Der Sielminger Fotograf Tobias Stehle hat sich auf Hochzeits- und Pärchenbilder spezialisiert. Wie funktioniert Romantik unter Corona-Bedingungen?

Sielmingen - Eine Kirche, in der einzig der Pfarrer singt und alle anderen schweigen. Ein Brautpaar, das von den Angehörigen nicht ins Standesamt begleitet werden darf. Hochzeitsgäste, die lieber allein auf der Terrasse Platz nehmen, statt sich der restlichen Gesellschaft im Saal anzuschließen. Tobias Stehle hat kuriose Dinge gesehen im vergangenen Jahr. „Es ist seltsam“, sagt er. Was er meint, sind Trauungen unter Corona-Bedingungen. So, wie 2020 und 2021 geheiratet wurde und wird, das gab’s in dieser Form noch nie. Und Tobias Stehle war hautnah dabei.

 

Sein Steckenpferd ist die Liebe

Der 43-Jährige ist hauptberuflich Vertriebsingenieur, im Nebenerwerb arbeitet er aber als Fotograf. Sein Steckenpferd ist die Liebe. Der dreifache Familienvater aus Sielmingen lichtet ausschließlich Paare ab. Das heißt, er begleitet Hochzeiten oder trifft sich mit Duos, die ihre Zweisamkeit für die Ewigkeit festhalten wollen. „Der Valentinstag ist ein Anlass, zu dem man so was gern macht“, sagt er. Das vergangene Jahr war für Tobias Stehle herausfordernd, und nicht nur deswegen, weil er statt sonst im Schnitt 15 bis 20 Hochzeitsengagements gerade mal drei hatte. Er musste sich auf ganz neue Motive einstellen. „In der Kirche ist es schon befremdlich, wenn Plätze frei bleiben“, sagt er. Auch die Gratulationen seien anders gelaufen. Sich weinend in die Arme fallen: für viele tabu. Doch auch ohne innige Berührungen sei die Freude da. „Das sind tolle Momente, weil die Emotionen echt sind – auch, wenn die Oma dem Paar aus vier Metern Entfernung zuprostet.“

Tobias Stehle betont: Hochzeiten in der Pandemie sind anders, aber keinesfalls weniger von Liebe erfüllt. „Mein Leitspruch lautet: Love is not cancelled“, sagt er, zu Deutsch: Die Liebe ist nicht gestrichen. Im Gegenteil: Vielleicht schweiße die Corona-Erfahrung sogar mehr zusammen. „In der Vorbereitung auf die Hochzeit sind die Paare sehr belastet. Wer das durchsteht, wird stärker“, glaubt er. Ihm gehe es jedenfalls darum, in seinen Reportagen die Feste abzubilden, wie sie sind. Wer Maske trägt, wird mit Maske fotografiert, wer Abstand hält, wird nicht zusammengeschoben. „Ich möchte nicht, dass es so aussieht, als ob es so nicht war.“ Er spricht von einem Zeitdokument.

Corona brachte vielen Fotografen große Einbußen

2020 wurden wegen Corona viele Trauungen abgesagt. Für Fotografen hat das große finanzielle Einbußen gebracht. Zwar betont Tobias Stehle, nicht auf sein Nebeneinkommen angewiesen zu sein, doch „es hat schon wehgetan“. Kollegen in seiner Zunft hätten sich Nebenjobs suchen müssen, um über die Runden zu kommen. Aber nicht alles muss zwangsläufig entfallen. An diesem Valentinstag wird Tobias Stehle wieder zwei Paare in der Stuttgarter Innenstadt nacheinander in Szene setzen. Als Handwerker dürfe er seinen Beruf unter Einhaltung der gebotenen Hygieneregeln ausüben, und da er seine Pärchen-Shootings generell draußen mache, könne er bestens Abstand halten. Die Voraussetzungen sind auch gut: Schnee und Sonne.

Wie es mit dem Heiraten 2021 weitergeht, da ist er indes unsicher. „Ich hätte eigentlich Ende März meine erste Hochzeit, aber das Paar hat sich noch nicht festgelegt. Ich gehe davon aus, dass es in Kürze abgesagt wird.“ Immerhin: Für 2022 hat der Sielminger bereits Buchungen erhalten. Er geht davon aus, dass spätestens dann Hochzeiten wieder boomen werden. „Wer sich für 2022 für eine Heirat interessiert, der ist jetzt schon spät dran.“ Tobias Stehle freut sich drauf und dies längst nicht nur aus finanziellen Gründen. „Für mich ist das eine große Ehre, als Fotograf so nah dabei sein zu dürfen.“