Gerhard Polt, einer der größten deutschen Humoristen, wird am Montag siebzig Jahre alt. Begonnen hat er seine Karriere in Hildebrandts „Scheibenwischer.

Stuttgart - „Polt ist ein Ereignis“ hat Loriot einmal über den grantelnden Philosophen aus Bayern geschrieben. Polt selbst sieht das nicht so. „Ich würde nie eine Autobiografie über mich schreiben wollen. Da bin ich mir selber zu uninteressant.“ In Interviews sträubt er sich fast schon ein wenig trotzig gegen alle Fragen, die ihn auch nur annähernd persönlich betreffen.

 

Zu dem Buch „Gerhard Polt – und auch sonst“, das sein Stammverlag Kein und Aber zu seinem heutigen siebzigsten Geburtstag herausgibt, hat er sich denn auch mehr breitschlagen lassen als bereit erklärt. Im Gespräch mit der Fotografin und Polts alter Bekannten Herlinde Koelbl bricht sich auch durchweg sein Unwillen zur Selbstreflektion Bahn. „Ich bin mir selber nicht das Objekt des Interesses. Mich interessieren Leute, mich interessiert das Leben, ich geh’ rum. Aber mich mit mir selber zu beschäftigen. . . ich bin kein Sucher.“

Aber ein Beobachter. Die Objekte seines Interesses: Fleischverkäufer, Banker, Touristen, Rechthaber, Egomanen und andere Kleingeister. Polt schlüpft nicht nur in die Rolle dieser Figuren, er verkörpert sie – mit einem unnachahmlichen mimischen, gestischen und sprachlichen Einsatz. „Das Verkörpern, das Personifizieren einer Malaise hat eine ganz eigene Kraft“, sagt er zu Herlinde Koelbl. „Ich glaube, dass ich von einem Valentin, von einem Hildebrandt, auch von einem Loriot manchmal mehr bekommen habe, um die Menschen zu begreifen, als von manchen Psychologen.“

Eine derbe Wortwahl und bayrische Kraftausdrücke

Evangelisch getauft, wuchs Gerhard Polt in Altötting und in München auf. Er studierte in München und in Schweden Geisteswissenschaften. 1976 trat er zum ersten Mal mit einem kabarettistischen Programm auf. 1979 startete der ARD-Zwölfteiler „Fast wia im richtigen Leben“. Es folgten Auftritte in Dieter Hildebrandts „Scheibenwischer“. Polts erster Spielfilm „Kehraus“ war genauso ein Erfolg wie seine Bühnenprogramme an den Münchner Kammerspielen oder am Staatsschauspiel, oft zusammen mit der Musiktruppe „Biermösl Blosn“. 1988 kam sein Film „Man spricht deutsh“ in die Kinos, in dem das deutsche Urlauberspießertum vorführt. Seit 1971 lebt er als Vater eines erwachsenen Sohnes am Schliersee.

Das Allzumenschliche, das Gefährlich-Gemütliche, das Tumb-Ignorante, das Banale und das Abgründige, das treibt Polt um. Oft derb in der Wortwahl und garniert mit bayrischen Kraftausdrücken („Herrschaftszeitenmalefiz“, „Hundskrüppel“, „Brunzkachel“), spießt er sie auf, die als Harmlosigkeit getarnten alltäglichen Grausamkeiten. Legendär sind seine Sketche „Nikolausi“ und „Mai Ling“. Dabei ist Polt nie herablassend oder verletzend, er weiß genau, dass er im selben Boot sitzt: „In jedem Menschen steckt ein Raubtier. Alle Möglichkeiten wie Schadenfreude, Leichtfertigkeit, Aggressivität kenne ich auch, sonst könnte ich das gar nicht darstellen.“