Dass es so etwas heute noch gibt: Eine Seniorin aus Stuttgart-Rohr hat beim Großeinkauf ihre EC-Karte verloren. Was dann passiert ist, ist wirklich unglaublich.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Rohr - Es sei ihr glücklichster Tag im ganzen Jahr gewesen. Am vergangenen Wochenende bekam Vera Gröhl Besuch von ihren beiden Freundinnen aus dem Schwarzwald. Etwa alle Vierteljahre erledigen diese für die gehbehinderte Rentnerin den Großeinkauf. Bevor es in den Supermarkt ging, holte Vera Gröhl noch mit der EC-Karte bei ihrer Bank die Kontoauszüge. Danach steckte sie die Karte in ihre Manteltasche.

 

„Im Lebensmittelladen war meine EC-Karte weg“, berichtet die Seniorin und fügt hinzu: „Wir haben alles abgesucht: das Auto, beide Parkplätze – nichts.“ Eine verlorene Geldkarte zieht einen großen Aufwand nach sich. „Ich hätte die Karte sperren lassen müssen. Und dann hätte ich alle Daueraufträge und Einzugsermächtigungen ändern lassen müssen“, zählt Gröhl ein paar Dinge auf. Als sie nach einiger Zeit wieder zu Hause war, blinkte der Anrufbeantworter. Vera Gröhl drückte auf das Knöpfchen, und eine freundliche Stimme sagte: „Ich glaube, ich habe Ihre EC-Karte gefunden.“

Der ehrliche Finder war gerade mit der Weihnachtsbäckerei beschäftigt

Vera Gröhl und ihre Freundinnen fuhren sofort los, hin zu der angegebenen Adresse im Lauchhau. Schon von Weitem rochen sie den Plätzchenduft. Sie klingelten, der fast erwachsene Sohn öffnete ihnen die Tür und holte dann seinen Vater. „Der freundliche Adventsengel war gerade beim Gutsle-Backen. Er überreichte mir ein Säckchen mit backofenfrischen Kokosmakronen“, berichtet Gröhl gerührt. Und damit nicht genug. „Völlig untypisch für einen Mann hatte er die EC-Karte mit Tesafilm an der Plätzchentüte befestigt“, sagt die Seniorin und lacht.

Der ehrliche Finder hatte ihre Karte auf dem Parkplatz gefunden. „Wir waren alle happy. Wie erfreulich, dass es auch heute noch solche ehrlichen, hilfsbereiten, freundlichen Adventsengel gibt, wo man doch täglich in der Zeitung über Seniorenbetrüger, Diebe und andere Gauner lesen muss.“ Auch sie selbst habe schon schlechte Erfahrungen gemacht. „Ich gehe an zwei Unterarmkrücken. Mancher versucht, das auszunutzen“, sagt die Seniorin. Zum Glück würden die positiven Erfahrungen überwiegen. „Immer wieder halten mir Menschen die Tür auf oder fragen mich, ob sie mir helfen können.“ Doch das mit der Geldkarte sei etwas Besonderes gewesen. „Das hat zum Advent gepasst. Vielleicht führt meine Geschichte zu einem Nachahmungseffekt“, sagt Gröhl.