Über ein Jahr hat der IT-Spezialist Daniel Noll aus Sillenbuch im ewigen Eis verbracht. Seit Februar ist er wieder zurück. Jetzt erzählt er von seinen Eindrücken aus einer faszinierenden Welt.

Sillebuch - Über ein Jahr inmitten von Eis und Schnee. „Man könnte meinen, es wird langweilig“, sagt Daniel Noll, „aber die Umgebung ändert sich ständig.“ Die Tiere, die Lichtverhältnisse: Es gibt Monate, in denen die Sonne nie untergeht, und solche, in denen sie kaum über den Horizont wandert. Aber auch Monate, in denen man außer zu den anderen acht Personen auf der Forscherstation keinen direkten Kontakt zu Menschen hat. Insgesamt 14 Monate war Daniel Noll im ewigen Eis. Der IT-Spezialist aus Sillenbuch hat in der Antarktis überwintert.

 

Noch während Daniel Noll zur Schule ging, erwachte sein Begeisterung für das ewige Eis. „Damals habe ich eine Dokumentation über eine Überwinterung in der Antarktis gesehen“, erzählt er. „Das hat mich fasziniert.“ Seitdem wollte er selbst in die Antarktis fahren und dort überwintern. An der Universität Stuttgart studierte er IT und Elektrotechnik und machte nebenher den Pilotenschein. Danach bewarb er sich für einen Job im ewigen Eis – und erfüllte sich seinen Traum. Von Weihnachten 2016 bis Februar 2018 arbeitete Noll auf der Antarktis-Forschungsstation Neumayer III. Dort war er zum Beispiel dafür zuständig, dass die Satelliten und das Internet funktionieren.

Von Februar bis November kommt niemand vorbei

„Im Sommer ist immer am meisten los“, sagt Noll. Bis zu 60 Forscher arbeiten zwischen November und Februar auf der Station. Im Winter sind es meistens nur neun, darunter ein Koch und ein Arzt. Die übrigen Forscher reisen Ende Februar mit dem Flugzeug ab. „Wenn man überwintert, freut man sich richtig darauf, dass der letzte Flieger geht“, sagt Noll. Weil man dann die Verantwortung für die Station trage und „das ist das, wofür man ausgebildet wurde“. Bis November kommt an der Station niemand mehr vorbei. Dann erst kommt wieder ein Schiff und bringt zum Beispiel frische Lebensmittel. Die habe er dort am meisten vermisst, erzählt Noll: „Als am 31. Oktober das erste Schiff ankam, war die Freude riesengroß. Wir haben erst einmal eine Salat-Party gefeiert.“ Und natürlich merke man irgendwann schon, dass die Zivilisation fehle, gibt Noll zu: „Aber wenn das Team gut zusammengestellt ist, kommt man immer sehr gut miteinander zurecht.“ Es sei dort unten schon wie eine eigene Welt.

Was ihn am meisten beeindruckt hat, kann Noll nicht konkret sagen. Vielleicht die Polarnacht, wenn die Sonne über längere Zeit kaum über den Horizont kommt. Auf der Neumayer-Station beginnt sie um den 20. Mai. Dann dauert es zwei Monate, bis man die Sonne wieder sieht. Stattdessen könne man die Milchstraße sehen und bunte Polarlichter. „Die Polarnacht ist für mich die schönste Nacht“, sagt Noll. Beeindruckt war er auch von den Pinguinen. „Ganz in der Nähe der Station lebt die größte Kolonie Kaiserpinguine“, sagt er. Die zählt um die 5000 Tiere. Die Universität Erlangen hat einen Beobachtungsstandort für die Pinguine eingerichtet. „Es ist faszinierend zu sehen, wie die Tiere in dieser Umgebung überleben“, sagt Noll. Denn Kaiserpinguine brüten im Sommer, wenn es in der Antarktis am kältesten ist. Das Thermometer fällt dann auf bis zu minus 45 Grad. „Wenn es dann auch noch stürmt, fühlt es sich kälter als minus 50 Grad an“, sagt Noll.

Kaiserpinguine sind die nächsten Nachbarn

Seine Begeisterung für die Antarktis ist auch nach der Überwinterung ungebrochen. „Es gibt erstaunlich viele Kollegen, die immer wieder hingehen und dort überwintern“, sagt Noll und ergänzt. „Ich kann das absolut nachvollziehen.“ Selbst noch einen Winter in der Antarktis zu verbringen, kann sich Noll aber nicht vorstellen: „Es hat schon einen starken Einfluss auf das Sozialleben.“ Für die kürzere Zeitspanne des antarktischen Sommers hingegen würde er gerne noch einmal zurückkehren, auf die Neumayer-Station im ewigen Eis.

Vortrag im Augustinum

Daniel Noll zeigt heute Abend, 4. Mai, von 18.30 Uhr an Fotos und Kurzfilme aus seiner Zeit in der Antarktis. Er kommt dafür in den Augustinus-Saal der Seniorenresidenz Augustinum, Florentinerstraße 20, in Riedenberg.