Ehemann von Wasenwirtin Sonja Merz Abends trägt der Schulleiter Bierkrüge

Zurzeit verbringen Sonja und Konstantin Merz jeden Tag im Festzelt. Foto: privat

Von der Privatschule ins Bierzelt: Konstantin Merz ist der Enkel des Stuttgarter Schulgründers – und der Mann der Gastronomin Sonja Merz. 17 Abende am Stück trifft man ihn auf dem Wasen.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Um ein Uhr in der Nacht kommt Konstantin Merz vom Cannstatter Wasen nach Hause, zieht seine Tracht aus und fällt ins Bett. Am nächsten Morgen muss er wieder früh raus. Um 7.45 Uhr überquert er die Straße zwischen seinem Haus und der Merz-Schule. Er unterrichtet, erstellt Vertretungspläne, konferiert. Am späten Nachmittag zieht er sich wieder die Tracht an, es geht zurück auf den Wasen. Im Zelt begrüßt er bekannte Gäste und „networked“, wie er sagt, bringt halbe Hähnchen an die Tische, räumt Bierkrüge ab bis Mitternacht. Und am nächsten Tag beginnt alles von vorn. So verläuft für Konstantin Merz die Zeit zwischen 23. September und 9. Oktober. Der Schulleiter ist mit der Wasenwirtin Sonja Merz verheiratet. „Sonja hat noch keinen Abiball ausgelassen. Und ich helfe 17 Tage bei ihr mit.“

 

Konstantin Merz ist ein erfolgreicher Mann aus einer ebenso erfolgreichen Familie. Zum Treffen in einem Café in der Stuttgarter City kommt er mit dem Auto. Er trägt eine graue Stoffhose und ein weißes Hemd, den obersten Knopf lässig geöffnet. Er bestellt einen Kaffee und eine Butterbrezel. Zu Hause frühstücke er nie, sagt er. Von sich aus erzählt Merz nicht viel, beantwortet aber offen alle Fragen. Nur das Alter seiner Frau verrate er „natürlich nicht“, sagt er – und meint das ganz ernst.

Konstantin Merz wollte aufs Internat

Konstantin Merz wird 1955 in Stuttgart geboren und wächst im Stadtbezirk Ost auf. Sein Opa ist Albrecht Leo Merz, Gründer der gleichnamigen Privatschule. Auch sein Vater Volker, der im vergangenen Jahr im Alter von 98 starb, ist lange Zeit Chef der Schule. Als einziger von vier Brüdern will Konstantin als Kind lieber aufs Internat statt auf die Merzschule. Er landet in der Eliteschmiede Schloss Salem. Die Zeit sei „gut und interessant“ gewesen. „Der Zusammenhalt war sehr eng, weil man nur in den Ferien heimfuhr, nie an den Wochenenden.“ Mit einigen Mitschülern habe er heute noch Kontakt, manche leben inzwischen im Ausland.

Früher wollte er Schauspieler werden

Als Internatsschüler hat Konstantin Merz einen Traum: Schauspieler werden. Daraus wird nichts. „Ich habe dann doch andere Prioritäten gesetzt.“ Er studiert Romanistik und Sport in Tübingen und München, absolviert sein Referendariat in Esslingen, dann fängt er in der Merzschule an. Heute bekommt er bei den Schultheater-Stücken manchmal einen kleinen Auftritt, das reicht ihm. „Eigentlich ist jeden Tag Theater.“

Früher hatte Konstantin Merz mit der bunten Welt des Cannstatter Wasens so gut wie nichts zu tun. Als Jugendlicher ist er vielleicht mal Boxauto gefahren oder hat ein Magenbrot gegessen. Aber in einem Festzelt saß er noch nie, das war eigentlich nicht seine Welt – bis vor 17 Jahren.

Inzwischen besitzt er drei lange Trachtenhosen und drei kurze, außerdem diverse Hemden und Westen im Trachtenstil. Er kennt jedes Lied, das im Bierzelt gespielt wird. Und er sagt: „Auf dem Wasen findet man eine interessante Mischung der Gesellschaft.“ Ihm gefalle, dass alle gut drauf seien. Ja, heute mache ihm der Wasen Spaß.

Beide waren schon einmal verheiratet

Sonja Merz stammt aus Ravensburg, lebt aber seit 30 Jahren in Stuttgart. Nach einem BWL-Studium wurde sie Gastronomin. Heute ist sie Chefin des Biergartens im Schlossgarten, ihre Stände stehen auf dem Stuttgarter und dem Esslinger Weihnachtsmarkt, sie bietet Eventcatering an und hat ein eigenes Zelt auf dem Cannstatter Volksfest. Es nennt sich „Sonja Merz – Das Zelt mit Herz“. Dazu gehört auch die Schatzi-Bar, eine sich drehende Bar mit Balkon im Obergeschoss. Es gibt Hosenträger, Trachtenstrümpfe, T-Shirts, Teddybären, Krüge und Regenponchos von Sonja Merz zu kaufen. Diese Frau ist eine Marke.

Sonja und Konstantin Merz lernen sich 2005 kennen. Zu dem Zeitpunkt haben beide schon einmal geheiratet, haben Kinder und leben getrennt von ihren Partnern. Durch gemeinsame Freunde werden sie einander in der Zuschauerriege der Stuttgarter Sixdays vorgestellt, einem Radrennen, das es inzwischen nicht mehr gibt. Als Erstes fallen ihm ihre „traumhaften“ blauen Augen auf. „Die sind schon etwas Besonderes“, sagt er. Ihm gefällt auch ihre offene Art, ihr Humor, ihre Lebensfreude.

Bis heute gutes Verhältnis zu Ex-Frau

Das alles ist für ihn ein wahrer Lichtblick – nach einer sehr finsteren Zeit. Denn kurz bevor sich die beiden kennenlernten, ist die 17-jährige Tochter von Konstantin Merz und seiner ersten Frau gestorben. Mit 14 Jahren erhielt das Mädchen die Diagnose Leukämie. Es folgte eine Therapie nach der anderen. „Eigentlich war sie schon dreimal gesundet“, sagt Konstantin Merz. Dann hatte sie einen vergleichsweise leichten Rückfall, bei dem aber die Hirnflüssigkeit betroffen war. „Rebekka hatte keine Chance.“

Schon vor der Krankheit hatten sich Konstantin Merz und seine Frau getrennt. Doch nicht zuletzt der Schicksalsschlag führte dazu, dass sie bis heute ein gutes Verhältnis zueinander haben. „Wir pflegten unsere Tochter bis in den Tod. Das schweißt zusammen“, sagt Konstantin Merz über seine erste Frau. Zusammen haben sie noch drei weitere Kinder: Frederik, der heute das Merz-Internat führt, sowie die Zwillinge Dominik und Benjamin, inzwischen 34 Jahre alt.

Gefunkt hat es im Amici

Auch Sonja Merz bringt aus ihrer ersten Ehe eine Tochter mit in die Beziehung: Katharina, eine Merzschülerin. Als die Mutter mit Konstantin Merz zusammenkommt, protestiert die damalige Drittklässlerin: „Aber Mama, das ist doch mein Schulleiter!“ Später freut sie sich darüber, dass sie nun gleich drei ältere Geschwister auf einmal hat. Heute ist Katharina Renz 24 Jahre alt und Betriebsleiterin des vor allem bei jungen Frauen beliebten Restaurants Avocado Show in Stuttgart.

So richtig funkt es zwischen Sonja und Konstantin Merz aber zunächst noch nicht bei dem Radrennen, sondern erst später bei einem Abendessen im Stuttgarter Restaurant Amici. Eigentlich ist Konstantin Merz an diesem Abend mit einer Bekannten verabredet. Die fragt ihn dann kurz vorher, ob er etwas dagegen habe, wenn sie Sonja mitbringe. Der Rest ist (Liebes-)Geschichte.

Nach Feierabend brauchen beide Ruhe

Recht schnell entschließt sich Sonja Merz, mit ihrer Tochter ins Haus von Konstantin zu ziehen. Doch da ist noch nicht alles nach ihrem Geschmack. „Hier muss was umgebaut werden“, meint sie. Also zieht er erst mal zu ihr. Es dauert zwei Jahre, bis die Umbauarbeiten vollendet sind. „Eigentlich stand zwischenzeitlich nur noch der Weinkeller“, sagt Konstantin Merz.

Eine Gemeinsamkeit des Paares ist der Erfolg. Und dass beide viel arbeiten. Sie kommt auch jenseits der Volksfest-Saison oft erst spätabends nach Hause, weil es in ihrem Biergarten immer was zu tun gibt. Er verbringt auch in den Ferien viel Zeit in der Schule. Wenn die beiden nach langen Tagen heimkommen, brauchen sie vor allem Ruhe. „Wir haben im Alltag so viel mit Menschen zu tun, dass wir manchmal froh sind, mal nicht reden zu müssen“, sagt Konstantin Merz. Stattdessen lesen sie ein Buch, schauen sich etwas im Fernsehen an, hören Musik, trinken Wein. Außerdem stehen sie gerne gemeinsam in der Küche und kochen. „Das beruhigt“, sagt Konstantin Merz. Meistens übernimmt er die Verantwortung am Herd, „ich experimentiere gerne“. Eines seiner „Angebergerichte“, wie er sagt: Lachs im Obstkuchen. Wenn er dann für Freunde und Bekannte Gerichte kreiert, übernimmt sie die Rolle der Gastgeberin. „Organisieren kann sie besser, sie ist strukturierter.“ Auch die Urlaubsplanung übernehme meist vollständig sie. „Dafür bin ich ihr im Sport überlegen.“

Er kocht mehr, sie kümmert sich um Gäste

Konstantin Merz spielt seit seiner Kindheit Hockey, inzwischen in der Ü-60-Nationalmannschaft. Hockey ist ein Familiending, auch der Sohn Frederik hat viele Titel geholt und war Assistenztrainer der Hockey-Nationalmannschaft. An der Merzschule kann man das Sportabitur in den Fächern Hockey oder Tennis absolvieren.

Golf als gemeinsames Hobby?

Früher war Konstantin Merz im Urlaub viel tauchen. Heute reicht ihm das Schnorcheln. In diesem Jahr ließen sie den Sommerurlaub ganz ausfallen, weil sie sich am Knöchel verletzt hatte. Der Haupturlaub steht sowieso erst in den Weihnachtsferien an: Früher gingen sie Ski fahren mit den Kindern, heute fliegen sie in die Sonne.

Momentan sucht das Paar nach einem gemeinsamen Hobby. Vermutlich wird es Golf, sagt Konstantin Merz. Zudem gehen sie gerne essen, vorrangig in italienische oder griechische Restaurants in Gablenberg. Richtig für sich sind sie da selten – „wir treffen ständig Leute, die wir kennen“. Sie haben einen großen Freundeskreis.

Hochzeitsfeier auf dem Cannstatter Wasen

Dementsprechend groß war auch die Hochzeit vor zwölf Jahren. 1200 Gäste feierten mit ihnen. Und wo? Natürlich auf dem Wasen. Einen Tag vor der Eröffnung des Volksfests lud das Paar in Sonjas Festzelt ein. „Das hätte ich früher nicht von mir gedacht“, gibt Konstantin Merz zu. Doch die Gäste schwärmten noch heute von der Feier.

Obwohl Konstantin Merz den Wasen lieben gelernt hat, freut er sich, wenn am 10. Oktober Schluss ist mit dem Trubel. In den Herbstferien will das Paar verreisen – „das brauchen wir dann“. Wohin, weiß Konstantin Merz noch nicht. Die Urlaubsplanung ist ja ihr Metier.

Nächsten Dienstag porträtieren wir Barbara Ertl, die Frau des Chemie-Nobelpreisträgers Gerhard Ertl.

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