Ein literarischer Spaziergang im Köngener Römerpark Mit den „Metamorphosen“ im Römerpark

Auf der Grünfläche rund um das Römerkastell lässt sich Geschichte erleben. Der historische Park begeistert auch Kinder und Jugendliche. Foto: Horst Rudel

Bei sonnigem Wetter lädt der Römerpark in Köngen zu Entdeckungsreisen in die Vergangenheit ein. Verbunden mit der Lektüre der „Metamorphosen“ des Dichters Ovid ist das ein besonderes Erlebnis.

Köngen - Antike Geschichte atmet der Römerpark in Köngen. Kurz und steil ist der Aufstieg über den Altenberg zum markanten Turm des Römerkastells. Den hat der Schwäbische Albverein 1911 rekonstruieren lassen. Verblühte Obstbäume säumen den Weg. Der satte Duft des Grases kitzelt in der Nase. Oben angekommen, ist Kinderlachen zu hören. Auf dem Römerspielplatz tollen Jungen und Mädchen auf Weinfässern und Klettergerüsten herum. Spielerisch entdecken die Kleinsten die Faszination römischer Kultur. Später, wenn sie in der Schule Lateinvokabeln pauken, entdecken die Kinder so leichter den Reiz der alten Sprache.

 

Mitten in Köngen lädt der historische Park mit dem Museumspavillon, der inzwischen wieder geöffnet hat, zu einer Zeitreise ein. Um das Kastell hat sich kurz nach 90 bis 95 nach Christus eine zivile Siedlung gebildet. Der Name des römischen Dorfes ist Grinario. Möglicherweise hatten sich dort früher schon die Kelten angesiedelt. Das römische Dorf Grinario verdankt seinen Namen dem keltischen „Grinnos“ oder „Grennos“ – das bedeutet „der bärtige Mann“.

Auf einer Bank oder auf der grünen Wiese lässt sich an diesem schönen Ort leicht ein sonniger Nachmittag verbringen. Da fliegen die Gedanken zurück zur lateinischen Literatur, die seit den Studienjahren in den Bücherschränken schlummern. Ovids „Metamorphosen“, die der römische Dichter wohl im Jahr 1 bis 8 nach Christus schrieb, bringen das Zeitgefühl auf den Punkt: „Alles wandelt sich, nichts vergeht. Es gibt im ganzen Weltkreis nichts Beständiges. Alles ist im Fluss, und jedes Bild wird gestaltet, während es vorübergeht. Ja, auch die Zeiten gleiten in ständiger Bewegung dahin, nicht anders als ein Strom.“ Das mythologische Gedicht hat Publius Ovidius Naso in Hexametern verfasst, das klassische Versmaß der epischen Dichtung.

Die faszinierende Wortkunst vergangener Zeiten inspiriert – an diesem wunderschönen Ort umso mehr. Liebesgeschichten finden sich in den „Metamorphosen“ aus der Welt der Mythen und Sagen viele – auch dunkle und traurige wie jene von der ersten Liebe des Sonnengottes Apollon, den Amors Pfeil traf. Die schöne Nymphe Daphne aber erwiderte seine Liebe nicht. Aus Angst vor der drohenden Vergewaltigung ließ sie sich von ihrem Vater in einen Lorbeerbaum verwandeln. Den schmalen Grat zwischen Leidenschaft und Gewalt hat der Dichter nachgezeichnet. Seine sinnliche Sprache klingt betörend.

Bäume wachsen viele im Römerpark. In den Lesepausen lässt sich beim kurzen Rundgang manche Rarität im Fruchtbaumgarten entdecken. Die knorrigen Stämme erzählen Geschichten. Da hat ein Team der Universität Hohenheim eine antike Obstplantage angelegt. Äpfel, Birnen, Zwetschgen und sogar Pfirsiche sind da gewachsen. Dass Obstbau in der alten Zivilsiedlung in Köngen eine bedeutende Rolle spielte, förderte der Aushub eines Brunnenschachts zu Tage. Archäologen entdeckten das historische Gemäuer 1979; es lässt sich auf 150 nach Christus datieren. Auf Tafeln wird diese Geschichte dokumentiert.

Wer sich umfassender informieren möchte, sollte auf dem Smartphone die Website des Römerparks aufrufen. „Apfel- und Birnenkerne fanden sich dort sehr häufig“, ist auf der Homepage des Römerparks zu lesen. Da finden sich nicht nur griffige historische Informationen. Da gibt es Tipps, welche Speisen und Getränke die Römer bevorzugten und sogar Rezepte – spannende Einblicke in die Alltagskultur.

Vor dem Kastellturm toben Kinder ausgelassen herum. Daneben geht eine Frau mit ihrem Hund spazieren. Das Miteinander der Generationen klappt wunderbar. Schön angelegte Wege laden zu kleinen oder größeren Rundgängen ein. Steintafeln und Denkmäler vermitteln römische Geschichte. Wer in diese fremde und doch vertraute Welt eintauchen will, sollte viel Zeit mitbringen. Vor dem rekonstruierten Eckturm des Kastells an der Südwestecke des Römerparks steht eine Jupitergigantensäule. Sie ist eine Nachbildung einer Säule, die 1967 in Walheim am Neckar gefunden wurde. 6,5 Meter hoch ist das Denkmal aus Stein, es besteht aus sechs Teilen. An den Ecken des Kapitells sind die vier Jahreszeiten dargestellt. Über allem reitet Jupiter – mit dem Blitzbündel in der Rechten – über einen Giganten hinweg. In den Steinreliefs vermischen sich persische, keltische und römische Glaubenselemente. Die zweite Köngener Gigantensäule kennen Autofahrer, Radler und Passanten vom Kreisverkehr im Neckartal.

Die römische Vergangenheit prägt das Leben in Köngen bis heute. Spuren antiker Siedlungen sind in der ganzen Region zu finden – zum Beispiel im Sauhag in Neuhausen mitten im Wald oder in Nürtingen-Oberensingen mit den Resten der sehr gut zugänglichen Villa Rustica, die in einem Wohngebiet nahe dem Galgenberg zu entdecken ist.

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