Es kommt nicht häufig vor, dass ein Theoretiker mit einem Schlagwort eine ganze Debatte prägt. Ulrich Beck ist das in den 1980er Jahren, in Zeiten von Tschernobyl, mit der „Risikogesellschaft“ gelungen, Colin Crouch ist dasselbe mit seinem 2004 veröffentlichen Buch „Postdemokratie“ geglückt. Die These von der Postdemokratie besagt, dass die westlichen Gesellschaften durch die Aushöhlung demokratischer Prozesse charakterisiert sind.

 

Ausdruck finde das etwa darin, dass Wahlen zum PR-Spektakel verkommen und politische Konflikte zu Gunsten eines technokratischen Regierungsstils verdrängt werden. In Maggie Thatchers Satz „There is no alternative“, der durch Angela Merkel eine Neuauflage erlebt hat, würden sich diese Symptome verdichten. So werde unter dem Deckmantel vermeintlich fehlenden Gestaltungsspielraums de facto immer eine bestimmte Politik durchgesetzt, und zwar jene, welche die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben forciert.

Die belgische Philosophin Chantal Mouffe entgegnet der Rede von der Alternativlosigkeit, dass das Politische gerade durch Konflikte gekennzeichnet sei, die sich eben nicht technokratisch entscheiden lassen, sondern in denen prinzipiell unversöhnliche Standpunkte aufeinandertreffen. Gerade in essenziellen Auseinandersetzungen habe ein Schlichtungsverfahren keinen Sinn. An welchen Experten sollte man denn die Frage delegieren, was unter einem „guten Leben“ zu verstehen sei? Demokratie besteht Mouffe zufolge darin, Konflikte zivilisiert auszutragen, statt zu verdrängen.

Daniel Hackbarth