Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen hat Bedenken bei der Anwendung des noch jungen „Raserparagrafen, auf dessen Grundlage der Jaguar-Raser von der Rosensteinstraße verurteilt wurde.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Genau ein Jahr nach dem Raserunfall an der Rosensteinstraße in Stuttgart soll der sogenannte Raserparagraf 315 d im Strafgesetzbuch vom Bundesverfassungsgericht genau geprüft werden. So will es das Amtsgericht Villingen-Schwenningen. Wie das juristische Portal Legal Tribute Online (LTO) berichtet, hat das Gericht einen Fall ausgesetzt, in dem ein Autofahrer auf der Grundlage dieses Paragrafen angeklagt ist.

 

Der Paragraf ist noch recht jung. Er wurde eingeführt, um eine Handhabe gegen illegale Autorennen und Raser zu haben, die sich und andere in Gefahr bringen. Er ist erst seit Ende des Jahres 2017 in Kraft. Der Fall des Stuttgarter Rasers, der im Herbst des vergangenen Jahres zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt wurde, ist einer der ersten Fälle deutschlandweit, wo dieser Paragraf zugrundegelegt wurde. Der 20-Jährige hatte am 6. März 2019 an der Rosensteinstraße bei einer Geschwindigkeit von mehr als 160 Kilometer pro Stunde die Kontrolle über einen gemieteten Jaguar mit 550 PS verloren. Der geliehene Wagen schleuderte in den kleinen Peugeot eines jungen Paares, das im Kino an der Rosensteinstraße gearbeitet hatte und nach dem Dienst gerade vom Parkplatz des Betriebs fahren wollte. Beide waren auf der Stelle tot.

Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen hat dem Bundesverfassungsgericht nun den Fall vorgelegt, in dem gegen einen Autofahrer Vorwürfe auf der Grundlage des Raserparagrafen gemacht werden. Er soll sich einer Polizeikontrolle entzogen haben. Dabei soll er auf bis zu Tempo 100 beschleunigt haben, um den Polizisten zu entkommen, die ihn verfolgten. Die Verfolgungsfahrt gipfelte in einem Unfall, den der Autofahrer selbst verursacht hatte.

Fälle wie dieser sind in der Vergangenheit schon ähnlich wie verbotene Autorennen eingestuft worden. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte erst im vergangenen Herbst bestätigt, dass das möglich ist: Der Flüchtende lieferte sich eine Art Rennen mit der Polizei. Die Richter in Villingen-Schwenningen sehen die Grundlage aber nicht unbedingt gegeben. Ihrer Meinung nach ist nicht definiert, wie die Begriffe „nicht angepasste Geschwindigkeit“ und die im Paragrafen ebenfalls genannte „höchstmögliche Geschwindigkeit“ zu verstehen sind. Das Bundesverfassungsgericht muss nun entscheiden, ob es die Vorlage annimmt.