Vor einem Vierteljahrhundert hat Anne Kunzmann in Zell u. A. eine Schauspielgruppe für Kinder ins Leben gerufen. Etwa 600 Mädchen und Jungen haben im Laufe der Zeit beim Theaterspielen auch für das Leben gelernt.

Zell u. A. - Sie sind so routiniert, als hätten sie erst gestern ihre letzte Probe absolviert. Dabei wohnen die meisten von ihnen nicht mehr in Zell, und auch ihre Zeit in der Theatergruppe Action Pudding liegt schon einige Jahre zurück. Doch die Erinnerung ist taufrisch, mehr noch, es ist heute noch ein Grund für sie, nach Hause zu fahren, wenn die nächste Generation Jungschauspieler ihr Debüt gibt, um anzuknüpfen an gemeinsame Proben und Auftritte. In diesem Jahr haben die Besuche in Zell einen ganz besonderen Anlass: Action Pudding feiert 25. Geburtstag, und Ehemalige bestreiten zu diesem Jubiläum am kommenden Samstag, 9. April, ein Programm mit Höhepunkten früherer Produktionen.

 

Action Pudding, das sind viele, doch ohne Anne und Dieter Kunzmann wäre die Theatergruppe überhaupt nicht zu denken. Um sie kreist das ganze Theatergeschehen in Zell. Seit 25 Jahren. Anne Kunzmann hat die Gruppe 1991 zunächst als Theater AG an der damaligen Grund- und Hauptschule Zell ins Leben gerufen, um ein Praxisprojekt für ihre berufsbegleitende Ausbildung zur Theater- und Spielpädagogin vorweisen zu können. Da ihr die Arbeit so große Freude bereitete, ist sie dabei geblieben und hat auch ihren Mann an Bord geholt. Der sagt, dass er nicht nur ein Getriebener sei. „Zu 75 Prozent mache ich das aus eigenem Antrieb“, versichert er.

Die Proben für die Geburtstagsfeier laufen

Auch Anne Kunzmann hat in all den Jahren nie den Spaß an dieser Arbeit verloren. Noch immer geht sie ganz in ihrer Rolle im Regiestuhl, der eigentlich ein zum Hocker umfunktionierter Pappkarton ist, auf. So mag man es ihr gar nicht glauben, dass sie darüber nachdenkt, mit Action Pudding aufzuhören, sobald sie in den Ruhestand geht. Aber bis dahin ist noch Zeit. Anne Kunzmann ist 61 Jahre alt. Einen ersten Einschnitt hat es aber schon gegeben. Seit 2012 gibt es nur noch ein Kinder-, aber kein Jugendensemble mehr. „Wir sind Großeltern geworden, deshalb schafften wir das nicht mehr“, erzählt Anne Kunzmann.

Laute Musik setzt in der Aula der Grundschule ein. Die Ehemaligen proben für den Auftritt am 9. April eine Szene. Ihre Rollen sind ihnen noch immer vertraut. In diesem Akt geht es um Geheimbotschaften in Songtexten. In Harry Belafontes „Banana Boat“ machen sie ein „dieser Depp“ aus, und in „California Dreamin’“ eine Anneliese Braun. Kirstin Ruoff, mit 29 Jahren die älteste Ehemalige, schwingt den Stecker eines Bügeleisens, als sei es ein Mikrofon, und die übrigen Schauspieler singen und swingen, während der 14-jährige Levi dazu einen Rap improvisiert. Trotz seiner jungen Jahre gehört auch er schon zu den Ehemaligen. In die Theatergruppe sei er gegangen, weil seine Geschwister das auch gemacht hätten, erzählt er. Sein 16-jähriger Bruder Aaron ist auch da. Weil ihn das Theaterspiel so begeisterte, hat ihn Anne Kunzmann für das aktuelle Kinderensemble als Mitarbeiter engagiert.

Viele profitieren heute noch von ihrer „Bühnenerfahrung“

Als Anne Kunzmann die Theater AG gründete, sah sie die Sache natürlich auch unter einem pädagogischen Aspekt. Sie wollte den Kindern – im Lauf der Jahre seien es 500 bis 600 gewesen, schätzt sie – ein Selbstwertgefühl mitgeben, ihnen die Möglichkeit bieten, sich zu erproben und in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Dieses Konzept ist aufgegangen. Alle Ehemaligen bestätigen, dass die Theaterarbeit nachwirkt, sei es bei Präsentationen in der Schule, an der Uni oder im Beruf. Auch die Krankenschwester Stefanie Keller profitiert von dieser Erfahrung. „Ich habe gelernt, etwas auch mal kurz wegzustecken und Kontrolle über meine Stimme und meinen Ausdruck zu haben“, sagt sie. Und Kirstin Ruoff, die 1996 zu der Theatergruppe stieß, fand es reizvoll, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und „nicht nur ich zu sein“.

Die meisten der Stücke, die Action Pudding auf die Bühne gebracht hat, sind Eigenproduktionen. „Mein Mann hat sehr viele Stücke nach den Ideen der Kinder geschrieben“, erzählt Anne Kunzmann. Auch dürfen die Kinder mitreden, wie das Stück aussehen soll. Am Ende aber nimmt Anne Kunzmann die Zügel in die Hand, damit sich alles zum großen Ganzen fügt. „Regie“, so sagt sie, „führe schon ich.“