In der evangelischen Kirche hat der vielseitige Stadtdekan Søren Schwesig viele Aufgaben. Das Ehrenamt ist für ihn ein echter Lichtblick. Er ist Juror beim Ehrenamtspreis Stuttgarter des Jahres. Die aktuelle Ausschreibung läuft noch bis zum 23. November.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die These von Kirchenmann Søren Schwesig ist steil: „Es gibt nichts, was ich nicht gerne mache“, behauptet er forsch. Sein beruflicher Aufgabenbereich ist tatsächlich so groß, dass er ohne solchen Enthusiasmus kaum zu bewältigen wäre. „Ich habe drei Hüte auf“, erklärt Schwesig: Er ist Stadtdekan für Stuttgart, geschäftsführender Dekan für die evangelische Kirche in Stuttgart und Gemeindepfarrer in der Gedächtnis- und der Rosenberg-Gemeinde. Da hat er seinen eigenen Seelsorgebereich und steht dort auch auf der Kanzel, spricht tröstende Worte bei Beerdigungen, traut Paare und tauft Kinder. „Einen Søren habe ich allerdings in meiner Laufbahn erst einmal gehabt“, berichtet er schmunzelnd.

 

Auf Umwegen zur Theologie

Dieser Vorname ist hierzulande so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal. Seine Eltern kommen zwar beide aus Deutschland, hatten aber ein Faible für nordische Namen. „Alle sechs Kinder bekamen solche Vornamen.“ Er selbst wurde nach dem dänischen Philosophen Søren Kierkegaard genannt. Dennoch wünschte er sich als Kind eher einen bodenständigen Beruf. Erst wollte er Polizist werden, dann Lehrer, und erst auf Umwegen kam er zur Theologie. Gleich zwei der Schwesig-Kinder traten damit in die Fußstapfen des Vaters, und die Reihe setzt sich fort, denn eine der beiden erwachsenen Töchter von Søren Schwesig hat jetzt ebenfalls ein Theologiestudium begonnen. „Das ist für mich und meine Frau ein Kompliment.“ Die Ehefrau Kathrin Nothacker – die ebenfalls Theologin ist – hatte jetzt, da die Kinder aus dem Haus sind, einen befristeten Auftrag über zwei Jahre bei der Gesellschaft der evangelischen Kirchen in Europa mit Sitz in Wien angenommen. Nun ist die Zeit von Schwesig als Strohwitwer zu Ende: „Ernährungstechnisch wird es jetzt besser“, verrät er lachend, schwärmt davon, dass es schön war, immer wieder in Wien gewesen zu sein.

Englisch als Kindersprache

Von Kindesbeinen an ist der 56-jährige kosmopolitisch vorbelastet, denn aufgewachsen ist er in Schottland. „Schottisch war bis ins Schulalter meine erste Sprache.“ Deutsch verstand er zwar, weil die Eltern mit den Kindern Deutsch redeten, aber aktiv sprechen lernte er es erst in den 1970er Jahren, als die Familie zurückkam und er hier zur Schule ging. „Deshalb spreche ich ohne Akzent, obwohl ich ein Schwabe bin.“ Musik spielte in seinem Elternhaus eine große Rolle, und das ist im Leben der Schwesigs noch immer so. Erst war es die Hausmusik mit Eltern und Geschwistern, dann kamen Chor, Posaunenchor und das Klavier. Letzterem blieb er treu. „Ich war ein schlechter Klavierschüler, kam dann aber irgendwann an Jazz-Noten“ – das war sein Ding. Erst begleitete er andere Musiker, und noch heute komponiert er. Im Keller des Studentenwohnheims wurde er regelmäßig aufgefordert, sich ans Piano zu setzen. „Heute spiele ich oft am Abend einfach so vor mich hin, mit einem Glas Rotwein nebenher. Das entspannt mich.“ Und der heutige Stadtdekan war zwischendurch auch Bassist mit beachtlich langen Haaren in einer Rockband. Im elterlichen Pfarrhaus war man tolerant. „Mein Vater hat nur gesagt: Solange du die Füße unter meinen Tisch streckst, will ich wenigstens noch deine Augen sehen.“

Kabarettist mit Leidenschaft

Die Präsenz auf der Bühne liebt er immer noch, allerdings nicht als Rockmusiker, sondern als Kabarettist. Seit 18 Jahren tritt er zusammen mit dem Ulmer Pfarrer Peter Schaal-Ahlers als Duo Die Vorletzten auf. „Das ist schwierig, wenn man keine Schenkelklopfer produzieren will.“ Er mag Hape Kerkeling, mit manchem anderen Comedy-Star aus der deutschen Szene kann er nichts anfangen. Die Vorletzten sind gefragt, und 2020 sind sie schon gut gebucht. „Man kommt im Leben ja oft in völlig absurde Situationen. Das Stück ist dann eigentlich schon fertig. Man muss es nur noch anonymisieren.“ Die Themen liegen somit auf der Straße, findet er: Männer im Baumarkt haben sie auf die Schippe genommen, ebenso wie die intolerante Gesellschaft, die sich über ein schwules Storchenpaar auf dem Kirchturm aufregt und wegen der vermeintlichen Unmoral einen Sichtschutz um das Nest anbringt. Auf die Juryarbeit für den Ehrenamtspreis Stuttgarter des Jahres freut sich Schwesig, denn als Aufsichtsrat der Evangelischen Gesellschaft (Eva) weiß er das Ehrenamt zu schätzen, denn die Eva ist darauf angewiesen. „Das ist etwas gegen alle Schwarzmalerei, die einen angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung befällt.“ Somit ist es ein echter Lichtblick.

Der Preis

Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung zeichnen ehrenamtlich engagierte Menschen aus. Dazu stiften sie den Preis Stuttgarter des Jahres, der mit insgesamt 18 000 Euro dotiert ist. Gesucht werden sechs Personen, die sich vorbildlich in der Gesellschaft einbringen und deren Engagement eine Motivation und ein Ansporn für Dritte sein soll. Die Projekte sollen sich durch Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektive auszeichnen. Nominiert werden können Einzelpersonen, Schulklassen, Projektgruppen, Verbände, Vereine, Bürgerforen, freie Zusammenschlüsse, Nachbarschaftshilfen, aber keine öffentlichen Institutionen.

So kann man sich bewerben

Fünf weitere Juroren entscheiden neben Rainer Scharr welche Kandidaten als Stuttgarter des Jahres den Preis in Höhe von 3000 Euro erhalten: Kim Renkema ist eine erfolgreiche Bundesliga-Volleyballerin und Teammanagerin von MTV Allianz Volley, Cornelia Ewigleben leitet das Landesmuseum Württemberg, und Søren Schwesig ist der evangelische Stadtdekan. Außerdem sitzen der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, und Frank Karsten, der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Versicherungsgruppe, in der Jury.Das Besondere am Stuttgarter des Jahres ist, dass sich die Kandidaten nicht selbst bewerben können, sondern von einem Paten empfohlen werden müssen. Übrigens: Wer während der vergangenen fünf Benefizaktionen schon mal einen Kandidaten vorgeschlagen hat, kann es gerne noch einmal probieren. Wenn Sie also jemanden kennen sollten, der für Sie ein Stuttgarter des Jahres ist, melden Sie sich bis zum 23. November 2019 bei uns. Schreiben Sie uns, und begründen Sie kurz, warum diese Person aus Ihrer Sicht den Preis verdient hätte. Vergessen Sie nicht, uns Ihre vollständigen Kontaktdaten zu hinterlassen. Kontakt Stuttgarter Zeitung, Ralf Gunkel, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart, oder im Internet unter www.stuttgarter-des-jahres.de oder per E-Mail an stuttgarter-des-jahres@stz.zgs.de.