Wie ein Magnet locken ferne Länder mit Auslandssemestern. So einfach wie im Studium wird es nie wieder, den Traum vom Leben in einer anderen Kultur zu erfüllen. Wer noch dabei sein will, sollte sich jetzt entscheiden und den Bewerbungsschluss nicht verpassen.

Stuttgart - So richtig begeistert war die Mutter von Larissa Schöll nicht, als sie von den Plänen ihrer Tochter hörte: Im Ausland studieren, weit weg von daheim, viele Flugstunden entfernt. Muss das denn sein? „Es muss“, sagte Larissa und packte ihren Koffer. „Ich wollte beim Auslandssemester auf jeden Fall die Chance nutzen, in einem fernen Land eine neue Kultur kennenzulernen“, erklärt Larissa ihren Entschluss, das Wintersemester 2012 in Singapur zu verbringen. Ihr Fazit heute: „Das Studium in Asien hat sich so was von gelohnt.“

 

Zunächst einmal musste sie sich daran gewöhnen, dass Privatsphäre in Singapur für Studenten unbezahlbar ist. Wegen der hohen Lebenskosten bieten Wohnheime den Studenten günstigere Schlafmöglichkeiten: „Dort liegt man Bett an Bett in einem kleinen Doppelzimmer“, erzählt sie. An der Uni lernte sie neue Lebens- und Lerneinstellungen schätzen. Nicht nur das Wohnen, auch das Studium war ein Luxusprodukt. „Den Unterricht nehmen die Studenten deshalb viel ernster als wir“, erinnert sich Larissa. Kritische Diskussionen gab es im Vorlesungssaal kaum, dagegen viele aufmerksame Kommilitonen. In ihrer freien Zeit reiste sie mit dem Rucksack allein durch Asien. „Ich hab dort Sachen gemacht, die ich mir früher nicht vorstellen konnte“, wundert sie sich.

Studieren im Ausland bildet die Persönlichkeit

„Survivaltraining“ nennt der Rektor der Hochschule der Medien (HdM), Alexander W. Roos die Auslandserfahrungen von Larissa. Die Erlebnisse beim Auslandsstudium gehören für ihn zu den wichtigen Lernprozessen der Studierenden. „Wer sich in einem anderen Land zurecht findet, der entwickelt sich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich weiter“, sagt Roos. Es sei das erklärte Ziel der HdM, die Hälfte ihrer Studierenden ins Ausland zu schicken.

Interkulturelle Erfahrungen bereiten sie für die Herausforderungen in ihrem zukünftigen Job vor. „Den lokalen Arbeitsplatz gibt es nicht mehr“, hält Roos fest. Er beobachte in fast allen Branchen den Trend zur Einstellung von Arbeitnehmern, die international flexibel sind und die sich in einer fremden Umgebung durchbeißen können. Das Konzept der Hochschule bietet deshalb in allen Studiengängen Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte an. Allerdings warnt Roos auch vor dem überstürzten Start an die fremde Uni: „Lernt erst mal hier fachlich eine Zeit lang klar zu kommen und dann geht ins Ausland“, rät er seinen Studenten.

Die Heimkehrer können sich über bessere Chancen am Arbeitsmarkt freuen: „Für die meisten Unternehmen ist ein Auslandsaufenthalt schon fast Grundvoraussetzung für eine Einstellung“, beobachtet Marion Echle, die stellvertretende Leiterin Dezernat Internationales der Universität Stuttgart. Aus ihrer Sicht bringen die Studierenden aus dem Ausland sowohl interkulturelle Kompetenz mit, als auch Eigenständigkeit, Flexibilität und Organisationstalent: „Deshalb gehen wir davon aus, dass ein Auslandsaufenthalt die Bewerbungschancen erhöht.“

Vom Urlaubsort zur Universität

Die Zahlen der Hochschulen in Stuttgart geben die Reiselust der jungen Menschen wieder: Nach Auskunft der Universität Stuttgart nehmen pro akademischem Jahr (Wintersemester und Sommersemester) etwa 450 Studierende an einem Austauschprogramm teil. Etwa 150 Studenten vermittelt die Hochschule der Medien pro Semester zum Studium im Ausland. Große Überzeugungsarbeit braucht es nicht – die Abenteuerlust zieht die jungen Menschen wie ein Magnet in die Ferne: „Einige suchen sich ein Ziel aus, in das sie sich im Urlaub verliebt haben. Andere wählen eine Universität, die sie in ihrem Studienfach weiterbringt“, erzählt Martina Schumacher, die stellvertretende Leiterin des Akademischen Auslandsamtes an der HdM.

„Beliebte Länder können sich schnell ändern“, berichtet Marion Echle von dem Dezernat Internationales der Universität Stuttgart. Traditionell seien die USA und Kanada sehr beliebt. Sechzig Prozent der Studierenden verbringen ihren Auslandsaufenthalt im Rahmen des Erasmus-Programms im europäischen Ausland – die Mehrheit davon in Frankreich, Spanien sowie den nordeuropäischen Ländern.

Fördergelder helfen bei der Entscheidung

„Der Trend geht auch bei uns zu Skandinavien“, stellt Martina Schumacher als Erasmus-Koordinatorin an der HdM fest. Erasmus steht für das Mobilitätskonzept der Europäischen Union, das Studierenden ein Auslandsstudium oder -praktikum von drei bis zwölf Monaten in 31 Teilnahmeländern ermöglicht. Der Weg an eine europäische Universität wird den Studierenden so leicht wie möglich gemacht. So kann die Förderung eines Erasmus-Praktikums bis zu 400 Euro im Monat betragen, 1.000 Euro für ein Semester.

„Das Leben im Ausland ist meistens teurer als hier. Die Fördergelder helfen den jungen Leuten, die zusätzlichen Kosten aufzubringen“, erklärt Schumacher. Außerdem können die Studierenden, die BAföG erhalten, ein Jahr lang Auslands-BAföG beanspruchen: Flug, Studiengebühren und ein Zuschuss für den Lebensunterhalt sind damit abgedeckt. Allen anderen hilft das Abklappern der langen Listen von Organisationen, die Stipendien an reise- und lernfreudige Studenten vergeben.

Bewerbungsschluss für Studenten am 31. Mai und 15. Juni

„So einfach wird es nie mehr ins Ausland zu gehen“, betont Martina Schumacher. Noch nicht einmal die Bewerbung ist besonders aufwendig: Ein Motivationsschreiben, ein Lebenslauf, ein Notenspiegel, eine Liste der Fächer, die man belegen möchte und der Nachweis über Sprachkenntnisse im Zielland – mehr braucht das Akademische Auslandsamt der HdM nicht für die Vermittlung. Bis zum 31. Mai 2015 werden noch Bewerbungen um Austauschplätze an den HdM-Partnerhochschulen für das Sommersemester 2016 angenommen.

An der Universität Stuttgart gibt es je nach Austauschprogramm verschiedene Bewerbungsschlüsse. Bis zum 15. Juni 2015 kann man sich dort noch für Restplätze von Erasmus bewerben, bis zum 1. Juli müssen Bewerbungen für das Studium in Asien, Australien, Südafrika, Lateinamerika abgegeben sein.

Das strukturierte deutsche Denken loslassen

Ein Semester am australischen Strand wohnen, das konnte sich auch der HdM-Masterstudent Roland Schell ganz gut vorstellen. Doch Sonne und Palmen reichten nicht aus, um sich auf dem fremden Kontinent wohlzufühlen. Zu Beginn seines Aufenthaltes musste er sich häufig überwinden: „Du verlässt Deine Komfortzone. Die Sprachbarriere und die neue Kultur fordern Neuankömmlinge heraus“, erzählt er. Für deutsche Studenten sei das australische Motto „No worries – Easy living“ fremd. „Man sollte bereit sein, sich zu ändern und das strukturierte deutsche Denken loszulassen.“

Roland Schell war bereit: Statt sich nur auf Medieninformatik zu konzentrieren, belegte er einen Tauchkurs. Um seine Prüfungsleistungen fristgerecht an der australischen Uni abzuliefern, tauchte er dann rechtzeitig wieder auf. „Die Abgaberegelungen sind streng, da musst Du ganz schön auf Zack sein“, berichtet er. Ansonsten lernte der junge Mann, dass ein Studienalltag auch ohne strenge Planungen auskommt: „An jedem Tag kann was Neues passieren – sei einfach offen.“ Die Erfahrungen, die er an der Griffith University im australischen Nathan machte, wünscht der 25-Jährige auch seinen Kommilitonen: „Seid mutig und wagt entschlossen den Schritt. Er bringt Euch in jedem Fall weiter.“