Die Forderung nach einem Selbstbestimmungsrecht der Frau ist älter, als man meinen könnte. Bereits im 18. Jahrhundert traten etwa die Philosophin Mary Wollstonecraft oder der Frühsozialist Charles Fourier der Unterdrückung der Frau entgegen. Richtig Fahrt nahm die feministische Bewegung in den sechziger Jahren auf. Heute indes haftet dem Begriff etwas Altbackenes an – was verwunderlich ist, weil etwa die nach wie vor bedeutenden Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen zeigen, dass faktisch noch lange keine Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herrscht. Das große Verdienst des Feminismus liegt weniger darin, ein Abtreibungsrecht oder Frauenquoten erkämpft zu haben, als vielmehr in dem Umstand, die Geschlechterverhältnisse politisiert zu haben. Dadurch, dass Frauen gegen patriarchale Unterdrückung auf die Straße gingen und mit Lebensformen jenseits der Familie experimentierten, wurde deutlich, dass das traditionelle hierarchische Verhältnis zwischen Mann und Frau nicht natur- oder gottgegeben ist, sondern auch anders gestaltet werden kann. Bestimmte Lebensbereiche dem politischen Zugriff zu entziehen, indem man sie naturalisiert, ist per se undemokratisch. Gerade dort, wo Ungleichheiten mit dem Verweis darauf legitimiert werden, dass diese „von Natur aus“ bestünden und daher unveränderlich seien, ist Ideologie im Spiel.

Daniel Hackbarth