Am Wochenende ist Champions League angesagt. Nicht nur im Fußball – auch im Handball beim Final Four in Köln. Dort gilt der FC Barcelona als Favorit auf den Titel – aber die Konkurrenz ist größer als in der heimischen Liga.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Barcelona/Stuttgart - FC Barcelona steht für Ruhm und Reichtum. Dennoch werden die Handballer des Vereins einen kleinen Kulturschock bekommen, wenn sie an diesem Wochenende zum Final Four der Champions League in Köln einlaufen. Denn die dortige Lanxess-Arena verkörpert reichlich Glanz im Vergleich zum eigenen Palau Blaugrana (blau-dunkelroter Palast), nur einen Steinwurf entfernt vom berühmten Camp Nou der Fußballer. Hier sind die anderen Sparten wie Futsal, Basketball oder eben Handball untergebracht. Die Halle aus dem Jahr 1971 ist zwar sagenumwoben, vermittelt aber eher einen morbiden Betoncharme. Das ändert sich auch nicht bei den Spielen, im Gegenteil. Zuschauerzahlen im dreistelligen Bereich sind keine Seltenheit, mehr als 2000 Besucher schon ein Spitzenwert, zumindest in der Liga.

 

Anders sieht es in der Champions League aus, da kamen im Viertelfinal-Rückspiel gegen HB Nantes 5278 Besucher. Kein Wunder: Auf dem internationalen Wettbewerb liegt der Fokus einer gesamten Saison. „Das Final Four war unser wichtigstes Saisonziel“, sagt Kreisläufer Ludovic Fabregas, „natürlich wollen wir dort auch den Pokal gewinnen.“ In diesem Jahr gibt’s noch einen besonderen Anreiz, neben 150 000 Euro Siegprämie. Das Turnier wird bereits zum zehnten Mal in Köln ausgetragen – und Barça kann zum zehnten Mal den Titel holen, la Dezima.

Barca in Spanien ohne Konkurrenz

Zumindest nach katalonischer Zählweise. Der europäische Verband nämlich rechnet den Landesmeistertitel von 1992 nicht dazu. Sei’s drum. Bei den Buchmachern jedenfalls sind die Spanier Favorit, doch das muss nichts heißen in dem erlesenen Teilnehmerfeld mit Vezprém, Kielce und Halbfinal-Gegner Skopje, das nach dem teilweisen Rückzug seines Sponsors auch um die eigene Zukunft spielt. Das Schicksal der Insolvenz traf 2013 schon Ciudad Real, den einstigen und einzigen Konkurrenten von Barça in Spanien, der wegen Steuerschulden den Betrieb einstellen musste, seither wurde der FC Barcelona neunmal ungefährdet Meister (2019 nur mit einem Minuspunkt). Diese Titel – dazu kommen 23 im Pokal – sind gut fürs Selbstverständnis der Katalanen. Dauerrivale Real Madrid dagegen setzt seit 1959 neben Fußball komplett auf Basketball, das mit mehr als 40 Millionen Euro pro Jahr querfinanziert wird. Das macht der FC Barcelona eben auch im Handball, wenngleich die Zahlen geringer sind als bei den populäreren Korbjägern (37 Millionen Euro).

Der finanzielle Aspekt ist Grund dafür, dass der Verein immer wieder prominente Profis in die Handballdiaspora Spanien locken kann, so ist der isländische Ausnahmespielmacher Aron Palmarsson (einst THW Kiel) nach einer Eingewöhnungsphase nun voll angekommen im Club und sagt: „Seit meinem 15. Lebensjahr wollte ich für Barcelona spielen, ein Traum wird wahr.“ Wobei neben der Lebensqualität eben auch die geringere Belastung in der Liga Asobal für viele Spitzenhandballer längst ein Argument ist.

Knorr zieht es nach Minden

Doch es gibt im Transfermarkt auch Gegenverkehr. Das deutsche Talent Juri Knorr (19) gab dieser Tage seinen Wechsel zu GWD Minden in die Bundesliga bekannt, nachdem er zuletzt vor allem in der zweiten Mannschaft von Barça spielte, aber gelegentlich auch oben reinschnuppern durfte. Ansonsten genoss er die Ausbildung in der Trainingsschmiede, in der einst auch ein Lionel Messi groß geworden ist. Sein Fazit: „Das war ein bedeutsamer Schritt in meiner sportlichen und persönlichen Entwicklung. In La Masia werden Kameradschaft, Bescheidenheit und Respekt als Grundwerte der Barça-Familie vermittelt.“

Daraus entspringt auch das Eigengewächs Aleix Gomez (22) als Rechtsaußen, der ein wenig den Umbruch verkörpert gegenüber 2015 beim vorerst letzten Sieg in der Champions League mit Stars wie Nikola Karabatic. „Wir haben jetzt eine andere Art von Team. Diese Spieler haben viel Qualität, sind aber noch sehr jung“, sagt Trainer Xavis Pascial – der ebenfalls einen Zehnerpack verkörpert und seit 2009 im Amt ist, im Fußball eine eher undenkbare Konstellation. Dabei gibt es noch eine interessante Querverbindung im Club: Der ehemalige Manager der Handballer Xavier O’Callaghan sitzt jetzt in New York, um den Gesamtverein in den USA zu vermarkten – Handball wird dabei eine eher untergeordnete Rolle spielen.

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