Ein Stuttgarter hilft Kindern in Tansania und Kenia. Seine Firma Kipepeo Clothing ermöglicht Bildung und Zukunftsperspektiven – eine Geschichte voller Herz und Engagement.

Martin Kluck ist ein Mensch, den jeder gerne in seinem Freundeskreis hätte. Er ist sympathisch, hilfsbereit, bringt eine Menge Empathie mit, und man kann sich auf ihn zu 100 Prozent verlassen. Das kann nicht nur sein nahes Umfeld bestätigen, sondern auch viele Menschen in Tansania und Kenia. Seit 2008 hat der Stuttgarter Tausenden Kindern geholfen, eine bessere Schulbildung und Lebensperspektive zu bekommen – mit seinem unermüdlichen Einsatz und seiner Firma Kipepeo Clothing.

 

Der gebürtige Sindelfinger hatte eigentlich andere Pläne für sein Leben. Nach der 10. Klasse auf einem Gymnasium machte Martin Kluck eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Es folgten der Handelsfachwirt und die Arbeit in einem Großhandelsbetrieb. Aber irgendwie war das nicht das Richtige für ihn. Als dann einer seiner ältesten Freunde anrief und ihm von einem sozialen Pilotprojekt in Tansania erzählte, musste er nicht lange überlegen. „Ich wusste eigentlich nichts von Tansania, außer, dass da der Kilimandscharo steht, der König der Löwen dort spielt und Freddie Mercury von der Insel Sansibar kommt“, sagt Martin Kluck. Aber diese Infos haben genügt, um im November 2007 bei seinem Arbeitgeber zu kündigen und nach Afrika zu fliegen.

Anfang 2008 ging es los – auf nach Tansania. „Eigentlich hätte ich dort drei Monate lang in einem Waisenhaus arbeiten sollen. Doch am zweiten Tag waren sie dort schon sehr verdutzt, dass ich wieder da bin. Sie wussten nichts von meinem längeren Engagement und meinten, dass es hier gar nichts zu tun gäbe“, erzählt Martin Kluck. Aber er blieb nicht lange betätigungslos. Durch Zufall lernte er einen Mann kennen, dessen Frau gerade eine kleine Schule gegründet hatte. „Ich habe da Klassenarbeiten korrigiert, Becher gespült und andere Dinge gemacht, die so angefallen sind.“

Dort lernte er auch die siebenjährige Abigail kennen. „Wir hatten denselben Schulweg.“ Eines morgens, während der Regenzeit, habe sie mit Freunden zusammen ihre gehbehinderte Schwester gestützt und ihr geholfen, die nicht betonierten, schlammigen Straßen zu überwinden. „Da habe ich sie schnell Huckepack genommen.“ Aus dieser Geste entwickelte sich eine Freundschaft zur ganzen Familie. Kein Wunder, dass alle sehr traurig waren, als sich Martin Kluck aus Tansania verabschiedete.

Eine Zeichnung geht um die Welt

Abigail hinterließ ihm ein Geschenk, einen Brief in seinem Tagebuch. Sie hatte etwas gezeichnet. Martin war zu sehen und daneben ein Herz. Zurück in Deutschland ließ sich der Stuttgarter das Motiv als Erinnerung auf ein T-Shirt drucken. Der Kontakt zu Abigail und ihrer Familie riss nie ab. Martin Kluck half auch finanziell aus, als die Schulgebühren fällig wurden – auch, wenn er selbst nur wenig Geld zur Verfügung hatte. Da kam ihm eine Idee: Immer wieder wurde er auf sein T-Shirt und die Zeichnung von Abigail angesprochen, wo er das Kleidungsstück denn her habe und ob man das kaufen könne, waren die Fragen. Also besorgte er sich flugs einige kostengünstige Shirts, bedruckte sie und verkaufte sie dann im Freundes- und Bekanntenkreis. Aus einem Motiv wurden mehrere – alles Zeichnungen, welche die Kinder Martin während seines Aufenthalts in Tansania in sein Tagebuch gemalt hatten. Eine Webseite musste her und eine Firma gegründet werden. „Eines der ersten Worte, das mir eines der Kinder in mein Tagebuch geschrieben hat, war Kipepeo, also Schmetterling auf Swahili.“ Die Firma hatte somit einen Namen.

Schnell wurde Martin Kluck klar, dass er spätestens jetzt auch seine T-Shirts anders herstellen muss. „Wenn du auf sozialer Ebene tätig bist, dann solltest du auch drauf achten, dass die Ware vernünftig hergestellt wird.“ Er sei ein Freund von einem ganzheitlichen Wirtschaftskreislauf, in dem jeder im größten Maße von Fairness, Transparenz, Ökologie und Nachhaltigkeit profitiere. Er habe dann recherchiert, ob das in Tansania möglich sei und einen Fabrikanten, der faire Löhne bezahlt mit einer Baumwollkooperative bekannt gemacht, die auf biologischen Anbau setzt. „Und so hat dann alles seinen Anfang genommen.“

Die komplette Wertschöpfungskette beträgt nur 600 Kilometer

Vor etwa zehn Jahren wurde die Konfektionierung dann nach Kenia verlagert. „Wir haben andere Schnitte für unsere T-Shirts für Männer, Frauen und Kinder gebraucht. Wir wollten auch etwas für Babys und Kleinkinder. Das war in Tansania nicht möglich“, erklärt Martin Kluck. „Aber dort hat man mir eine kleine Näherei in Nairobi empfohlen, die Fairtrade zertifiziert ist und auch eine Siebdruckerei hat.“ Der Stuttgarter ist froh und stolz: „Die komplette, textile Wertschöpfungskette vom Biobaumwollanbau bis zum fertig konfektionierten, bedrucken T-Shirt findet bei inhabergeführten Familienbetrieben auf einer Strecke von exakt 600 Kilometern statt.“ Rund 1,5 Tonnen Stoff kauft er pro Jahr. Das sind knapp 10.000 T-Shirts.

Und kann man davon leben? „Schwierig“, sagt der 43-Jährige. „Es ist ein teures Geschäft.“ Die Preise für die Bio-T-Shirtstoffe hätten sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Die Lohnkosten seien höher als beispielsweise in Bangladesch, und auch die Kilowattstunde Strom sei in Kenia verdammt teuer. Allein in 2022 hätten sich die Preise für Frachtkosten von Kenia nach Deutschland fast verdreifacht. „Wir müssen Gas geben, dass wir den Betrieb am Laufen halten.“ Er selbst ist froh, dass seine Lebenspartnerin Lisi als Infektionsepidemiologin genug verdient, „dass es für uns zwei und unseren sechsjährigen Sohn Piet reicht, wenn ich noch ein bisschen was dazugebe“.

Ein neuer Computerraum wurde finanziert. Foto: privat

Reich wird Martin Kluck durch seine Firma sicherlich nicht. Aber darum geht es ihm auch nicht: „Wir machen unsere Shirts von Anfang bis Ende selbst. Wir sind nicht irgend so ein Fair-Fashion-Label, das beim Textilgroßhandel Bio-Shirts einkauft, das Etikett herausschneidet, ein eigenes Etikett rein näht, irgendeinen Digitaldruck darauf klatscht und es für 40 Euro verkauft und sagt, dass es super bio und fair ist, aber keiner weiß, wo es herkommt.“ Eigentlich müsse er 50 statt 40 Euro für ein Shirt verlangen. Aber ob dieser Preis von den Kundinnen und Kunden auch bezahlt werden würde? „Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und ich will da auch jetzt keine Kompromisse eingehen. Ich will nicht jammern. Wir kommen zurecht“, betont Martin Kluck.

Und nicht nur das: Seine Arbeit ist für viele Menschen in Afrika eine sehr große Hilfe. Aktuell hat Kipepeo vier Partnerschulen – zwei in Tansania und zwei in Kenia. Die Projekte und Unterstützung sind vielseitig. Unter anderem konnte mit den Einnahmen aus dem T-Shirt-Verkauf ein neues Küchengebäude und ein Computerraum mit 20 Arbeitsplätzen finanziert werden. „Zudem sind wir natürlich immer offen für Kooperationen, wie zum Beispiel mit der Aktionsgemeinschaft Artenschutz, die sich für Meeresschildkröten einsetzen.“

Kipepeo ist mehrfach ausgezeichnet worden

Das soziale Engagement von Kipepeo-Clothing ist auch international nicht im Verborgenen geblieben. Das Unternehmen wurde mit dem „Making a Difference Award“ von Jane Goodall und mehrfach von der Deutschen Bundesregierung ausgezeichnet. Auch der BIGAS-Award steht im Regal.

Wer Martin Kluck und seine Projekte unterstützen möchte, kann Mitglied im Kipepeo-Club werden. „Er soll uns dabei helfen, durch monatliche Kleinunterstützungen ein finanzielles Grundrauschen zu erzeugen, das es uns ermöglicht, die gestiegenen Kosten zu kompensieren, Projekte zu unterstützen, sichere Arbeitsplätze zu garantieren und unsere Tätigkeit in Ostafrika weiter auszubauen.“