Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Nach dem Vespergebet und dem Abendessen geht es in den Keller. Die Teilnehmer sollen ihren Meditationsplatz einrichten, so dass die Gruppe am nächsten Morgen um sieben gleich beginnen kann. Die Vorbereitung erweist sich als sinnvoll: Es dauert eine Viertelstunde, bis jeder das Bänkchen in seiner Höhe, das passende Kissen und die richtige Sitzposition gefunden hat.

 

Als langsam Ruhe einkehrt, sagt Anette Niethammer mit leiser Stimme: „Die Aufregung und Hektik lassen wir jetzt außerhalb der Tür. Mit jedem Ausatmen gebe ich mehr Gewicht ab. Wir spüren über den Scheitelpunkt hinaus und werden leicht. Du gibst meiner Seele große Kraft.“ Dann herrscht Stille – bis zwölf Minuten später eine Klangschale die Meditierenden langsam wieder in die Realität zurückruft. Zum Abschluss eine Verbeugung im Sitzen. „Wir alle wollen unseren Alltag wieder so leben können, dass es immer wieder Öffnungen gibt. Öffnungen durch andere Menschen und durch Gott.“ Viele nicken.

Übernachten im Kloster kostet zwischen 65 und 76 Euro

„Für mich ist der christliche Bezug dieses Seminars sehr wichtig“, sagt Fred. Der 77-jährige Rentner nimmt zum vierten Mal an dem „Retreat“-Seminar teil und besucht mehrere Kurse im Jahr. Blöde Kommentare musste er sich deshalb nie anhören: „Ich bin Witwer, und meine Tochter ist froh, wenn ich was mache“, sagt er. Außerhalb seiner Familie rede er nicht groß darüber.

Der Wunsch nach Besinnung auf das Wesentliche im Leben ist groß: „Fast alle unserer Seminare haben längere Wartelisten“, sagt Matthias Gössling, der geistliche Leiter des Hauses. „Die Teilnehmer wollen hier Lebensfragen beantworten.“ Seit den siebziger Jahren werden von Jahr zu Jahr mehr Seminare angeboten, in den vergangenen Jahren waren es stets um die hundert. „Das Haus hat sich immer mehr geöffnet auch für Menschen, die aus keinem christlichen Hintergrund stammen“, sagt Gössling. Mittlerweile können 114 Betten belegt werden. Eine Übernachtung im Einzelzimmer kostet zwischen 65 und 76 Euro. Für ein Seminar fallen zusätzliche Gebühren an. Das Haus wird getragen von den geistlichen Gemeinschaften der evangelischen Michaelsbruderschaft, des Berneuchener Dienstes und der Gemeinschaft Sankt Michael. Die Landeskirche gibt etwas dazu. Der Rest muss sich durch die Gäste finanzieren.

Beim Beten vor dem Abendessen muss jeder mitmachen

Das Zusammenleben im Haus ist immer wieder eine Herausforderung: Auf der einen Seite Firmenmitarbeiter, die sich hier für Tagungen treffen und die guten Wandermöglichkeiten schätzen, ihre Abneigung gegenüber allem Spirituellen aber nicht selten ganz offen zeigen. Auf der anderen Seite Besucher, die bis zu drei Wochen bleiben, die Stille suchen, beten, sich besinnen wollen.

„Nimm es locker, nimm es leicht“

Nur eine Teilnehmerin ist zum ersten Mal dabei. Wer noch nicht im Ruhestand ist, opfert seinen Urlaub für das Seminar. Der Rückzug ist wichtiger als eine Woche Meer oder Berge. Die meisten tragen bequeme Sportklamotten. Fast alle haben ihre Schuhe ausgezogen und sind sockig.

Die Teilnehmer sollen ihren Körper mit den Fäusten „abklopfen“, sich aufrichten und fallen lassen, mit ihren Armen Kreise über dem Kopf oder auch liegende Achter in die Luft zeichnen. Zwischendurch sagt Anette Niethammer „Nimm es locker, nimm es leicht“ oder „Lasst eure Schwere von der Brust in den Bauch fallen“.

Geist und Körper sollen zur Ruhe kommen

Nachdem die Körper entspannt sind, soll auch der Geist zur Ruhe kommen. Die Gruppe liest gemeinsam den Sonnengesang des heiligen Franziskus, eine Hymne auf die Schöpfung. „Wir wollen die Freude an Gott wahrnehmen“, sagt Anette Niethammer. Das Gebet wird mehrmals täglich wiederholt. Viele Gäste halten dabei ihre Hände gefaltet. Einige schließen die Augen. Ein Mann schreibt mit.

Die 44-jährige Britta, sie ist die Jüngste im Seminar, hat keinen Bezug zu Gott. Ihr gehe es allein um die Körperübungen, sagt sie. „Wenn wir bei schönem Wetter draußen üben, ist das eine tolle Atmosphäre.“ Von den Gebeten bekomme sie inhaltlich nichts mit. „Die Stimmung schätze ich trotzdem.“ Dann steht sie auf und stellt sich zu den anderen in den Kreis: Strecken und fallen lassen steht auf dem Programm.

Beten vor dem Abendessen ist Pflicht

Nach dem Vespergebet und dem Abendessen geht es in den Keller. Die Teilnehmer sollen ihren Meditationsplatz einrichten, so dass die Gruppe am nächsten Morgen um sieben gleich beginnen kann. Die Vorbereitung erweist sich als sinnvoll: Es dauert eine Viertelstunde, bis jeder das Bänkchen in seiner Höhe, das passende Kissen und die richtige Sitzposition gefunden hat.

Als langsam Ruhe einkehrt, sagt Anette Niethammer mit leiser Stimme: „Die Aufregung und Hektik lassen wir jetzt außerhalb der Tür. Mit jedem Ausatmen gebe ich mehr Gewicht ab. Wir spüren über den Scheitelpunkt hinaus und werden leicht. Du gibst meiner Seele große Kraft.“ Dann herrscht Stille – bis zwölf Minuten später eine Klangschale die Meditierenden langsam wieder in die Realität zurückruft. Zum Abschluss eine Verbeugung im Sitzen. „Wir alle wollen unseren Alltag wieder so leben können, dass es immer wieder Öffnungen gibt. Öffnungen durch andere Menschen und durch Gott.“ Viele nicken.

Übernachten im Kloster kostet zwischen 65 und 76 Euro

„Für mich ist der christliche Bezug dieses Seminars sehr wichtig“, sagt Fred. Der 77-jährige Rentner nimmt zum vierten Mal an dem „Retreat“-Seminar teil und besucht mehrere Kurse im Jahr. Blöde Kommentare musste er sich deshalb nie anhören: „Ich bin Witwer, und meine Tochter ist froh, wenn ich was mache“, sagt er. Außerhalb seiner Familie rede er nicht groß darüber.

Der Wunsch nach Besinnung auf das Wesentliche im Leben ist groß: „Fast alle unserer Seminare haben längere Wartelisten“, sagt Matthias Gössling, der geistliche Leiter des Hauses. „Die Teilnehmer wollen hier Lebensfragen beantworten.“ Seit den siebziger Jahren werden von Jahr zu Jahr mehr Seminare angeboten, in den vergangenen Jahren waren es stets um die hundert. „Das Haus hat sich immer mehr geöffnet auch für Menschen, die aus keinem christlichen Hintergrund stammen“, sagt Gössling. Mittlerweile können 114 Betten belegt werden. Eine Übernachtung im Einzelzimmer kostet zwischen 65 und 76 Euro. Für ein Seminar fallen zusätzliche Gebühren an. Das Haus wird getragen von den geistlichen Gemeinschaften der evangelischen Michaelsbruderschaft, des Berneuchener Dienstes und der Gemeinschaft Sankt Michael. Die Landeskirche gibt etwas dazu. Der Rest muss sich durch die Gäste finanzieren.

Beim Beten vor dem Abendessen muss jeder mitmachen

Das Zusammenleben im Haus ist immer wieder eine Herausforderung: Auf der einen Seite Firmenmitarbeiter, die sich hier für Tagungen treffen und die guten Wandermöglichkeiten schätzen, ihre Abneigung gegenüber allem Spirituellen aber nicht selten ganz offen zeigen. Auf der anderen Seite Besucher, die bis zu drei Wochen bleiben, die Stille suchen, beten, sich besinnen wollen.

An ein paar Regeln muss sich jeder halten: das Gebot der Stille auf dem Gelände ab 22.30 Uhr und an das gemeinsame Abendessen um 18.20 Uhr. Davor und danach wird gebetet. Diesem Gebot können sich auch solche Gäste nicht entziehen, die sonst nichts mit Gott an der Mütze haben.

Fünf Tage durchgängig geschwiegen

Im Seminar für innere Einkehr geht es besonders still zu. Die elf Teilnehmer haben in den zurückliegenden fünf Tagen so gut wie durchgängig geschwiegen. Die 66-jährige Ursula und der 65-jährige Rolf sind die einzigen, die schon bereit sind für ein Gespräch. Alle anderen ziehen noch ein paar Schweigenstunden vor, bevor es zurück in das echte Leben geht.

„Am ersten Abend haben wir uns noch unterhalten, um uns ein wenig kennenzulernen“, sagt Rolf. Am nächsten Tag war dann Schweigen – während des Seminars, während der Spaziergänge, während der Mahlzeiten. Um nicht unhöflich auf andere zu wirken, tragen die Schweigenden einen Anstecker auf der Brust: ein Mönch, der sich den Zeigefinger vor den Mund hält.

Angst vor dem Ruhestand, Trauer, Trennungsschmerz

Die Einzige, die spricht, ist die Kursleiterin. „Suse Rieber gibt uns geistliche Impulse und liest uns Bibeltexte vor“, sagt Rolf. Außerdem sind Einzelgespräche mit der Seminarleiterin möglich. „Manche kommen aus dem totalen Berufsstress hierher“, sagt Ursula. Denen werde empfohlen, erst einmal zu schlafen.

„Wir machen nun ein Spürgebet“, beginnt Suse Rieber. Nach und nach sollen die Teilnehmer bestimmte Körperteile erspüren: die Füße, die Beine, den Nacken. Zum Abschluss reiben die Teilnehmer ihre Hände ausgiebig unter einem imaginären Wasserstrahl. Danach verbeugen sie sich. „Wir spüren Gott in unserer Mitte“, schließt Suse Rieber.

„Viele Menschen, die in mein Seminar kommen, stecken in einer Krise“, sagt sie. Angst vor dem Ruhestand, Trauer, Trennungsschmerz. „Manche Menschen suchen aber auch einfach nur die Stille. Sie verausgaben sich draußen tagtäglich und verlieren sich selbst dabei.“

Der Mensch sucht nach Auswegen aus dem Alltag

„Ich habe gemerkt, dass es mir guttut, hier zu sein“, sagt Ursula. Das war nicht immer so. „Bei meinem ersten Kurs im Kloster Kirchberg hatte ich große Angst vor meinem Inneren und was da alles hochkommen könnte“, erinnert sich die pensionierte Lehrerin. „Im Schweigen wird man ganz auf sich zurückgeworfen“, sagt Rolf. „Man setzt sich so intensiv wie nie mit seinen Gefühlen auseinander.“

Nach zwei Tagen im Berneuchener Haus am Kloster fühlt man sich, als hätte man einen Ausflug in eine andere Welt gemacht: voller Frieden, ohne Hast, weit weg von der Hektik des Alltags – mit Gottesdiensten zwischendrin und einem Gemeinschaftsgefühl. Eine Erkenntnis bleibt: letztlich ist es egal, ob man nun einen Kurs Yoga, autogenes Training, Fasten, Beten, Schweigen oder nur einfach ein paar Tage Klosteraufenthalt bucht. Der Mensch sucht nach Auswegen. Raus aus der Schnelligkeit des Lebens. Raus aus der dauerhaften Erreichbarkeit. Raus aus dem Optimierungswahn. Hier kann er diese Ruhe finden – wenigstens für ein paar Tage.