Im März wollen die Pfarrer des Kirchenbezirks über die Segnung homosexueller Paare diskutieren.

Leonberg - Eines ist Wolfgang Vögele wichtig: Das sei kein Streit, der die Einheit der Kirche infrage stellt, sagt der Leonberger Dekan. Dennoch – die Frage, ob Pfarrer homosexuelle Paare segnen dürfen oder nicht, wird auch im Kirchenbezirk Leonberg derzeit intensiv diskutiert.

 

„Von meinen Pfarrern wurde ich gebeten, das Thema bei unserer nächsten Besprechung im Kirchenbezirk zu behandeln“, sagt Vögele und kündigt an: Anfang März habe er diese Frage auf die Tagesordnung gesetzt. „Den jetzigen Zustand halte ich für unerträglich. Nahezu zwei Drittel des Kirchenvolks sind für eine Segnung – aber wir dürfen es dennoch nicht.“

Knapp drei Monate ist es her, da hatte die Synode der Evangelischen Landeskirche Württemberg über diese Frage zu entscheiden. 62 von 96 anwesenden Kirchenparlamentariern stimmten für die Öffnung der Kirche und verfehlten damit die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit um knappe zwei Stimmen.

„Diese Menschen leben sehr geschützt“

„Damit bringen wir die Pfarrer in echte Gewissenskonflikte“, sagt Wolfgang Vögele. Denn viele Geistliche auch hier vor Ort sind bereit, homosexuelle Paaren zu segnen, zeigt unsere Nachfrage bei einigen Pfarrern. Unter ihnen zum Beispiel die Eltinger Pfarrerin Claudia Trauthig. „In meiner früheren Gemeinde in Stuttgart wurde ich einmal von einem Paar gefragt, ob ich bereit wäre“, erzählt sie. Damals habe sie die Frage bejaht, auch wenn es doch nicht dazu gekommen ist.

Auch in Leonberg vermutet sie Gläubige in ihrer Gemeinde, die an einer solchen Segnung eventuell interessiert wären. „Diese Menschen leben aber sehr geschützt“, weiß die Pfarrerin. „Und das finde ich sehr, sehr traurig.“ Noch immer brauche es viel Mut, sich in einer Kirchengemeinde offen zu zeigen. Dabei gehöre die Beziehung zum Menschsein dazu.

„Wenn man die wichtigste Beziehung seines persönlichen Lebens nicht öffentlich leben kann und darf, dann ist das eine extrem belastende Einschränkung.“ Daher hofft Claudia Trauthig, dass sich am Beschluss der Landessynode noch etwas ändert. „Solche Beschlüsse prägen die Kultur in einer Kirche“, ist sie überzeugt.

Eine gangbare Lösung für alle muss her

„Es muss eine Lösung geben, die für alle gangbar ist“, sagt auch Matthias Bauschert, der Renninger Pfarrer. „Aber ich weiß, dass das in den Gemeinden sehr umstritten ist.“ Daher fand er den im November gescheiterten Vorschlag der Landeskirche gut. Der sah vor, dass es den Pfarrern offen steht, ob sie homosexuelle Paare segnen oder nicht. „Es wird also niemand dazu gezwungen“, sagt Bauschert mit Blick auf diejenigen seiner Kollegen, die sich das nicht vorstellen können. „Es ist wichtig, dass das Gewissen entscheidet, aber es geht auch um das Gewissen derer, die eine solche Segnung machen würden.“

Einer, der sich das dagegen nicht vorstellen kann, ist der Flachter Pfarrer Harald Rockel. „Es gibt im Leben Dinge, die schwierig sind“, sagt der Pietist. „Man muss diese Menschen auf jeden Fall seelsorgerlich begleiten.“ Er spricht von Druck, der auf die Kirche ausgeübt werde. „Da würde ich mir, auch vom Dekan, mehr Klarheit wünschen.“ Die Kraft, die eine solche Diskussion kostet, sei in die Begleitung von Kranken und Sterbenden viel besser investiert.

Dekan Vögele hat die „Ulmer Erklärung“ unterschrieben

Das Gespräch der Pfarrer im Leonberger Kirchenbezirk Anfang März dürfte also spannend und kontrovers werden. „Ich kann dem Ergebnis nicht vorgreifen“, sagt der Dekan Wolfgang Vögele. „Ich kann mir aber vorstellen, dass sich eine Mehrheit der Pfarrerinnen und Pfarrer für eine Öffnung ausspricht.“ Dieses Ergebnis werde man dann an den Landesbischof schicken.

Zur Debatte stehe dann auch, ob sich der Leonberger Kirchenbezirk einer Resolution oder Unterschriftensammlung anschließt. Vögele selbst hat bereits die „Ulmer Erklärung“ unterschrieben, genauso wie etwa 40 von 50 Dekanen in Württemberg auch. In diesem von der Ulmer Prälatin Gabriele Wulz initiierten Schreiben wird gefordert, dass öffentliche Segnungen möglich sein sollen. Das letzte Wort hat die Landessynode.