Donald Trumps Äußerungen zur künftigen China-Politik haben die Machthaber in Peking alarmiert. Der künftige US-Präsident kündigt an, jahrzehnte lang geltende Konventionen aufzubrechen. Das passt zu weiteren Entscheidungen Trumps.

Peking - Das politische Koordinatensystem in Ostasien verschiebt sich unter einem Präsidenten Trump – das gilt bereits als sicher. Der Immobilienmilliardär verändert jetzt schon ein Geflecht von Regelungen, mit denen die Region jahrzehntelang gut gelebt hat. Taiwan hat sich faktischer Unabhängigkeit erfreut und kräftig in China investiert. Die USA unterhielten Beziehungen sowohl zum demokratischen Taiwan als auch zur weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft China. Peking wiederum sonnte sich in dem von allen Seiten garantierten Alleinvertretungsanspruch unter der Ein-China-Politik.   Nun stellt Trump die Grundlage dieser Konstellation infrage, indem er von der Ein-China-Politik abrückt.

 

Trump hat dabei nach eigener Aussage ein konkretes Ziel: bessere Handelsbedingungen mit China, um seine Wahlversprechen zu erfüllen. Entsprechende Verhandlungen dürften jedoch die Kompromissbereitschaft von Präsident Xi Jinping bis zum Äußersten strapazieren. Schließlich geht es China selbst wirtschaftlich auch nicht mehr so gut wie noch vor wenigen Jahren.   In Ostasien stellen sich jetzt Politiker, Wissenschaftler und Journalisten die Frage: Weiß Donald Trump, was er anrührt, wenn er die Ein-China-Politik infrage stellt? Vermutlich ja – zumindest betont er selbst in dem Interview, sich informiert zu haben.

Kissinger gibt Ratschläge

Der amerikanische Diplomat Henry Kissinger hatte ihn zudem Mitte November im Trump-Tower besucht und mit ihm über China gesprochen. Kissinger dürfte ihn dabei mit Sicherheit über die Eckpunkte der von ihm selbst entworfenen US-Politik informiert haben. Trump hat die Provokation also vermutlich in vollem Bewusstsein ihrer Tragweite ausgesprochen. Bei der Sprachregelung, es gebe „nur ein China“, hatte es sich um eine Voraussetzung für die Entspannungspolitik gehandelt, mit der Trumps Vorgänger Richard Nixon in den 70er Jahren Beziehungen zu China nach langer Funkstille herstellte.

Nixon mag heute für seine wenig demokratische Amtsführung bekannt sein, doch als Außenpolitiker hat er Bedeutendes geleistet. Er hat sich unter anderem mit der Sowjetunion auf Rüstungsbegrenzung geeinigt und die DDR-Politik von Willy Brandt unterstützt.   Diktator Mao Tse-tung war Anfang der 70er Jahre ebenfalls daran interessiert, mit den Amerikanern zu reden. Doch ein ganz entscheidendes Faktum stand jeder Annäherung im Weg: Die USA erkannten damals immer noch das kleine Taiwan als das eigentlich China an. Nach dem Sieg der Kommunisten 1949 war die bürgerliche Regierung des Landes auf die Insel vor dem Festland geflohen. Dort gab sie sich weiterhin der Illusion hin, einen Anspruch auf Kontrolle des ganzen chinesischen Gebiets von Sibirien bis zur Südsee zu haben. Indem Nixon sich von dieser überkommenen Illusion löste, konnte er nach Peking reisen, Mao die Hand schütteln und den Dialog aufnehmen.

Die Realität in der Region ist kompliziert

Die komplizierten Sprachregelungen und Spitzfindigkeiten liegen heute jedoch wie Spinnweben über der Realität in Ostasien. China und die USA sind im 21. Jahrhundert die Rivalen um die Vorherrschaft im Pazifik. Tatsächlich wäre es ein interessanter Schachzug für einen US-Präsidenten, die seit Jahrzehnten eingefahrenen Konventionen aufzubrechen – so wie Nixon das seinerzeit ebenfalls gemacht hat.   Trump gilt als harter Verhandlungspartner. Nun steigt er extrem steil in den von ihm bereits angekündigten Handelsdisput mit der Exportmacht in Fernost ein. Genau, wie er im Wahlkampf angekündigt hat, wird er „China hart anzufassen“. Das passt zu weiteren Entscheidungen, die von seiner Seite derzeit offenbar anstehen. So will er John Bolton mit einer hochrangigen Führungsrolle im Außenminister betrauen. Bolton war führender Diplomat unter dem jüngeren George Bush.   Kürzlich hat er sich dafür starkgemacht, China mehr eigene Härte entgegenzusetzen.