Es könnte so einfach sein: Man löse den Bundestag auf, spare damit Unsummen an Abgeordnetendiäten und setze stattdessen ein Gremium von vielleicht fünfzig Experten ein, die die Geschicke des Staates in die Hand nehmen. Parteiengezänk, gebrochene Wahlversprechen und inkompetente Parlamentarier wären Vergangenheit. In einer solchen Technokratie hätten das Ruder stattdessen Fachleute in der Hand, die über das nötige ökonomische Fachwissen verfügen, um das Land in eine strahlende Zukunft zu führen. Ein solcher Vorschlag mag für manche plausibel klingen, neu ist er nicht. Schon der antike Denker Platon forderte, dass in einem idealen Staat Philosophen Könige sein müssten – wobei er unter „Philosophen“ in etwa das verstand, was man heute als „Experten“ bezeichnen würde, also Menschen, die dadurch definiert sind, über wahres Wissen zu verfügen. Nur, wer entscheidet darüber, was wahr oder falsch ist? Ein Blick auf den universitären Betrieb macht schnell deutlich, dass jede Wissenschaft gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass bei ein und demselben Problem widerstreitende Positionen miteinander konkurrieren. Das gilt gerade auch für die Wirtschaftswissenschaften, was man leicht vergessen kann, weil hierzulande eine Schule – die Angebotstheorie – praktisch ein Monopol innehat. International sieht das anders aus, weshalb Merkels Austeritätspolitik von manch prominentem US-Ökonomen kritisiert wird. Letztlich geht es hier immer auch um politische Auseinandersetzungen, an deren Ende Gewinner undVerlierer stehen; keine Wissenschaft und kein Experte kann da einen neutralen, über denVerhältnissen schwebenden Standpunkt für sich reklamieren.

Daniel Hackbarth