Wolfgang Kimmig-Liebe reist als Nikolaus durch die Welt und macht Menschen glücklich. Einfach ist seine Mission nicht. Er geht auch dorthin, wo es wehtut und wo es gefährlich ist. Sein Engagement hat sich bis zum Papst rumgesprochen.

Rohr - Ein Lächeln. Ein Augenblick. Ein wenig Freude und Frieden. Das ist das, was Wolfgang Kimmig-Liebe antreibt, das, was er bewirken will. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist der Mann auf seiner Mission. Als der liebe Nikolaus geht er nicht nur in Kindergärten und macht die Kleinen glücklich. Nein, er geht auch dorthin, wo es wehtut: ins Krankenhaus, ins Hospiz, in Krisenregionen. Hört zu, hält Hände, spendet Trost. „Ich möchte ein Zeichen der Hoffnung und des Friedens bringen“, sagt der 63-Jährige. Und das hat er sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht.

 

Mit Schokolade im Gepäck reist er auch nach Israel und in den Gazastreifen. Einfach ist seine Mission dort nicht. Mit einem gepanzerten Wagen und einem Fahrer ist er dann unterwegs. Bei einem seiner Besuche – so erzählt er – war er so auf dem Weg in ein Kinderkrankenhaus, als sie an einem Marktplatz im Gazastreifen vorbeikamen. Die Männer dort räumten gerade Trümmer beiseite, denn es hatte am Abend zuvor einen Bombenanschlag gegeben. Kimmig-Liebe stieg in seinem Nikolausgewand aus – gegen den Rat seiner Begleiter. „Ich komme in Frieden“, rief er den Männern entgegen. Und: „Ihr habt keinen Krieg verdient. Niemand hat einen Krieg verdient.“ Das Misstrauen der Männer wich und der Nikolaus konnte einen ganzen Sack mit Schokolade verteilen. „Es hat meinen Mut gebraucht, die Tür des Autos aufzumachen“, sagt Kimmig-Liebe. Doch wenn er der Nikolaus ist, dann ist er ein anderer: „Dann spüre ich keinen Schmerz, dann bin ich im Tunnel.“

Ein freundliches Wort auf den Lippen und Schokolade im Gepäck

Das funktioniert auch bei ihm zu Hause in Rohr: Wenn dieser stattliche Mann mit seinen 1,98 Metern sein Nikolausgewand anzieht, seinen Bart zurechtrückt und die Bischofsmütze aufsetzt, dann spielt er keine Rolle – nein, er verwandelt sich. Das sagt auch seine Lebensgefährtin Karin Nagel, mit der er zusammen in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung wohnt. „Ich habe mich am Anfang fast schon erschreckt“, sagt die Rentnerin, die seit fünf Jahren an seiner Seite steht. Dann, im Gewand, ist die Stimme tiefer, der Habitus anders, die Schritte sind gewählter.

Das funktioniert auch, wenn er sein Gewand eigentlich nur für ein paar Fotos für die Zeitung anzieht. Mit der Würde eines Bischofs aus dem dritten Jahrhundert schreitet er zwischen den Hochhäusern auf der Rohrer Höhe hindurch, erfreut ein Mädchen im Kindergartenalter mit ein wenig Schokolade und macht auch gleich Selfies mit ihr und der Mutter. Zielstrebig führen ihn seine Schritte in Richtung Autobahnbrücke. „Mal sehen, wie die Autos heute reagieren“, sagt er durch seinen weißen Bart hindurch.

Und siehe da: Kaum, dass Wolfgang Kimmig-Liebe, nein, besser: der Nikolaus auf der Brücke sichtbar wird, gibt es schon von unten ein Hupkonzert. Der Brummifahrer mit den Möbeln auf der Ladefläche lässt seine laute Hupe ebenso ertönen wie der vorbeifahrende Geschäftsmann, die Reisenden aus Nachbarländern. Winkend steht Kimmig-Liebe in seinem Gewand minutenlang da, sichtlich erfreut über seine Wirkung. Auch ein Spaziergänger, zwei Jogger lächeln. „Ja, ist denn heut schon Weihnachten?“, fragt ein älterer Mann. Der Nikolaus hat stets ein freundliches Wort auf den Lippen und Schokolade im Gepäck.

Eine besondere Begegnung hat aus ihm einen anderen Menschen gemacht

Und das bereits seit 34 Jahren. Eigentlich war Wolfgang Kimmig-Liebe Kfz-Meister und hat auch jahrelang in seinem Beruf gearbeitet. Doch eine besondere Begegnung hat aus ihm einen anderen Menschen gemacht. Es war das Jahr 1984 und seine Mutter Hildegard Kreuter lag wegen einer Gallenstein-OP im Böblinger Krankenhaus. Neben ihr lag eine hochbetagte Frau, die nur an die Decke starrte, nichts redete und auch nicht auf Besuch reagierte. Kimmig-Liebe tat das, was er mit seiner Art schon damals tun musste: Er setzte sich zu der Frau ans Bett, strich ihr über den Arm und sagte: „Wird doch alles gut.“ Da sah sie ihn an und sagte nur: „Weihnachtsmann.“ Seine Mutter fügte dann noch hinzu, dass er schon allein wegen seiner Größe einen guten Nikolaus geben würde. Da war die Saat in ihm gelegt.

Ursprünglich, so erzählt der Mann mit den freundlichen Augen, sollte er sich gar nicht mit diesem Gedanken anfreunden. Doch dann kaufte er sich für acht Mark ein Weihnachtsmannkostüm beim Spielwaren Kurtz und besuchte verkleidet ein paar Kindergärten. Als er die Augen der Kinder dabei sah, diese Ehrfurcht und Freude – das hat ihn damals angespornt weiterzumachen. Ein Jahr später kaufte ihm seine damalige Frau ein Buch über den Nikolaus aus Myra. „Ich habe so viel über den Nikolaus erfahren, dass mein Interesse nicht mehr beim Weihnachtsmann, sondern beim Nikolaus lag.“ Sein Engagement über die Jahrzehnte – zunächst neben seinem Beruf, später hauptberuflich – hat sich schließlich bis zum Papst durchgesprochen. Benedikt XVI. hat Kimmig-Liebe im Jahr 2007 in Rom zum Nikolaus gesegnet und hat ihn damit anerkannt als Nachfolger des Heiligen Nikolaus. Und wenn er einmal stirbt, so wird er genauso wie sein großes Vorbild in der Nikolauskirche in Myra in der Türkei beigesetzt. Doch bis dahin ist er unermüdlich unterwegs in seiner Mission, mehr Liebe in die Welt zu bringen.

Wer mehr über den lieben Nikolaus erfahren möchte, kann sich im Internet unter der-liebe-nikolaus.de informieren. Regelmäßig ist Wolfgang Kimmig-Liebe als Nikolaus unterwegs. Das Hospiz in Stuttgart besucht er am 17. und 18. Dezember. Am 19. Dezember ist er in der Stuttgarter Nikolauskirche.