Das Verhältnis der Ditzinger zur ihrem Fluss ist ambivalent. Die Geschichte der Stadt ist untrennbar mit der Glems verbunden. Doch lange wurde das Gewässer vernachlässigt. Das ändert sich erst in jüngerer Zeit, wie eine Ausstellung nun zeigt.

Ditzingen - Wenn man den Finger in die Glems hält, ist er hinterher weg. Das hieß es vor vielen Jahren in Ditzingen. So dreckig, so gesundheitsgefährdend soll der Fluss gewesen sein, dass sich derlei Gerüchte hartnäckig im Ort gehalten hätten, erzählt die Leiterin des Ditzinger Stadtmuseums, Nina Hofmann. Heute muss der Gewässerwart Frank Beutelspacher dem Gerücht entgegentreten, es gebe in dem Fluss gar keine Fische, weil er so dreckig sei. Auch das stimmt nicht. Inzwischen gebe es einen „sehr guten Forellenbestand“, sagt Beutelspacher.

 

Sowohl Beutelspacher als auch Hofmann sind verantwortlich für die neue Ausstellung im Stadtmuseum, die Nina Hofmann konzipiert hat. „Unsere Glems – ein Fluss mit Tiefen und Höhen“ lautet der Titel der Schau, die an diesem Freitag eröffnet wird. Beide wollen mit der Ausstellung den Fluss ins Bewusstsein vor allem der Ditzinger rücken, die nicht immer das Gewässer in der Stadt zu schätzen wussten. „Kloake oder Kleinod“ – so fasst Hofmann die ambivalente Haltung der Ditzinger zu ihrem Fluss zusammen.

Ein Fluss im Wandel

Ende der 1980er Jahre war die Glems das schmutzigste Gewässer möglicherweise gar landesweit, sicher aber im Regierungsbezirk Stuttgart. Der Anteil von gereinigtem Abwasser im Vergleich zum natürlichen Glemswasser war hoch; Dreiviertel war gereinigtes Abwasser, ein Viertel natürliches Glemswasser. Hofmann zeigt, wie sich das Erscheindungsbild des Flusses wandelte. In den 1960er Jahren verschwand er gänzlich, er wurde verdolt. Mehr Platz sollte für den Verkehr sein. Dass damit auch der Lebensraum für Flora und Fauna schwand, war den Verantwortlichen zu diesem Zeitpunkt gleichgültig.

Seit den 1990er Jahren rückt die Glems nun wieder stärker ins Bewusstsein, wenigstens der Kommunalpolitiker. Abschnittweise wird der Fluss renaturiert: So entstand der Glemsbalkon, als Teil des Landschaftsparks Glems. Zudem sind weiterreichende Pläne zur Schaffung der Glemsterrassen gemacht, aber für den Moment in der Schublade verschwunden, weil deren Umsetzung bis heute zu teuer ist.

Reinigendes Wasser aus der Badstube

Hofmann erzählt auf Tafeln aus der Historie des Flusses, auch davon, dass die Glems immer wieder über die Ufer trat. Historische Fotografien ergänzen den Blick in die Geschichte. Die Museumsleiterin berichtet, dass man der Glems im 16. Jahrhundert Löschwasser entnahm; dass sich dies erst im Wesentlichen um 1900 änderte, als die Wasserleitungen gebaut waren und alle 50 bis 60 Meter ein Hydrant aufgestellt wurde. Direkt an der Glems lag zudem eine Badstube, wie aus Unterlagen aus dem Jahr 1525 hervorgeht. In dieser von der Gemeinde betriebenen Einrichtung konnte man samstags ein warmes Bad nehmen. Das Wasser mit den Seifenresten wurde – das nimmt Hofmann an – in die Glems zurückgeschüttet.

Frank Beutelspacher, der Gewässerwart, dokumentiert anhand von zwei Aquarien und mehreren Fundstücken, dass die Menschen mit der Glems als Kleinod sehr viel sorgsamer umgehen müssten. In einem Aquarium liegt unter anderem ein Schild, das für gewöhnlich auf den Standort des nächstgelegenen Hydranten hinweist. Im Aquarium daneben ist der Grund naturbelassen. Auf dem Boden steht ein altes Fahrrad sowie unter anderem eine rostige Tonne – insgesamt sei dies ein Prozent der Menge, die er und seine Kollegen auch vom Angelsportverein jedes Jahr aus dem Fluss ziehen, sagt Beutelspacher – unabhängig von den Fischarten, die dort gar nicht heimisch sind. Ob es sich um Kois handelt oder andere Arten. „Goldfische fangen wir öfter.“ Dann hatte wieder irgendjemand sein Aquarium aufgelöst.