Nur wenige Wochen nach seinem 28. Geburtstag könnte es so weit sein: Wenn der Hamburger SV Mitte Mai nach sieben Jahren in der Zweiten Liga die Rückkehr in die Bundesliga schafft, hätte sich der Traum von Daniel Elfadli erfüllt. Ein Traum, den viele Amateurkicker am Anfang ihrer Karriere haben, der aber im durchorganisierten Profifußballbetrieb mit seinen Scoutingabteilungen und Vereins-Jugendinternaten eigentlich nicht möglich zu sein scheint.
Daniel Elfadlis Weg wäre dann vollendet: Von der Landesliga mit der SKV Rutesheim, bei der er vor neun Jahren seine ersten Schritte im Aktivenfußball gemacht hat, bis in die Beletage des deutschen Fußballs.
Im Rekordtempo hat sich der gebürtige Leonberger weiterentwickelt und landete nach Stationen in der Oberliga beim SSV Reutlingen (2018 bis 2020) und beim FC Nöttingen (2020/21) sowie in der Regionalliga beim VfR Aalen (2021/22) im Jahr 2022 beim damaligen Zweitliga-Neuling 1. FC Magdeburg im bezahlten Fußball. Nach zwei vergleichsweise beschaulichen Spielzeiten beim einzigen Club aus der ehemaligen DDR, der jemals einen Europacup gewann, trägt er seit dieser Saison das Trikot mit der Raute und erlebt Tag für Tag, was es heißt, im medialen Fokus der bundesweiten Presse zu stehen. „Ich bin mit viel Vorfreude und Anspannung zum HSV gekommen und bin nach der Hinrunde sehr glücklich, wie positiv es gelaufen ist“, beschreibt Daniel Elfadli seine ersten Monate.
Elfadli von Trainerentlassung schockiert
Als Tabellendritter liegt der ehemalige Bundesliga-Dino, der 2018 nach 55 Jahren als letztes Bundesliga-Gründungsmitglied den Gang in die Zweitklassigkeit antreten musste, in der Winterpause auf dem Relegationsrang mit drei Zählern Rückstand auf Herbstmeister 1. FC Köln. Bei vielen Zweitligisten würde dies zu entspannten Gesichtern bei den Vereinsverantwortlichen führen – doch beim HSV ticken die Uhren anders, wie Daniel Elfadli schon nach wenigen Wochen gelernt hat. „Der HSV sieht sich selbst als größten Verein in der Zweiten Liga, der auf jeden Fall in die Bundesliga gehört“, erzählt der ehemalige Rutesheimer.
Von daher werde die sportliche Entwicklung viel kritischer beleuchtet als bei vielen anderen Vereinen. Obwohl die Aufstiegschancen absolut intakt sind und der HSV an keinem einzigen Spieltag in der Hinrunde mehr als drei Zähler Rückstand auf die Aufstiegsränge hatte, blieb es nach Punktverlusten nicht nur bei heftiger Presseschelte. Nach vier Partien ohne Sieg wurde Trainer Steffen Baumgart Ende November nach einem 2:2 gegen den FC Schalke 04 entlassen. „Im Spielerkreis wurde darüber natürlich gemunkelt. Aber als es tatsächlich passierte, waren wir richtig schockiert“, erzählt Daniel Elfadli.
Dritte Gelb-Rote Karte als Profi
Wie in der vergangenen Saison tut sich der Hamburger SV vor allem gegen die vermeintlich Kleinen schwer. In der Vorsaison gingen die Rothosen gegen den VfL Osnabrück und den SV Wehen-Wiesbaden als Verlierer vom Platz, diesmal patzten die Norddeutschen bei der SV Elversberg (2:4) und beim SSV Ulm (1:1). „Es ist ein immer wiederkehrendes Muster, und wir können nicht erklären, woran es liegt. Sonst würden wir es abstellen“, erzählt der 27-Jährige, der in Ulm zudem auch noch seine mittlerweile dritte Gelb-Rote Karte im Profifußball kassierte.
„Diese fehlenden Punkte können in der Endabrechnung entscheidend sein. Deswegen kann ich die Enttäuschung im Umfeld trotz der eigentlich guten Platzierung nachvollziehen“, sagt der Mittelfeldakteur, der in der Hinrunde zwei Treffer erzielt und drei vorbereitet hat. Er selbst versucht, die mediale Berichterstattung um den Traditionsverein auszublenden. „Das lenkt mich nur von meinem Job ab“, erläutert er. Dennoch bekommt er vieles natürlich mit, weil Mannschaftskameraden darüber reden oder ihm Artikel zugeschickt werden.
Elfadli schätzt neuen Trainer
Auf Baumgarts Nachfolger Merlin Polzin hält Daniel Elfadli trotz dessen erst 34 Jahre große Stücke. „Er versucht noch mehr, uns die Überzeugung zu vermitteln, dass wir den Aufstieg schaffen können“, berichtet der Ex-Rutesheimer. Im Training werde in kleineren Spielformen gearbeitet. Ziel sei es, noch zielstrebiger nach vorne zu spielen. Wie gut das funktioniert, wird sich vielleicht schon beim ersten und möglicherweise Richtung weisenden Rückrundenspiel des Hamburger SV am 18. Januar gegen Herbstmeister 1. FC Köln zeigen. Für Daniel Elfadli ist es der erste von noch 17 verbleibenden Schritten hin zu seinem ganz großen Fußball-Traum.