstbewusst präsentiert. „Das war schon ein Erlebnis, zwischen den Ständen der großen Marken zu stehen.“ Nicht nur auf das Publikum scheint die kleine Firma aber Eindruck gemacht zu haben. Auch Fachblätter wurden auf Egetemeir aufmerksam und bezeichneten ihn abwechselnd als Einzylinder- oder Motoren-Guru. Eine Urkunde des früheren Wirtschaftsministers Martin Herzog bescheinigt ihm, mit der EGU-SRX 700 das stärkste Einzylindermotorrad der Welt gebaut zu haben. Mit 55 PS erreichte die Maschine eine Geschwindigkeit von nahezu 200 Stundenkilometern.

Neben der Wartung alter Fahrzeuge werden auch Motoren neueren Datums im Eisental gerichtet, wenngleich der Mechaniker vom alten Schlag keinen Hehl daraus macht, dass diese so ihre Tücken haben: „Je mehr Elektronik drin steckt, desto mehr kann ausfallen“, meint der Chef, und seine Mitarbeiter nicken zustimmend. Egetemeir: „Irgendwas verreckt halt immer.“

Festwochenende

Jubiläum
Am 27. Und 28. September feiern Uli und Babette Egetemeir das 30-jährige Bestehen ihrer Firma Egu im Waiblinger Eisental. Am Samstag wird um 9.30 Uhr auf dem Firmengelände an der Eisentalstraße 3 für Besucher der Grill angeheizt. Bis 14.30 Uhr haben Motorradfahrer Gelegenheit, ihre Maschinen auf einem Leistungsprüfstand testen zu lassen. Um 15 Uhr gibt es eine Modenschau.

Ausfahrt
Am Sonntag startet eine Ausfahrt von Waiblingen nach Oberrot-Marhördt. Wer mitfahren will, kommt bis 11 Uhr zur Eisentalstraße 3. Ziel ist das Landhaus Noller.