Vorne im Grundgesetz stehen die Grundrechte. Darauf können die Deutschen stolz sein. Die Menschen in den meisten Staaten der Welt wären froh, würden ihnen solche Freiheitsrechtezugestanden. Das Grundgesetz ist freilich nur so gut, wie das Bundesverfassungsgericht es zulässt. Ohne das Gericht wäre das Grundgesetz nicht mehr als ein Stück Papier. Wie wichtig das Gericht ist, zeigt sich dort, wo es versagt. Es versagt bei den sozialen Grundrechten, die im Gegensatz zu den Freiheitsrechten gegenüber dem Staat nach wie vor unterentwickelt sind.

 

Trotzdem: so gut die Grundrechte alles in allem sind, so mittelmäßig sind die anderen Grundregeln, nach denen dieser Staat funktioniert: Beim Föderalismus beispielsweise hakt es. Das Grundgesetz ist noch immer ein Exportschlager und doch auch ein Auslaufmodell. Denn seine Bedeutung sinkt in dem Maße, in dem die Bedeutung der Nationalstaaten sinkt. Längst kungeln die Eliten die entscheidenden Fragen Europas und damit Deutschlands in demokratisch nicht legitimierten Runden aus – außerhalb der Reichweite des Grundgesetzes.

Stefan Geiger