Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ein bisschen zu drastisch in der Wortwahl ist er für manche jedoch geworden, als er die auf das Böhmermann’sche Schmähgedicht folgende Beleidigungskaskade mit dem Phänomen einer Massenvergewaltigung verglich. Einer fängt an, und alle machen mit, habe er sagen wollen. Das anders verstehen zu wollen sei schlicht boshaft. Für manche hat er sich mit dieser Äußerung ins Abseits katapultiert.

 

Höcker ist ein Selfmademann, der erste Jurist in der engeren Familie. Zum Medienrecht kam er, weil ihn am Landgericht Köln im Rahmen seines Referendariat die Zivilkammer mit dem Aufgabenfeld „Presse- und Urheberrecht“ besonders ansprach. Seine erste Kanzlei gründete er in einer Dreizimmer-WG. „Nicht in einer Garage wie Bill Gates. Aber trotzdem so, dass man dort keine Mandanten empfangen konnte“, sagt er rückblickend. Es ging aufwärts.

Da sich in seine Kölner Presse- und Markenrechts-Kanzlei mit den elf Kollegen nur selten ein Mandant persönlich verirrt, sitzt er bei sommerlichen Temperaturen in weißem T-Shirt und schwarzer Freizeithose an einem riesigen Besprechungstisch. Der Anzug für alle Fälle hängt natürlich im Schrank. Vor dem Gespräch hat er schnell noch die Tupperschüssel mit dem mitgebrachten Mittagessen in die Küche zurückgebracht. Es geht ziemlich casual zu in der Etage im fünften Stock. Aber er kann auch anders. Höcker ist einer von einer Handvoll Spezialisten, die sich die jährlich etwa 2700 Presserechtfälle in Deutschland untereinander aufteilen. Das sind, so hat Höcker gezählt, gerade mal halb so viel, wie ein durchschnittliches Arbeitsgericht in einem Jahr zu entscheiden hat.

In dieser Funktion steht Höcker „immer auf Seite der Geschädigten“ und wird deshalb „immer gegen die Medien tätig“. Jüngst also für Recep Tayyip Erdogan, der sich vom Springer-Chef Mathias Döpfner beleidigt fühlt. Der hatte sich solidarisch mit Böhmermann und dessen vermeintlichem Schmähgedicht gezeigt. Das Oberlandesgericht Köln gab Döpfner in zweiter Instanz recht. Höcker sieht die Sache immer noch anders. Zwei weitere Fälle sind noch am Laufen. Er setzt auf Sieg.

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde vor dem NSU-Prozess

So wie er das bei seiner ersten Verfassungsbeschwerde auch getan hat. Im Vorfeld des Münchner NSU-Prozesses hat er die Erdogans AKP nahestehende türkische Zeitung „Sabah“ vertreten. Sie hatte in dem Losverfahren des Münchner Landgerichts keinen Platz im Gerichtssaal bekommen. Höcker bekam die Unterlagen 36 Stunden vor Ablauf der Einspruchsfrist auf der Autobahnraststätte Limburg überreicht. Noch vor Ort studierte er die Akte und nahm drei seiner Kollegen mit ins Boot. Drei Minuten vor Mitternacht lief die letzte Seite ihres Schriftsatzes durch das Faxgerät. Die Klage war erfolgreich, die Plätze im Münchner Gerichtssaal mussten neu verteilt werden. Auf diesem Kontakt beruht der Draht in die türkische Regierung.

Ralf Höcker in seiner Kanzlei. Foto: Valentina Kurscheid
So habe er den Mut gefunden, Sachen zu machen, die sich andere – etwa aus Sorge, Mandanten zu verlieren – nicht trauen. Höcker wird deutlich: „Die Kollegen, die sagen, ich mache keine Nazis, keine Sekten und keine Terroristen, haben Schiss, dass ihnen die Mandaten weglaufen. Das ist aber Unsinn. Wenn man erklärt, mit welcher Haltung man das macht, versteht es jeder. Jedenfalls fast jeder.“ So ganz unbegründet scheint die Angst aber nicht zu sein. Anja Sturm, die Verteidigerin Beate Zschäpes, wechselte die Kanzlei, weil Mandanten Anstoß an ihrem Tun nahmen. Das Bekenntnis, jeder habe das Recht auf einen Anwalt, müsse eben auch mit Leben gefüllt werden, ist Höckers Überzeugung. Sonst bleibe es ein Lippenbekenntnis.

Eine Handvoll Medienanwälte teilen sich den Markt

Ein bisschen zu drastisch in der Wortwahl ist er für manche jedoch geworden, als er die auf das Böhmermann’sche Schmähgedicht folgende Beleidigungskaskade mit dem Phänomen einer Massenvergewaltigung verglich. Einer fängt an, und alle machen mit, habe er sagen wollen. Das anders verstehen zu wollen sei schlicht boshaft. Für manche hat er sich mit dieser Äußerung ins Abseits katapultiert.

Höcker ist ein Selfmademann, der erste Jurist in der engeren Familie. Zum Medienrecht kam er, weil ihn am Landgericht Köln im Rahmen seines Referendariat die Zivilkammer mit dem Aufgabenfeld „Presse- und Urheberrecht“ besonders ansprach. Seine erste Kanzlei gründete er in einer Dreizimmer-WG. „Nicht in einer Garage wie Bill Gates. Aber trotzdem so, dass man dort keine Mandanten empfangen konnte“, sagt er rückblickend. Es ging aufwärts.

Da sich in seine Kölner Presse- und Markenrechts-Kanzlei mit den elf Kollegen nur selten ein Mandant persönlich verirrt, sitzt er bei sommerlichen Temperaturen in weißem T-Shirt und schwarzer Freizeithose an einem riesigen Besprechungstisch. Der Anzug für alle Fälle hängt natürlich im Schrank. Vor dem Gespräch hat er schnell noch die Tupperschüssel mit dem mitgebrachten Mittagessen in die Küche zurückgebracht. Es geht ziemlich casual zu in der Etage im fünften Stock. Aber er kann auch anders. Höcker ist einer von einer Handvoll Spezialisten, die sich die jährlich etwa 2700 Presserechtfälle in Deutschland untereinander aufteilen. Das sind, so hat Höcker gezählt, gerade mal halb so viel, wie ein durchschnittliches Arbeitsgericht in einem Jahr zu entscheiden hat.

In dieser Funktion steht Höcker „immer auf Seite der Geschädigten“ und wird deshalb „immer gegen die Medien tätig“. Jüngst also für Recep Tayyip Erdogan, der sich vom Springer-Chef Mathias Döpfner beleidigt fühlt. Der hatte sich solidarisch mit Böhmermann und dessen vermeintlichem Schmähgedicht gezeigt. Das Oberlandesgericht Köln gab Döpfner in zweiter Instanz recht. Höcker sieht die Sache immer noch anders. Zwei weitere Fälle sind noch am Laufen. Er setzt auf Sieg.

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde vor dem NSU-Prozess

So wie er das bei seiner ersten Verfassungsbeschwerde auch getan hat. Im Vorfeld des Münchner NSU-Prozesses hat er die Erdogans AKP nahestehende türkische Zeitung „Sabah“ vertreten. Sie hatte in dem Losverfahren des Münchner Landgerichts keinen Platz im Gerichtssaal bekommen. Höcker bekam die Unterlagen 36 Stunden vor Ablauf der Einspruchsfrist auf der Autobahnraststätte Limburg überreicht. Noch vor Ort studierte er die Akte und nahm drei seiner Kollegen mit ins Boot. Drei Minuten vor Mitternacht lief die letzte Seite ihres Schriftsatzes durch das Faxgerät. Die Klage war erfolgreich, die Plätze im Münchner Gerichtssaal mussten neu verteilt werden. Auf diesem Kontakt beruht der Draht in die türkische Regierung.

Eine Verbindung, die nicht ohne Nebenwirkungen geblieben ist. Nachdem es Drohungen gab, „habe ich dann schon einmal mit dem Staatsschutz telefoniert“, sagt er. Zudem hat er seine Privatadresse bei den Ämtern sperren lassen. Und dennoch gibt der Kölner, der „seit über 20 Jahren Mitglied einer großen deutschen Volkspartei ist“, das Mandat nicht ab. Erdogan ist nicht der Einzige, der ihm die Frage nach dem Warum seines Tuns beschert. Auch für Markus Frohnmaier, den Vorsitzenden der AfD-Nachwuchsorganisation Jungen Alternative, hat er vor Gericht einen Sieg errungen. Er darf weiter sagen, die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth habe in der Kölner Silvesternacht mitvergewaltigt. „Wir vertreten Abgeordnete von AfD, CDU, FDP, SPD und Grünen“, sagt Höcker. Mitglieder der AfD gebe es unter den Anwälten seiner Kanzlei nicht, wohl aber von CDU, SPD und FDP. Das Motto seiner Kanzlei lautet: „Wir vertreten jeden, vom Mörder bis zum Mönch.“ Er schiebt noch ein „Aber zahlen muss er“ hinterher. Eine Kanzlei ist eben auch ein Wirtschaftsunternehmen.

Am besten ist er, wenn keine merkt, dass er gearbeitet hat

Höcker streitet gerne – auch öffentlich. Die Öffentlichkeit sei nun einmal Teil der Arena. Über seine größten Erfolge allerdings muss er schweigen. Er kann sie nur mit den Kollegen beim Freitagabendbier feiern. Denn am besten arbeitet er, wenn niemand erfährt, dass er tätig geworden ist. In seiner Diktion ist es ihm dann gelungen, „den Informationsfluss an die Journalisten auszutrocknen“. Sprich: Kein Medium hat über Vorwürfe gegen seinen Mandanten berichtet, obwohl „es eine Supernachricht gewesen wäre“, er sich aber mit dem Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte seiner Mandanten durchgesetzt hat. Dann hat seine Strategie vom Zuckerbrot und der Peitsche gegenüber Journalisten funktioniert. „Ich greife jeden Tag in die Pressefreiheit ein, aber ich verletze sie nicht, sondern beschränke ihre rechtswidrigen Exzesse“, sagt er selbstbewusst – und schweigt.