Hans-Dieter Siebel aus Hemmingen baut in der heimischen Werkstatt historische Musikinstrumente nach. Das Besondere: Diese dürfen auch gespielt werden.

Hemmingen - Die Drehleier holt Hans-Dieter Siebel am Tag der Eröffnung seiner Ausstellung mehrmals aus der Vitrine. Die einen Besucher wollen das Musikinstrument erklärt bekommen, andere wollen es spielen. Schließlich ist die Drehleier ein historisches Saiteninstrument, vor mehr als 1000 Jahren wurde sie entwickelt – oder wie der Instrumentenbauer Hans-Dieter Siebel es formuliert: „Meine Instrumente sind spielbar, im Gegensatz zu den Originalen in den Museen.“

 

Der 83-jährige Hemminger baut seit mehr als 25 Jahren aus Ahorn, Fichte oder Zedernholz historische Instrumente nach, darunter viele Drehleiern, er stellt aber auch Gemshörner her. Die Dulziane – flötenähnliche Holzblasinstrumente – dagegen hat er „unfertig im Rohbau“ bekommen und vollendet. Den Großteil seiner Sammlung zeigt Siebel seit Sonntag in der Jahresausstellung „Musikinstrumente aus Renaissance und Barock“ im Etterhof. Siebel ist Mitglied im ortsgeschichtlichen Verein Hemmingen, der das Museum betreut. Die Schau ist die erste des 83-Jährigen. Die Bewunderung der Besucher für sein handwerkliches Geschick scheint ihm nicht so recht geheuer zu sein. Natürlich sei er stolz über die Möglichkeit auszustellen und das Interesse der Bürger, sagt der gebürtige Siegerländer (Südwestfalen), winkt dann aber sofort ab: „Der Rummel ist bald vorbei.“

Ein Orchester löst die Faszination aus

Hans-Dieter Siebel sagt, dass es ihm Spaß mache, Instrumente nachzubauen. Musik liebt der gelernte Entwicklungsingenieur schon als Jugendlicher. An den Tag, der seine Begeisterung geweckt hat, erinnert er sich noch genau: „In meiner Zeit am Gymnasium war einmal das Siegerland-Orchester zu Gast. Bevor die Musiker gespielt haben, haben sie jedes Instrument einzeln vorgestellt. Das war wahnsinnig spannend“, sagt Hans-Dieter Siebel, der bis heute Klavier und Akkordeon spielt. Seitdem beschäftigt er sich mit der Geschichte, Technik und Gestaltung von Musikinstrumenten. Er hat viele Museen besucht, noch mehr Fachliteratur gelesen und sich Laienspielgruppen angeschlossen.

Ein Gemshorn, sagt der 83-Jährige, kostet mehrere Hundert Euro. Aus Kostengründen hat er beschlossen, selbst eines zu bauen. Er buchte einen entsprechenden Kurs über zwei Tage. „Mein Hotelzimmer hatte ich jedoch länger“, sagt Hans-Dieter Siebel. Was also tun mit der freien Zeit? Kurzerhand habe er sich mit dem Bau von Drehleiern beschäftigt – zumal er auch schon immer leidenschaftlich gern aus Holz Spielzeug und Möbel für seine Familie schreinerte. „Ich habe meine zwei Lieben, die Musik und das Arbeiten mit Holz, verbunden“, sagt Siebel und grinst.

Instrumente sind im ganzen Haus verteilt

Heute hat er mehr als 30 Instrumente nach- oder fertiggebaut. In seinem Haus hat Siebel sich eine Werkstatt eingerichtet. Er schätzt, dass er für ein Instrument mehr als 80 Stunden braucht. Seine Schätze hat er „überall im Haus“ verteilt. „In der Ausstellung sehe ich die Instrumente zum ersten Mal auf einmal“, sagt der 83-Jährige. Die Flöten in den Vitrinen sind allerdings Leihgaben. „An Flöten habe ich mich bislang nicht herangewagt“, sagt Siebel. Die Instrumente hätten „schwierige weil zylindrische Bohrungen“ und benötigten spezielle Werkzeuge. Zeit zum Reinarbeiten bleibt dem 83-Jährigen kaum. Momentan widmet er sich einem unfertigen Barockfagott, dessen Vorläufer der Dulzian ist.

Jahresausstellung Die „Musikinstrumente aus Renaissance und Barock“ sind bis zum 28. Oktober im Etterhof in Hemmingen zu sehen – sonntags von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.