Der Vaihinger Jan-Hendrik Salver war 2008 als Schiedsrichterassistent bei den Olympischen Spielen in Peking. Es wurde die Begegnung mit Messi, Blatter und einer fremden Kultur.

Filder - Als die Olympischen Sommerspiele am 8. August 2008 im Nationalstadion von Peking mit einem großen und rund vier Stunden dauernden Spektakel eröffnet wurden, saßen nicht nur 80 Staats- und Regierungschefs unter den rund 91 000 Zuschauern, sondern auch der Vaihinger Schiedsrichterassistent Jan-Hendrik Salver. „Die Show war schon sehr bewegend, den olympischen Geist zu spüren, sehr beeindruckend. Und als der Basketballer Dirk Nowitzki die deutsche Fahne ins Stadion getragen hat, war da große Bewunderung für ihn “, sagt der inzwischen 52-Jährige. Und er wurde bei all dem obendrein an seinen Großvater erinnert. Der hatte nämlich 36 Jahre zuvor, bei den Sommerspielen 1972 in München, ebenfalls als Zuschauer der dortigen Eröffnungsfeier beigewohnt.

 

Für einen Fußballer ist eine WM höher einzustufen

Allerdings war Salver nicht wie sein Opa als Olympiatourist ins Reich der Mitte gereist – gemeinsam mit Wolfgang Stark und Volker Wezel war er vom Deutschen Fußball-Bund als Schiedsrichtergespann für das olympische Turnier nominiert worden. „Das war unerwartet, aber natürlich genial“, sagt Salver. Zwar sei für einen Fußballer oder einen Fußballschiedsrichter eine Weltmeisterschaft höher einzustufen, dennoch seien die Olympischen Spiele ein absoluter Höhepunkt für jeden Beteiligten. Das habe ihm auch der Auftritt von Lionel Messi und anderen hochdotierten Profi-Fußballern klar gemacht. „Die Jungs können sich mit ihrem Geld alles kaufen – nur keine olympische Goldmedaille“, weiß Salver. Bei den Spielen gehe folglich der sportliche Ehrgeiz weit über alle monetären Sachen hinaus.

Zwei Begegnungen durfte der Bayer Stark mit seinen beiden Assistenten aus Württemberg leiten – die erste in Shanghai zwischen der Elfenbeinküste und dem späteren Olympiasieger Argentinien um den erwähnten Superstar Messi, und zwar schon einen Tag vor der offiziellen Eröffnungsfeier. „Das Fußballturnier beginnt immer früher, weil es sonst bis zur Schlussfeier nicht fertig wäre“, erklärt Salver. Sechs Tage später stand im Arbeiterstadion von Peking die Partie zwischen Nigeria und den Vereinigten Staaten an. „Die Spiele liefen für uns absolut glatt“, sagt Salver.

Probleme gab es an jeder Sicherheitskontrolle

Damit war das Trio dem eigenen Anspruch nach Perfektion auf dem Spielfeld gerecht geworden – nachdem es zunächst Glück gehabt hatte, seine Ausrüstung überhaupt vor Ort gebracht zu haben. Wegen des von den Schiedsrichtern für die eigenen Einsätze mitgeführten akustischen Signalsystems hatte es an jeder Sicherheitskontrolle Probleme gegeben. Mit viel Geduld konnten Salver und Co. aber schließlich die Chinesen davon überzeugen, dass das verdächtig wirkende Konstrukt lediglich ein technisches Hilfsmittel war.

Obschon das deutsche Gespann dann wie gesagt nur zwei Spiele leitete – was auch das mögliche Maximum war –, kam es kaum dazu, sich andere olympische Wettkämpfe anzuschauen. „Wir hatten jeden Tag Training, außerdem Video- und Taktikschulungen. Wir waren komplett ins Turnier eingebunden“, sagt Salver. Schließlich hätte es ja sein können, dass ein Team ausfällt. „Und dann hätte man fit und bereit sein müssen.“

Mit dem Fifa-Präsidenten in der Hotel-Lounge

Gewohnt hat Salver mit seinen Kollegen während der Olympischen Spiele im Fünf-Sterne-Regent-Hotel, das der Weltfußballverband Fifa stockweise angemietet hatte. Da kam es dann auch schon mal vor, dass die deutschen Schiedsrichter gemeinsam mit dem damaligen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter in der Hotel-Lounge ein Fußballspiel im Fernsehen verfolgten. Auch der Austausch mit den Schiedsrichterkollegen über die Konföderationen hinweg sei nett und bereichernd gewesen.

Weitere Begegnungen mit der Sportprominenz gab es vor allem im Deutschen Haus. So hat sich Salver dort unter anderen mit dem deutschen Handball-Nationaltorwart Henning Fritz unterhalten. „Und mit unseren Fußballfrauen um Birgit Prinz haben wir gemeinsam ein Bier getrunken und deren Bronzemedaille gefeiert“, sagt Salver.

Ein paar Kontakte zu Einheimischen gab es auch

Auch von Land und Leuten hat der Vaihinger einiges mitbekommen, wenngleich ihm Peking wie ausgestorben vorkam. „Es hieß damals, dass bis zu 20 Millionen Menschen während dieser zwei Wochen aus Peking ausquartiert worden seien“, erinnert sich Salver. Auf dem Trainingsgelände der Schiedsrichter an einer Uni habe man tatsächliche keine Menschenseele in oder vor den Wohnheimen gesehen. „Das war schon apokalyptisch“, sagt Salver. Ein paar Kontakte zu Einheimischen gab es aber dennoch. Wie zu dem Taxifahrer, der das Trio zum Hotel fahren sollte. Allerdings konnte der Mann mit dem Hotelnamen, dem ihm seine Passagiere in chinesischer Schrift zeigten, offenbar so gar nichts anfangen. „Mit Händen und Füßen hat er uns schließlich vermittelt, dass seine Lesebrille kaputt ist“, sagt Salver. Und weil die wohl so viel kostete wie ein halber Monatslohn des Taxifahrers, haben ihn die Schiedsrichter mit einem großzügigen Trinkgeld unterstützt.

Ein Friseurbesuch für 50 Cent

Und dann gab es da noch diesen unvergesslichen Besuch bei einem Friseur, einen Tag vor der Rückreise nach Deutschland. Auch wenn mangels Haarpracht bei Salver nicht viel zu tun war, über den Preis am Ende war er dann doch sehr verblüfft: 50 Cent inklusive Mehrwertsteuer für waschen, schneiden und föhnen.

Während ihres Aufenthalts haben sich Salver und seine Kollegen auch an die asiatische Küche herangetastet und einiges versucht – mit Ausnahme der gebratene Insekten, die in den Hutongs, den Altstadt-Gassen von Peking, als Snack am Spieß angeboten werden. Grashüpfer, Käfer, Raupen oder Maden. „Die habe ich nicht mal angeschaut“, sagt Salver und lacht.