Für die Kantorin Gabriele Timm-Bohm und den Organisten Rainer Bohm ist Musik mehr als ein Beruf.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Wie sie zur Kirchenmusik gekommen sind, das wissen die Kantorin Gabriele Timm-Bohm und der Organist Rainer Bohm selbst nicht so recht. „Man rutscht da irgendwie rein“, sagt Gabriele Timm-Bohm. Es habe mit dem Klavierspielen angefangen. Wie auch immer habe man dann die Orgel entdeckt. Und als der Organist mal verhindert war, saß man plötzlich in der Kirche vor den Tasten. „Und es ging. Man hat gemerkt: so viel anders ist es gar nicht“, erinnert sich Timm-Bohm.

 

Bei ihrem Mann war es ähnlich. „Wir sind in den 70er-Jahren auf dem Land aufgewachsen. Da waren Organisten Mangelware“, sagt er. Ständig sei irgendwo irgendwer gebraucht worden. „Mein Vater hat mich schon sonntags von Gottesdienst zu Gottesdienst gefahren, da konnte ich noch gar nicht richtig Orgel spielen“, sagt Bohm.

Am Anfang standen freilich die Eltern dahinter, welche die heutigen Berufsmusiker angetrieben haben. „Aber nur mit Druck geht es nicht. Es muss der Punkt kommen, an dem man entdeckt, dass einem Musik Spaß macht, dass sie einem was gibt“, sagt Bohm. Und wenn sich dann noch die ersten Erfolge einstellen und man bei öffentlichen Aufführungen Beifall bekommt, dann sei man richtig motiviert, sagt Bohm. Diese Erfahrung macht das Ehepaar auch immer wieder bei seinen eigenen Schülern. In Summe sind es fast 400 Sänger, welche in der Kantorei, in der Jugendkantorei oder bei den Kleinen Spatzen sind. Zudem gibt es noch den Posaunenchor.

Kirchenmusiker und Pädagogen

Die Bohms verstehen sich nicht nur als Kirchenmusiker, sondern auch als Pädagogen. Denn sie bringen Laien Noten, Melodie und Rhythmus näher. Manchmal brauche man dafür viel Geduld. Doch oft lohnt sich der Aufwand. „Ich hatte mal einen Jungen in einem meiner Chöre, der sieben Jahre lang einfach nur als Deko dabei war. Der hat nie mitgesungen“, erinnert sich Timm-Bohm. Doch dann sei der Tag gekommen, an dem der Junge bei einem Stück die Hauptrolle singen wollte. „Und auf einmal ging es“, sagt Timm-Bohm. Das war im Hallschlag. 17 Jahre lang waren die Bohms dort Kantoren. Es sei eine Zeit gewesen, die „gestählt“ habe, sagt Timm-Bohm. Jedenfalls seien die sozialen Unterschiede zwischen Vaihingen und dem Hallschlag damals sehr deutlich gewesen. So hätten beispielsweise an dem ein oder anderem Sonntagmorgen Drogenabhängige auf den Stufen zur Kirche gelegen.

Das ist ein Grund, warum die Bohms ihren Umzug auf die Filder nie bereut haben. In den vergangenen zehn Jahren, in denen sie für die Vaihinger Kantorei verantwortlich zeichnen, haben sie sich einen Namen gemacht. Das sei harte Arbeit gewesen. „Man muss bereit sein zu investieren, und es muss Spaß machen. Sonst kann man es lassen“ sagt Gabriele Timm-Bohm. Dabei geschehe vieles von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – sei es das Schreiben von Noten, das Werben von Sponsoren für große öffentliche Veranstaltungen oder auch das Üben. Denn auch ein professioneller Kirchenmusiker muss üben. „Das verstehen viele nicht. Die denken, wir haben das studiert und nun können wir alles“, sagt Gabriele Timm-Bohm.

Studiert haben sie und ihr Mann an der Musikhochschule in Trossingen. Dort haben sich die zwei auch kennen und lieben gelernt. Seit dem Ende ihres Kirchenmusik-Studiums arbeiten sie zusammen. „Das ist klasse, so lang man immer wieder neue Ideen hat“, sagt Rainer Bohm. Mit den Jahren sei man zu einem gut eingespielten Team mit einer effektiven Arbeitsteilung geworden.

„Wir müssen mal nach uns selbst schauen“

Doch nun stehen im Hause Bohm Veränderungen an. Das Ehepaar will sich von September an eine Auszeit gönnen und ein Schuljahr lang „nach sich selbst schauen“, wie es Timm-Bohm formuliert. „Wir haben hier zehn Jahre lang gearbeitet, ohne Rücksicht auf Verluste“, sagt sie. In dieser Zeit sei man kaum dazu gekommen, selbst Musik zu hören, zu schreiben und einzuüben.

Sechs nahezu fertige Werke hat das Ehepaar in der Schublade. Diese sollen nun endlich soweit gebracht werden, dass sie gedruckt und veröffentlicht werden können. „Wir müssen mal nach uns selbst schauen“, sagt Rainer Bohm. Für die Leitung der Vaihinger Kantorei und für das Spielen der Orgel sei für diese Zeit eine gute Lösung gefunden worden. Und nach der Auszeit will das Ehepaar Bohm mit neuer Kraft und neuen Ideen weitermachen.