Die Insolvenz von Air Berlin vor genau einem Jahr hinterlässt bohrende Fragen – vor allem zur Rolle der Bundesregierung und der Lufthansa. Die amtierenden Bundesminister sollten die Blockadestrategie aufgeben und aufklären, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Air-Berlin-Pleite hat den deutschen Luftverkehr in schwere Turbulenzen gebracht. Stellenweise hat sich die Lage beruhigt, doch vielfach zeigen sich noch die Auswirkungen – beispielsweise die Verspätungen und Ausfälle bei der Lufthansa-Tochter Eurowings.

 

Es wird dauern, bis alle Schwächen behoben sind. Anhalten dürfte nach Stand der Dinge die Weigerung der Bundesregierung, die Umstände der Pleite zu erhellen. So lässt sie den Verdacht im Raum stehen, dass da eine politische Entscheidung getroffen wurde, die die Lufthansa als den „nationalen Champion“ (so der damalige CSU-Verkehrsminister Dobrindt) begünstigte, die zugleich jedoch zulasten der Belegschaft und des Wettbewerbs ging. Da damals wie heute die große Koalition regiert, hält das Schweigekartell. Sie mag darauf setzen, dass der Fall bald niemanden mehr interessiert. So werden die Hintergründe ohne öffentlichen Druck kaum ans Licht kommen.

Fragwürdiger personeller Austausch

Hat die Bundesregierung die Hand gereicht für einen Wirtschaftsskandal? Fragwürdig ist schon der personelle Austausch, der Hinweise darauf gibt, dass der Deal sorgsam vorbereitet wurde: Martina Niemann, Personalchefin von Air Berlin, wechselte zum 1. Februar 2018 in eine ähnliche Funktion als „Head of Human Resources“ bei der Lufthansa. Noch im Juni des Vorjahres war sie zur Geschäftsführerin der Air-Berlin-Tochter Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW) ernannt worden. In ihrer Amtszeit wurden 13 Airbus-Flugzeuge zur LGW verschoben, die nach der Pleite von der Lufthansa übernommen wurden. Oder der Air-Berlin-Vorstandsvorsitzende Thomas Winkelmann, der bis Anfang 2017 Germanwings-Chef war: Der Vertraute von Lufthansa-Chef Carsten Spohr sollte Air Berlin näher an den Konzern heranführen.

Winkelmann wird sanft landen

Winkelmann muss Air Berlin zum Jahresende verlassen und einen Teil seines abgesicherten 4,5-Millionen-Gehalts an die Gläubiger abtreten. Es wird eine sanfte Landung, von der Tausende frühere „Air Berliner“ nur träumen können. Während die Piloten größtenteils eine neue, wenngleich oft nicht so gut bezahlte Anstellung gefunden haben, müssen speziell die Flugbegleiter bittere Einbußen hinnehmen. Gerade den geschädigten Beschäftigten ist die Bundesregierung Transparenz schuldig.