Im Namen des Volkes urteilt ein Karlsruher Rep-Kreisrat auch in Asylsachen. Auch außerhalb des Gerichtssaals beschäftigt er sich mit Flüchtlingen – aber ganz anders. Wegen teils rassistischer Facebook-Posts drohen ihm Konsequenzen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Karlsruhe - Im Umgang mit „Republikanern“ hat der Landkreis Karlsruhe offenbar kein Glück. Erst vor vier Monaten wurde durch StZ-Recherchen bekannt, dass das Landratsamt ausgerechnet den Rep-Kreisvorsitzenden Werner Zollt mit einem Integrationspreis geehrt hatte. Begründung: seine Hausaufgabenhilfe für die Kinder türkischstämmiger Bekannter. Zunächst verteidigte Landrat Christoph Schnaudigel die Auszeichnung, dann entzog er sie wieder – wegen angeblich nicht bekannter inakzeptabler Äußerungen Zollts.

 

Nun gerät erneut ein Rep-Mann ins Zwielicht, der vom Landkreis für höhere Weihen empfohlen worden war: Rainer Haag aus Waghäusel, einziger Kreisrat der „Republikaner“, hauptberuflich Kranmonteur. Daneben wirkt er als ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht Karlsruhe. Bestellt ist Haag von 2015 bis 2020, gewählt wurde er vom Wahlausschuss des Gerichts, auf Grundlage eines Vorschlags des Landratsamtes, das wiederum auf seine Tätigkeit als Kreisrat verwies.

Zuständig auch für Asylsachen

Das Gericht teilte ihn der 6. Kammer zu, die für Streitfälle aus dem Kreis Rastatt und der Stadt Baden-Baden zuständig ist, für Häftlingshilfe oder Lastenausgleich sowie für Asylsachen aus dem Iran, China und den Balkenstaaten. Zusammen mit den hauptamtlichen Kollegen spricht Haag dort „im Namen des Volkes“ Recht.

Außerhalb des Gerichtssaals beschäftigt sich Haag ebenfalls mit Flüchtlingen – aber ganz anders. Auf seiner Facebook-Seite, entdeckten aufmerksame Bürger, verbreitet er reihenweise Einträge zu Ausländern, zum Islam und zu dem in der Krise versagenden deutschen Staat. Ein besonders übles Posting zeigt zwei Kampfhunde, darüber die Zeile: „Wir fressen nur Mett.“ Unterm Foto folgt die Erläuterung: „Achmett, Mohamett, Mehmett.“ Verfasst wurden die teils offen rassistischen, teils die Demokratie verächtlich machenden Einträge von Anderen, aber er „teilt“ sie eifrig – nicht mit eigenem Kommentar versehen, aber offenkundig zustimmend. Das sei nur als Spaß oder als Information für Freunde geschehen, sagte Haag laut SWR; er habe das nicht so eng gesehen.

Mit der Würde des Amts vereinbar?

Eng sehen könnte die Aktivitäten allerdings das Verwaltungsgericht, das jetzt darauf hingewiesen wurde. Es hat eine Prüfung eingeleitet, ob der ehrenamtliche Richter nicht von diesem Amt zu entbinden ist, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Die Ablösung sei dann geboten, wenn die Berufungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten oder nachträglich entfallen seien, oder wenn der Ehren-Richter seine „Amtspflichten gröblich verletzt“ habe.

Dabei komme es nicht zwingend auf strafrechtlich relevantes Verhalten an, erläuterte der Sprecher. Geprüft werde, ob das Verhalten „mit der Würde des Amts vereinbar“ sei oder das Vertrauen in die Integrität der Person erschüttern könne. Derzeit gebe man Haag Gelegenheit, zu der Sache Stellung zu nehmen; das stehe noch aus. Wie lange die Prüfung dauern werde, lasse sich schwer vorhersagen.

Im Kreistag noch nie zu Wort gemeldet

Das Landratsamt will von den Facebook-Einträgen erst jetzt erfahren haben. Kommentieren wollte der Sprecher von Kreischef Schnaudigel sie nicht: Es stehe der Verwaltung „nicht zu, private oder politische Äußerungen eines vom Volk gewählten Kreistagsmitglieds zu bewerten“. Nach der Landkreisordnung müsse man erst dann tätig werden, wenn ein Kreisrat infolge Richterspruchs seine Wählbarkeit oder die „Fähigkeit zur Bekleidung öffentlichen Ämter“ verliere. Derzeit prüfe man die rechtliche Situation und verfolge den Fortgang der Dinge beim Gericht.

Im Kreistag ist Haag bisher übrigens nicht aufgefallen, weder positiv noch negativ. Er habe sich, so der Sprecher, in einer Sitzung „noch nie zu Wort gemeldet“.