Eine Technik nicht nur für Halloween: Das JRK trainiert das Erkennen von Wunden durch Schminken.
Weil der Stadt - Wenn Emil Hermann bei seinem Gegenüber die rote Farbe auspackt und ihm eine grausige Wunde aufschminkt, dann hat das nichts mit Halloween zu tun, sondern hat einen ernsten Hintergrund. Emil Hermann ist Jugendleiter beim Jugendrotkreuz (JRK) in Weil der Stadt. Dort lernen die jungen Mitglieder auch etwas über das Erkennen und Behandeln von unterschiedlichen Wunden – von Stichverletzungen über Knochenbrüche bis hin zu Verbrennungen. Und das lernt man am besten, wenn man den „Verletzten“ direkt vor sich hat.
Nichtsdestotrotz ist die Technik die Gleiche, wie sie bei Film und Theater oder eben auch zu Halloween und Fasching zum Einsatz kommt. „Eines unserer Mitglieder hat sich die Sachen zu Halloween auch schon einmal für zu Hause ausgeliehen“, erinnert sich die Gruppenleiterin Lisa Werdon und muss schmunzeln. Denn die Jungen und Mädchen vom Jugendrotkreuz lernen nicht nur, die Wunden zu erkennen, sondern sie auch selbst zu schminken. Bei JRK-Wettbewerben ist das sogar eine eigene Kategorie.
Erlernen der Ersten Hilfe
Das JRK ist die Jugendorganisation des Deutschen Roten Kreuzes. Die Weiler Mitglieder, alle zwischen sechs und 17 Jahren alt, treffen sich wöchentlich – seit Corona auch mal nur digital. Wie in jedem Verein geht es darum, gemeinschaftlich etwas zu unternehmen mit Ausflügen, Filmabenden und dergleichen, gleichzeitig werden die Mädchen und Jungen an die Arbeit des DRK herangeführt. Dazu gehört auch das Erlernen der Ersten Hilfe. Und im Fall der Wunden-Erkennung soll das möglichst anschaulich passieren.
„Jeder Gruppenleiter weiß grob, wie das gemacht wird“, erklärt Emil Hermann. „Wir haben dafür sogar eine extra Fortbildung gemacht, weil wir das für wichtig halten.“ Zu ihrem „Repertoire“ gehören Stichwunden, Knochenbrüche, Schürfwunden, Reißverletzungen, Platzwunden, Verbrennungen, aber auch ein Schockzustand. „Der andere wird dann ganz blass geschminkt und bekommt rosige oder blaue Lippen und Ohrläppchen.“ Mit den passenden Utensilien kann das zu Hause jeder nachmachen, sagt Emil Hermann. „Die Sachen sind nicht ganz billig. Aber es handelt sich um ganz normalen Bastelbedarf, wir bestellen das online.“
Das Ergebnis ist keine leichte Kost, weiß Emil Hermann, selbst wenn es sich um falsche Wunden handelt. „Gerade für die Jüngeren ist das manchmal schwer, mit anzusehen, da müssen wir natürlich vorsichtig sein.“ Ziel der Arbeit im JRK ist es aber auch, die Mitglieder langsam daran zu gewöhnen, so etwas zu sehen, damit sie im Ernstfall richtig reagieren können. Und der kommt oft schneller als gedacht. Emil Hermann hat daher für Zuhause ein paar wichtige Tipps, nicht für den Spaß, sondern für den Ernstfall.
Offene Verletzungen kühlen
Der Umgang mit Verletzungen ist immer individuell. Was im einen Fall hilfreich ist, kann im anderen schlimme Folgen haben. „Was man aber bei offenen Verletzungen immer machen kann, das ist kühlen“, erklärt Emil Hermann. „Dadurch verengen sich die Gefäße, und es fließt weniger Blut.“ Die Wunde steril abzudecken, sei ebenfalls nie verkehrt.
Gleichzeitig weiß Emil Hermann auch um viele Missverständnisse, die mit der Erstversorgung von Verletzungen zusammenhängen. Der Klassiker ist das Nasenbluten. „Früher hat man gesagt: Den Kopf in den Nacken legen. Aber das ist ganz schlecht, weil man das Blut dann schluckt.“ Stattdessen den Kopf nach vorne übers Waschbecken halten und warten, bis die Blutung aufhört.
„Bei Verletzungen durch Fremdkörper ist es außerdem ganz wichtig, diese niemals rauszuziehen“, sagt Emil Hermann. Egal ob Nagel, Messer oder Scherbe: Oft verschließt der Gegenstand noch Gefäße, die aufgerissen werden, sobald der Gegenstand entfernt wird. „Das darf erst im Krankenhaus gemacht werden.“
Ein weiteres Fehlurteil betrifft Verbrennungen. „Bei kleinen Verbrennungen, wenn man zum Beispiel an den heißen Herd kommt, hilft es, die Haut leicht zu kühlen“, so Hermann. Wobei das Wasser nicht zu kalt sein darf. „Bei großflächigen Verbrennungen, auch mit Blasenbildung, wenn man sich zum Beispiel den kompletten Arm verbrüht hat, dann sollte man keinesfalls kühlen.“ Denn sonst kühlt der ganze Körper zu stark aus.
Erst Wachs, dann Puder, dann Farbe
Und wie schminkt man nun am besten eine Wunde? „Im Fall einer Schnittverletzung starten wir mit dem Dermawachs. Das tragen wir auf die Stelle auf, wo die Wunde hin soll.“ Hermanns Tipp: „Wenn das Wachs warm wird, glänzt es, daher pudern wir etwas nach, damit es sich an den Hautton anpasst.“ Mit einem Spatel wird dann, je nach Art der Verletzung, ein Riss in das Wachs gezogen. „Dabei sollte man immer vorsichtig sein, dass man den Geschminkten nicht wirklich noch verletzt.“
Dann fängt er an, mit Puderfarben – im Unterschied zu Fettfarben, die später erst zum Einsatz kommen, – um die verletzte Stelle zu schminken und so die Rötung der Haut zu simulieren. „Man kann auch ein bisschen blau dazunehmen, um dem Ganzen etwas mehr Tiefe zu verleihen.“ Danach benutzt er die dickflüssigen Fettfarben, auch hier rot und blau, um sie um die „Wunde“ zu verteilen. Nun kommt der Fremdkörper zum Einsatz, der die Wunde verursacht hat. Bei einer echten Verletzung kann das zum Beispiel eine Glasscherbe sein oder ein Nagel. Beim Schminken gilt erneut: Keine Verletzung riskieren, also auf jeden Fall Plastik verwenden und kein echtes Glas, betont Hermann. Der Fremdkörper wird vorsichtig in das Wachs gesteckt. Zuletzt kommt noch das Kunstblut. „Hier ist es vor allem wichtig, dass man auf die Fließrichtung achtet, damit es realistisch aussieht.“
Kontakt
: Wer sich für die Arbeit des Jugendrotkreuzes in Weil der Stadt interessiert, kann sich an jugendrotkreuz@drk-weilderstadt.de wenden oder sich im Internet auf www.drk-weilderstadt.de informieren.